Wolfsburg. Die Legalisierung von Cannabis sorgt weiter für Diskussionen. In Wolfsburg wollen zwei Cannabis-Clubs durchstarten. So ist ihr Plan.

Legal kiffen und Marihuana rauchen – das ist in Wolfsburgs Fachgeschäft für CBD-Produkte an der Heinrich-Nordhoff-Straße nicht möglich. Denn die Bundesregierung möchte nur in ausgewählten Modellregionen Fachgeschäfte für Cannabis lizenzieren. Mitarbeiter Brahim der Falke (Name von der Redaktion geändert) bietet in seinem Geschäft Cannabidiol-Produkte aus der Hanf-Pflanze an. Der THC-Gehalt, der für die berauschende Wirkung der Hanfpflanze sorgt, liegt darin gerade einmal bei 0,3 Prozent.

Die Pläne der Bundesregierung sehen anders aus: Die Ampel-Koalition möchte noch in diesem Jahr Cannabis legalisieren, sollte der Bundesrat dem bisherigen Gesetzesentwurf am 22. März zustimmen. Besitz und Anbau von Cannabis sollen für Volljährige ab dem 1. April legal werden. Ab Juli soll auch in Vereinen und Clubs Cannabis angebaut und an die Mitglieder vertrieben werden, jedoch nicht in Fachgeschäften. In Wolfsburg haben sich schon zwei Cannabis-Clubs und Anbauvereinigungen gegründet. Sie rechnen mit einem extremen Zulauf an Mitgliedern. So sehen die Pläne in Wolfsburg aus.

Wolfsburger Cannabis Social Club rechnet mit dreistelliger Mitgliederzahl

In Wolfsburg hat sich schon Ende 2023 der Cannabis Social Club gegründet. Ab Juli rechnet der Verein damit, eine Anbauvereinigung werden zu können. Diesen Vereinen soll es dann erlaubt sein, an jedes Mitglied über 21 Jahren höchstens 25 Gramm Cannabis am Tag und maximal 50 Gramm im Monat abzugeben. Die Clubs dürfen bis zu 500 volljährige Mitglieder haben und dürfen nicht kommerziell betrieben werden. Sie brauchen zudem eine Erlaubnis, die befristet gilt.

„Unser Club wurde gegründet, weil die Nachfrage nach legalem Cannabis in Wolfsburg sehr hoch ist“, berichtet Pressesprecher Keno Mennenga. Aktuell hat der Verein rund 50 Mitglieder aus dem Stadtgebiet in Wolfsburg. Treffen finden derzeit online über die Plattform „Discord“ statt.

Cannabis-Legalisierung: Das soll ab 1. April erlaubt sein

Seit dem 1. April ist Cannabis in Deutschland unter Auflagen für über 18-Jährige legal. Für Erwachsene sind bis zu 25 Gramm Cannabis pro Tag erlaubt, im privaten Raum dürfen maximal 50 Gramm pro Monat aufbewahrt werden.
18- bis 21-Jährige dürfen maximal 30 Gramm pro Monat bekommen (mit einer Obergrenze beim Wirkstoffgehalt von maximal 10 mg). Allerdings ist der private Eigenanbau auf drei Cannabis-Pflanzen für den eigenen Konsum beschränkt. Ab Juli dürfen auch Anbauvereinigungen Cannabis anbauen und unter ihren Mitgliedern herausgeben. In den Cannabis-Clubs darf Cannabis aber nicht konsumiert werden.

In der Öffentlichkeit darf Cannabis nur konsumiert werden, wenn ein Mindestabstand von 100 Metern zu Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen und öffentlich zugänglichen Sportstätten eingehalten wird. In Innenstädten darf von 7 bis 20 Uhr kein Gras geraucht werden. Da, wo nach den gesetzlichen Vorschriften der Bundesländer das Rauchen noch erlaubt ist, ist auch Cannabis-Konsum grundsätzlich gestattet.

Im Straßenverkehr ist der THC-Grenzwert auf einen Nanogramm pro Milliliter Blutserum beschränkt. Darüber hinaus drohen 500 Euro Bußgeld, Fahrverbot, zwei Punkte in Flensburg und im schlimmsten Fall der Entzug des Führerscheins.

Jeden Samstag um 17 Uhr kommen die Mitglieder zu einem digitalen Stammtisch zusammen, um das weitere Vorgehen in Sachen Cannabis-Legalisierung zu besprechen. Ein persönlicher Austausch ist ab Juli in einer Kneipe oder in einem Café in kleiner Runde geplant. Derzeit laufen jedoch Gespräche über ein Vereinslokal in Wolfsburg, welches voraussichtlich im Herbst die Mitglieder persönlich zusammenbringen soll.

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Cannabis soll ab Juli in Anbauvereinigungen angebaut werden können. In Wolfsburg könnte eine Anbaufläche entstehen. (Symbolfoto)
Cannabis soll ab Juli in Anbauvereinigungen angebaut werden können. In Wolfsburg könnte eine Anbaufläche entstehen. (Symbolfoto) © picture alliance/dpa | Oliver Berg

In Wolfsburg könnten Anbauflächen für Cannabis entstehen

Der Wolfsburger Verein rechnet nach der möglichen Zustimmung des Gesetzesentwurfes durch den Bundesrat mit einer dreistelligen Mitgliederzahl. „Sollte das Gesetz so kommen, rechnen wir mit mehreren hundert Neuanmeldungen in unserem Verein“, ist sich Mennenga sicher. Die Warteschlange zur Aufnahme in den Verein sei schon jetzt lang. „Ein Club wird bei Wolfsburgs Einwohnerzahl nicht reichen, weil die Nachfrage riesig ist“, erklärt Mennenga weiter. Unter anderem über Mitgliedsbeiträge soll sich der Verein dann finanzieren.

Ein Club wird bei Wolfsburgs Einwohnerzahl nicht reichen, weil die Nachfrage riesig ist.
Keno Mennenga - Pressesprecher des Cannabis Social Clubs in Wolfsburg

Als Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft im Cannabis Club gilt, dass Mitglieder über 18 Jahre alt sein und ihren Wohnsitz in Deutschland haben müssen. Aktuell werde der Aufbau der Anbauflächen von Cannabis geplant. Da es sich bei dem Cannabis Social Club um einen deutschlandweiten Dachverein handelt, sollen auch die niedersächsischen Clubs zentrale Anbauflächen bekommen. Keno Mennenga mutmaßt, dass Anbauflächen für die begehrte Pflanze auch in Wolfsburg entstehen könnten. Der Verein in Wolfsburg möchte sich auch auf Suchtprävention und Kampangnen für den Jugendschutz kümmern. „Wir werden proaktiv auf die Behörden zugehen und möchten Cannabis vom negativen Image befreien“, so Mennenga weiter.

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Wolfsburger „Highmatverein“ soll Anlaufpunkt für Cannabis-Liebhaber werden

Neben dem Cannabis Social Club Wolfsburg hat sich ein weiterer Verein rund um die Cannabis-Legalisierung gegründet. Der Wolfsburger „Highmatverein“ soll ein Anlaufpunkt für Cannabis-Liebhaber werden, so beschreibt sich der Verein auf seiner Internetseite. Bislang treffen sich die Mitglieder online für Zusammenkünfte, allerdings sind persönliche Treffen in Wolfsburg geplant. In dem Verein sollen Veranstaltungen und Workshops angeboten werden, um die verschiedenen Perspektiven des Cannabis zu beleuchten, heißt es weiter. Für ein Interview stand der Highmatverein Wolfsburg bis Redaktionsschluss unserer Zeitung nicht zur Verfügung.

Wolfsburger Jugend-und Drogenberatungsstelle rät zu verantwortungsvollem Umgang

Die Cannabis-Legalisierung ist gesellschaftlich und politisch umstritten. „Die Cannabis-Vereinigungen, die sich für Genusszwecke mit Cannabis versorgen, sehe ich positiv“, erklärt Udo Eisenbarth, Leiter der Jugend- und Drogenberatungsstelle Wolfsburg. Eisenbarth rechnet damit, dass Menschen, die abhängig werden könnten, an Beratungs- und Hilfsangebote in Wolfsburg vermittelt werden.

Derzeit verzeichnet die Beratungsstelle in Wolfsburg leicht steigende Zahlen von Cannabis-Konsumierenden. Das liegt aber zum Teil auch an dem bisherigen Verbot der Droge. Wie sich die Cannabis-Legalisierung auf die Beratungsstelle auswirkt, ist derzeit noch nicht abzuschätzen. Durch die Legalisierung könnten Beratungsangebote kleiner ausfallen. Die Beratungsstelle sieht dies als Chance, bedürfnisorientierter und aufklärender zu agieren. „Der wichtigste Schritt ist es, legal an Cannabis zu kommen und vernünftig damit umzugehen. Die Legalisierung ist einen Versuch wert“, betont Eisenbarth.

Leiter Udo Eisenbarth (links) von der Wolfsburger Drogenberatung rät zum verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis. (Archivfoto)
Leiter Udo Eisenbarth (links) von der Wolfsburger Drogenberatung rät zum verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis. (Archivfoto) © Katharina Keller | Katharina Keller

CBD-Geschäft in Wolfsburg bangt durch Legalisierung um Existenz

Aber zurück zu Brahim dem Falken: Im Mai 2023 wurde das CBD-Geschäft in der Wolfsburger Innenstadt eröffnet. Das Cannabidiol (kurz: CBD) aus der Hanf-Pflanze wird als Wundermittel gegen Stress, Schmerzen und Krebs beworben. „Unsere Kunden kommen, weil sie Stress, Schlafstörungen oder Schmerzen im Alltag haben“, betont der Mitarbeiter. 50 bis 60 Kunden kommen in der Woche in das Geschäft. Die Produkte wie etwa Öle, Cremes, Seifen oder Tabak werden aus der Nutzhanfblüte hergestellt. Im ersten Gesetzesentwurf war geplant, dass Cannabis auch in lizenzierten Fachgeschäften oder Apotheken angeboten werden kann.

Aktuell ist der Verkauf in Geschäften allerdings nur in Modellregionen geplant. Städte oder Kommunen müssen sich als Modellregionen bewerben – Wolfsburg hat dies nicht getan. „Sollte die Cannabis-Legalisierung so kommen, dann wird unser Geschäft bestimmt schließen. Wer will CBD, wenn es den echten Wirkstoff Cannabis gibt“, stellt der Mitarbeiter fest. Der Inhaber möchte in der Zukunft allerdings mit Wolfsburger Cannabis-Clubs zusammenarbeiten und alternative Konzepte entwickeln. „Wir hätten das Wissen über Cannabis und eine Infrastruktur und jetzt stehen wir vor einem Scheiterhaufen“, sagt der Mitarbeiter sichtlich sauer in Bezug auf die Drogenpolitik der Ampel-Regierung. Die Cannabis-Legalisierung ist und bleibt umstritten und das letzte Wort rund um die berauschende, grüne Pflanze scheint noch nicht gefallen.

Wolfsburgs einziges Fachgeschäft für Cannabidiol-Produkte „Smoke420 HHC-CBD Shop Wolfsburg“ fürchtet durch die Cannabis-Legalisierung um seine Existenz.
Wolfsburgs einziges Fachgeschäft für Cannabidiol-Produkte „Smoke420 HHC-CBD Shop Wolfsburg“ fürchtet durch die Cannabis-Legalisierung um seine Existenz. © regios24 | Sebastian Priebe

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