Osterode. Ursprünglich sollte der Breitbandausbau im Landkreis Göttingen Ende 2019 abgeschlossen werden. Im Altkreis Osterode wird dieses Ziel verfehlt.

Vor genau einem Jahr begann mit einem symbolischem ersten Spatenstich der Breitbandausbau im Landkreis Göttingen durch die Telekom. Landrat Bernhard Reuter sagte damals nicht ohne Stolz, Göttingen sei der einzige niedersächsische Landkreis, der einen lückenlosen Ausbau auf eine Leistung von 50 Megabit pro Sekunde beschlossen habe, so Reuter. Bis Ende 2019 sollen „sämtliche weiße Flecken im FTTC-Ausbau versorgt sein“, hatte der Kreistag im Dezember 2018 vorgegeben, als er die Haushaltsmittel für die endgültige Auftragserteilung an die Telekom bereitstellte.

Diese Frist wird die Telekom jedoch nicht einhalten, wie das Unternehmen auf Nachfrage unserer Zeitung eingeräumt hat. „75 Prozent der Anschlüsse werden bis Ende 2019 fertiggestellt sein, die restlichen Maßnahmen laufen voraussichtlich bis Ende des 2. Quartals 2020“, teilte Sprecherin Stefanie Halle mit.

Mit dem vom Bund geförderten Breitbandausbau im Landkreis Göttingen sollen rund 16.000 Haushalte und Unternehmensstandorte mit „mindesten 50 Mbit/s im Download“ angeschlossen werden, erläutert die Telekom-Sprecherin. „Für die Realisierung dieser Maßnahme sind rund 170 km Tiefbau notwendig, rund 890 km Glasfaserkabel zu verlegen und rund 200 neue Gehäuse aufzustellen. Dafür muss die Deutsche Telekom sehr umfangreiche und zeitintensive Genehmigungsverfahren bei verschiedenen Behörden durchlaufen.“

Verzögerung durch Auflagen in Landschaftsschutzgebieten

Offenbar hatte man bei der Ankündigung des anspruchsvollen Projektes die örtlichen Gegebenheiten nicht richtig eingeschätzt: „Rund 80 Prozent des Landkreisgebietes sind Landschaftsschutzgebiet und so gilt es hier selbstverständlich sämtliche Auflagen zu beachten und zu erfüllen. Diese Rahmenbedingungen führen zu Verzögerungen im Projektablauf“, so Halle. Die beiden Projektpartner, Telekom und Landkreis, seien sich „darin einig, den Breitbandausbau so schnell wie möglich zu vollenden und werden alle Hebel dafür in Bewegung setzen.“ Von Seiten der WRG Wirtschaftsförderung Region Göttingen, die das Projekt für den Landkreis betreut, heißt es dazu: „In weiten Teilen des Altkreises Osterode am Harz sind die Tiefbaumaßnahmen abgeschlossen. Zu Verzögerungen im Projektablauf kommt es bei vereinzelten Tiefbaumaßnahmen aufgrund komplexer Genehmigungsverfahren bei Naturschutz, Landschaftsschutz oder Überschwemmungsgebieten.“

Einer, der sich von der Telekom enttäuscht zeigt, ist Karsten Reimann aus Riefensbeek: „In Riefensbeek da stockt der Ausbau von oben her am Damm der Vorsperre und von unten, von Osterode her an der Einfahrt zur Vogelstation“, berichtete er unserer Zeitung. Er vermutet, dass die Arbeiten aufgrund von Umweltschutzauflagen im Wasserschutzgebiet gestoppt wurden.

Nachdem die Telekom ihm Anfang November noch per Mail eingeladen hatte, einen Tarif mit Highspeed-Internet mit Bereitstellungstermin 14. Januar vorzubestellen, musste die Telekom einen Monat später wieder zurückrudern: „Leider müssen wir Ihnen heute dennoch mitteilen, dass sich die Fertigstellung in Ihrer Region verzögert“, hieß es in einer weiteren Mail vom 3. Dezember. Laut Verfügbarkeitsprüfung auf der Homepage der Telekom sollen an seiner Adresse zumindest bereits 50 Mbit/s verfügbar sein.

Ein Telekom-Kunde, der sich lange mit einer sehr schlechten Internetverbindung rumschlagen musste, ist Unternehmer Karl Jens Blumenberg aus Willensen. Sein Dorf war einer jener „weißen Flecken“, was die Breitbandversorgung angeht. Seine Firma bekam im Februar diesen Jahres über einen sogenannten Hybridanschluss eine Datenübertragungsrate von maximal 10 bis 16 MBit/s -- „wenn es gut läuft“, wie er schilderte.

Anfang Dezember äußerte er sich gegenüber unserer Zeitung verhalten zuversichtlich: „Die Glasfaserkabel liegen im Ortsbereich seit geraumer Zeit in der Erde, die Überbaukästen stehen inzwischen auch. Von der Telekom hatte ich als vorgemerkter Kunde am 5.11.2019 diese Nachricht erhalten: Sie können ab jetzt vorbestellen!“ Bis zu 100 MBit/s habe ihm die Telekom in Aussicht gestellt. Doch noch halte er sich zurück: „Ich habe bisher noch keinen neuen Tarif bestellt. ‚Bis zu‘ ist ja auch leider ein sehr dehnbarer Begriff. Bislang halte ich mich in der Firma noch mit einem Hybrid-Anschluss über Wasser – mit LTE-Signal über Funk aus Förste komme ich im Download auf bis zu 16 MBit/s.“

Walkenried-Wiedigshof ist weiter völlig abgehängt

Völlig abgehängt aus der Welt des schnellen Internets ist nach wie vor der Walkenrieder Ortsteil Wiedigshof, wie Gabriele und Ralf Röhrer berichten. Ihre Verbindung liefere minimale 1,5 MBit/s. Die Online-Verfügbarkeitsprüfung der Telekom bestätigt dies: 2,0 MBit/s maximaler Download bietet das Unternehmen seinen Kunden in Wiedigshof, mit LTE-Hybridanschluss wie der Willensener Blumenberg ihn nutzt, immerhin bis zu 16 Mbit/s. Wer schneller surfen möchte, kann sich „für den kostenlosen und unverbindlichen Informationsservice der Telekom“ anmelden.

Einer, der ebenfalls gern einen Anschluss im „Netz der Zukunft“ (Slogan Telekom) hätte, ist Siegfried Hadwiger aus der Gemeinde Hörden. Er wohnt in der Asternstraße. Tatsächlich bietet die Telekom auch dort nur einen 2-Mbit/s-Anschluss an. „Unser Ort wurde letzten Sommer in der Dorfmitte ausgebaut. Es geht aber nicht weiter“, schildert er die Situation in Hörden. „Ein paar Haushalte haben 100 Mbit. Der Rest muss sehen, wie er fertig wird. Wie man im Internet nachschauen kann, sind wir nicht einmal in der Planung vorgesehen!“, ärgert er sich.

Eine Alternative für Haushalte in der Asternstraße – und möglicherweise der Grund für die Vernachlässigung des Ausbaus durch die Telekom: Dort liegt eine Kabel-Leitung von Vodafone, über die theoretisch eine sehr schnelle Internetverbindung möglich ist, wesentlich schneller noch als die Highspeed-Anschlüsse der Telekom. Doch ist Hadwigers Haus nicht ans Kabelnetz angeschlossen: Vodafone verlange für den Hausanschluss circa 1600 Euro, schildert der Hördener. Die will er bislang nicht ausgeben. Vodafone-Sprecher Volker Petendorf bestätigt dies auf Nachfrage: „Hauseigentümer müssen sich an den Erschließungskosten beteiligen.“ Das sei bei der Telekom genauso, wenn noch kein Anschluss besteht.