Osterode. Fußball-Vertreter aus dem Altkreis sehen den Vorschlag des niedersächsischen Verbands, die Spielzeit bis zum 31. August zu unterbrechen, kritisch.

Jede Menge Aufregung herrschte am Wochenende bei den Amateur-Fußballern in Niedersachsen. Auslöser war ein Schreiben des Niedersächsischen Fußballverbands (NFV), wie mit der aktuellen Situation aufgrund der Corona-Pandemie umzugehen sei. Am Freitag hatten sich das NFV-Präsidium und die Kreisvorstände in einer Videokonferenz beraten und einen weitreichenden Vorschlag erarbeitet: Die laufende Saison soll bis zum 31. August unterbrochen werden und dann ab dem 1. September mit dem aktuelle Stand fortgesetzt werden.

Auch eine spätere Aufnahme des Spielbetrieb sei denkbar, wenn es die Lage mit Blick auf die Corona-Krise erfordere – bis zu dem Extremfall, die Saison 2020/21 komplett ausfallen zu lassen. Die Regelung solle für alle NFV-Ligen, also sämtliche Spielklassen der Herren, Damen und Jugend von der Oberliga abwärts, gelten. Beschlossen ist diese Regelung aber ausdrücklich noch nicht, da der NFV zunächst Rückmeldungen aus den Kreisen und von den Vereinen einholen wollte. Eine Entscheidung soll erst Mitte der Woche fallen.

E-Mails an die Vereine

Entsprechend erhielten alle Clubs im NFV-Kreis Göttingen-Osterode eine E-Mail mit der Bitte um eine Stellungnahme bis zum heutigen Dienstagnachmittag, ob sie den Vorschlägen zustimmen. „Ob die Saison 2019/20 ab 1. September fortgesetzt werden kann, hängt im Wesentlichen von den Entscheidungen der Bundesregierung ab. Sie könnte auch erst ab 1. Oktober oder später fortgesetzt werden. Der erarbeitete Vorschlag lautete: Kann die Saison bis November 2020 nicht beendet werden, wird sie im Frühjahr 2021 fortgesetzt. In diesem Fall entfällt die Saison 2020/21 ersatzlos und ab dem 1. Juli 2021 beginnt die Saison 2021/22“, erläutert Reinhard Plüschke, Schriftführer des NFV-Kreises.

„Bis Mitte dieser Woche werden wir in den Kreisen eine Meinungsbildung mit unseren Vereinen durchführen. Diese Meinungsbildung bildet die Basis für die finale Diskussion und Beschlussfassung des Verbandsvorstandes“, erklärte NFV-Präsident Günter Distelrath. Bei den Fußballern im Altkreis Osterode scheint der Vorschlag des NFV allerdings auf wenig Gegenliebe zu stoßen, wie die Stimmen aus den unterschiedlichen Vereinen zeigen.

Heiko Denk, Vorsitzender des TuSpo Petershütte:„Grundsätzlich ist es schon mal positiv, dass der NFV sich Gedanken über eine mögliche Zukunft macht. Der Vorschlag ist jedoch zu einfach gedacht. Es bleiben zu viele Fragen offen und so lange diese Punkte nicht geklärt sind, kann man über den Vorschlag nicht realistisch nachdenken. Was im Herrenbereich eventuell umsetzbar wäre, ist für die Jugend aktuell nicht vorstellbar.

Offene Punkte wären unter anderem Transferregelung inklusive Ausbildungsentschädigungen, Vertragsregelungen bei Spielern und Trainern, Jahrgangszuordnung im Bereich der Jugend, eine Vorlaufzeit für den Trainings- und Testspielbetrieb und vieles mehr. Dazu kommen die Fragen, ab wann darf generell wieder der Sportbetrieb und damit auch der Fußball gestartet werden.

Aufgrund der fehlenden Informationen seitens des NFV halte ich den aktuell Vorschlag für nicht sinnvoll und könnte diesem auch nicht zustimmen. Ob weiterspielen oder annullieren, beide Varianten benötigen die notwendigen Grundlagen und Regelungen. Im ersten Moment wäre eine Annullierung der sinnvollste Weg. Spielen wir weiter, müssen Regeln angepasst werden und zwar im Sinne aller Vereine. Diese Variante halte ich jedoch für sehr gewagt. Egal, was jetzt beschlossen werden sollte, es ist immer eine Art Gratwanderung für jeden von uns. Zu einfach denken endet leider oft im Chaos.“

Kenneth Schuller, Trainer des Kreisligisten SC HarzTor: „Beim Fußball ist man es ja gewöhnt, dass alles ein bisschen anders läuft als bei anderen Sportarten – etwa beim Handball oder Volleyball, wo die Saison abgebrochen wurde. Aus persönlicher Sicht bin ich tiefenentspannt und in alle Richtungen offen – ob Abbruch, im Herbst spielen oder die Saison erst im Frühjahr 2021 zu Ende zu bringen. Man muss die Situation ohnehin so annehmen, wie sie eben ist.

Aufgrund der Verzahnung der Ligen, zum Beispiel zwischen Oberliga und Regionalliga, muss aber irgendwo ein Cut sein. Die schönste Sache wäre, wenn bei den Profis und Amateuren alle zusammen wieder spielen könnten. Wenn die Profis in der ersten und zweiten Liga jetzt wieder anfangen und wie geplant häufig auf das Virus getestet werden – und diese Tests würden an anderer Stelle fehlen, wäre das natürlich schon schwierig.“

Daniel Völker, Trainer der Kreisliga-Frauen der SG Wulften/Lindau/Hattorf: „Ich hätte mir vom Verband mehr Fingerspitzengefühl gewünscht, vor allem den gewählten Zeitraum mit einer abrupten Lösung für die nächsten vier, fünf Monate halte ich für schwierig. Hier wäre eine schrittweise Verlängerung der Pause, entsprechend den aktuellen Vorgaben, besser und man würde sich nicht den Handlungsspielraum nehmen. Was wäre denn, wenn der Vorschlag angenommen wird und im Juni könnten wir doch schon wieder spielen?

Insgesamt fände ich es gut, wenn die Saison noch in diesem Kalenderjahr beendet werden könnte – und dann auf das skandinavische Modell gewechselt wird, also die Saison jahresweise gespielt wird. Das wäre auch in der Jugend mit den Jahrgängen deutlich praktikabler. Der aktuelle NFV-Vorschlag lässt viele Fragen offen, zum Beispiel, was mit Spielern ist, die für den Sommer bei einem anderen Verein zugesagt haben.

Generell finde ich den Ansatz wie beim Handball nicht schlecht, bei einem Saisonabbruch eine Quotientenregel zu bemühen. Insgesamt wäre für den Fußball eine Gesamtlösung gut. Den Kindern in der F- und E-Jugend wäre nur schwer zu erklären, warum die Profis im Fernsehen spielen dürfen, sie selber aber nicht.“

Rüdiger Lakemann, Trainer des Kreisligisten SSV Neuhof: „Den jetzigen Vorschlag halte ich für nicht praktikabel, zumal man ja auch eine entsprechende Vorbereitung durchführen müsste. Wir haben dieses Jahr noch nicht einmal gegen den Ball getreten – hätten aber dann 15 Pflichtspiele bis Dezember vor der Brust. Wenn überhaupt, dann müsste man den Spielbetrieb bis März 2021 einfrieren und die Saison dann zu Ende spielen.

Ich selbst plädiere für einen Abbruch, um dann im August oder September mit der neuen Saison zu starten. Letztlich geht es auch um Wechselmodalitäten, eine Planungssicherheit für die Vereine, die Regelungen im Jugendbereich und so weiter. Da sind noch zu viele Fragen zu klären, in meinen Augen ist der Vorschlag des NFV nicht durchdacht.“