Braunschweig. Auf der Mandelplantage in Thune hat Meier das erste Mal geerntet. Zahlreiche Sorten gedeihen hier. Wie schmeckt eine Braunschweiger Mandel?

An einem kühlen Herbstvormittag führt uns Markus Meier, besser bekannt als „Mandel Meier“, in seinen Garten im Braunschweiger Ortsteil Thune. Wobei das Wort „Garten“ für das, was Meier hier angepflanzt hat, nicht ganz passt: Es ist viel mehr Braunschweigs erste Mandelplantage, die dort entstanden ist. „Meinen Recherchen nach sogar die größte Mandelplantage Nordeuropas“, sagt Meier.

Wir gehen einmal rund um sein Haus ins Grüne hinein. Wir kämpfen uns durch ein Gestrüpp aus kniehoch wuchernden Gräsern. „Ich halte hier alles so natürlich wie möglich“, erklärt der Mandelverkäufer. Etwa 80 Mandelbäume hat Meier dort vor gut sechs Jahren angepflanzt. Die Auswahl reicht von der französischen Sorte „Ferragnès“ über die deutsche Fruchtmandel „Palatina“ bis zu spanischen Sorten wie „Vialfas“ oder „Larguetta“. Letztere ist auch die Sorte, die Meier für seine berühmten gebrannten Mandeln auf dem Braunschweiger Weihnachtsmarkt verwendet.

Sein spanischer Zulieferer schickt ihm mittlerweile nicht nur tonnenweise Mandeln, sondern auch Baumsetzlinge nach Deutschland. „Bei Mandelsorten gibt es eine geschmackliche Vielfalt, die mit Apfel- oder Weinsorten zu vergleichen ist“, erklärt Meier. Auf seinem Handy hat er eine Auflistung mit hunderten Sortennamen angefertigt. „Irgendwann will ich die ins deutsche Wikipedia hochladen“, sagt er. Meier, das ist unübersehbar, ist nicht nur Verkäufer. Die Steinfrucht ist seine Passion, mitunter klingt er wie ein Mandellexikon auf zwei Beinen.

Eine aufgeknackte Mandelfrucht der Sorte „Palatina“ von „Mandel Meiers“ Plantage
Eine aufgeknackte Mandelfrucht der Sorte „Palatina“ von „Mandel Meiers“ Plantage © bz | Peter Sierigk

Zwischen den Mandelbäumchen gedeihen auch Nutzpflanzen wie sibirische Blaubeeren, Kirsch-, Apfel- und Aprikosenbäume und sogar die Korbblütler-Pflanze Topinambur, deren Knollen süßlich schmecken und optisch an Kartoffeln erinnern. „Mir war es wichtig, keine Monokulturen anzupflanzen, weil die anfällig für Schädlinge sind“, sagt Meier. Statt Pestizide einzusetzen, sollen die Pflanzen Nützlinge wie Marienkäfer anlocken. Die Käfer fressen Blattläuse, Milben und Wanzen und schützen so die Blätter vor Schäden.

Meier erntet 1,5 Kilogramm Braunschweiger Mandeln – zu wenig?

Doch das Experiment mit den Mandelbäumen lief nicht ohne Widrigkeiten ab: Etwa die Hälfte der Bäume ging über die Jahre ein. Ein besonders kalter Winter vor zwei Jahren machte vor allem den italienischen Sorten den Garaus. Schlimmer noch sei jedoch eine Schar Wühlmäuse gewesen, die das Wurzelwerk einiger Mandelbäume zerfressen haben, sagt Meier.

Die Winter sind immer milder geworden. Vor 20 Jahren war es auf unserem Weihnachtsmarktstand so kalt, dass uns selbst das Frostschutzmittel eingefroren ist
Markus Meier über die Bedingungen für den Mandelanbau

Nichtsdestotrotz konnten er und ein Mitarbeiter seiner Firma zwischen September und Oktober nun ernten: Etwa 1,5 Kilogramm Mandeln sind dabei herausgekommen. Zu wenig? Im Gegenteil, findet Meier. „Es zeigt, dass die Mandelbäume mittlerweile bei uns überleben können“, sagt er. Die Mandelplantage sei sein persönliches Forschungsexperiment. Langfristig, ist er sich sicher, werde es durch den Klimawandel möglich sein, auch in Norddeutschland im großen Stil Mandeln anzupflanzen. „Die Winter sind immer milder geworden. Vor 20 Jahren war es auf unserem Weihnachtsmarktstand so kalt, dass uns selbst das Frostschutzmittel eingefroren ist“, erinnert Meier sich. Seine Braunschweiger Mandeln verschenkt er an Freunde. Auch einen Mandelbaum hat er schon abgegeben, der bei Wolfsburg nun seine Wurzeln schlägt. Ab März fangen Meiers Mandelbäume nach und nach zu blühen an. Ein Bild, das man wohl eher mit Gran Canaria oder Mallorca als mit Braunschweig verbindet.

Die Plantage von Meier in Braunschweig-Thune ist bewusst verwildert. Überall wachsen Bäume und Sträucher.
Die Plantage von Meier in Braunschweig-Thune ist bewusst verwildert. Überall wachsen Bäume und Sträucher. © bz | Peter Sierigk

So schmecken Mandeln made in Braunschweig

Apropos Spanien: Vor einem „Palatina“-Mandelbaum bleiben wir stehen. Er hat zu Herbstbeginn schon den größten Teil seiner Blätter abgeworfen, noch ein paar Mandelfrüchte hängen daran. Mandeln gehören wie Pfirsiche und Aprikosen zu den Steinfrüchten. Um an den essbaren Mandelkern zu kommen, knackt Meier die Frucht mit einem Nussknacker. „Bei der Sorte Palatina“, sagt er, „ist die Schale so weich, dass man sie auch mit bloßen Händen knacken könnte.“ Die Braunschweiger Palatina-Mandel schmeckt fruchtig und mild, der vollmundige Geschmack bleibt lange auf der Zunge. Am Bäumchen nebenan wachsen Mandeln der Sorte „Robijn“, eine niederländische Kreuzung aus Mandel und Pfirsich. Sie schmecken zu Anfang leicht bitter, doch entfalten dann ein Aroma, das an Amaretto, Marzipan oder Persipan erinnert. „Geschmacklich stehen die Mandeln von hier denen aus Spanien in nichts nach“, findet Meier.

Mandeln „made in Braunschweig“ von unterschiedlichen Sorten. Die Mandeln mit gewellter Schale kommen von der Kreuzung des Mandel- und Pfirsichbaums „Robijn“.
Mandeln „made in Braunschweig“ von unterschiedlichen Sorten. Die Mandeln mit gewellter Schale kommen von der Kreuzung des Mandel- und Pfirsichbaums „Robijn“. © Braunschweig | Peter Sierigk

Langfristig plant er, seinen Versuch noch auszuweiten. Etwas außerhalb von Thune unweit des Mittellandkanals hat Meier eine etwa 2.500 Quadratmeter große Fläche gekauft und hofft darauf, sie noch erweitern zu können. Dorthin sollen die Bäume dann verpflanzt werden. „Da gibt es dann hoffentlich keine Wühlmäuse“, sagt Meier.