Washington. Als erste Amtshandlung schmiss der reichste Mann der Welt das Management raus. Und er brachte einen Spülstein in die Twitter-Zentrale.

Sechseinhalb Monate nach Bekanntwerden erster Gelüste hat der zurzeit reichste Mann der Welt, Tesla- und SpaceX-Gründer Elon Musk, nun doch den US-Kurzmitteilungsdienst Twitter für 44 Milliarden Dollar übernommen.

13 Milliarden Dollar davon werden von einem Banken-Konsortium, angeführt von Morgan Stanley, per Kredit finanziert, heißt es in US-Medien wie dem „Wall Street Journal”.

Der Kauf, der lange mit Fragezeichen versehen war, weil Musk den früh vereinbarten Preis nachträglich herunterverhandeln und sich aus dem Deal stehlen wollte, was Twitter ablehnte und gegen ihn klagte, ging nach Informationen der „Washington Post” bereits am Donnerstag über die Bühne.

Musk brachte einen Spülstein in die Twitter-Zentrale

Also vor Ablauf einer Frist an diesem Freitag, die ein Spezialgericht im Bundesstaat Delaware dem 51-jährigen Multi-Milliardär gesetzt hatte. Wäre sie verstrichen, wäre Musk vor Gericht gelandet, da Twitter rigoros auf Einhaltung des im Frühjahr unterzeichneten Kaufvertrags gepocht hatte.

Branchen-Dienste sagen, Twitter sei heute nur noch ungefähr ein Viertel von dem wert, was im April vereinbart worden war.

Elon Musk stattete der Konzern-Zentrale in San Francisco bereits einen ersten Besuch ab. Dabei trug er, Spaßvogel, der er sein will, einen weißen Spülstein (englisch: sink) ins Foyer, verbunden mit dem Spruch: „Let that sink in” (etwa: Lasst das in Ruhe sacken, ich habe wirklich gekauft!). Seinen rund 110 Millionen Twitter-Abonnenten stellte sich der schillernde Unternehmer als „Chief Twit” vor.

Wenn er heute (Freitag) im Laufe des Tages offiziell vor die Belegschaft tritt, wird die Atmosphäre angespannt sein. Musk ließ kürzlich verlauten, dass er mittelfristig knapp 7500 Mitarbeiter entlassen will. Nur etwa 2000 sollen bleiben.

Twitter-Top-Management wurde teilweise abgeführt

Musk zeigte Interesse an einem Kauf von Twitter.
Musk zeigte Interesse an einem Kauf von Twitter. © Adrien Fillon/ZUMA Press Wire/dpa

Mit dem bisherigen CEO Parag Agrawal, den eine zweistellige Millionen-Abfindung erwartet, Finanzchef Ned Segal und zwei weiteren Spitzenfunktionären machte Musk schon am Donnerstag den Anfang. Sie mussten ad hoc ihre Schreibtische räumen. Einer aus dem Quartett der Gefeuerten wurde nach Augenzeugenangaben aus der Konzernzentrale gegen seinen Willen abgeführt. Wer künftig das operative Geschäft bei Twitter leiten wird, war am Freitagmorgen zunächst unbekannt.

Vor dem Geschäftsabschluss, der noch von den zuständigen Regulierungsbehörden geprüft werden muss, hatte Musk vor der Werbe-Wirtschaft, die zu 90 Prozent die Einnahmen Twitters generiert, aber wie zurzeit bei allen Tech-Riesen wegen der mauen Wirtschaftslage mit Ausgaben zögerlich ist, gut Wetter gemacht.

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Unter seiner Führung werde Twitter keine „gesetzesfreie Höllenlandschaft”, in der jeder alles sagen dürfe, ohne Konsequenzen zu spüren. Sein Ziel sei der Aufbau einer „warmen und einladenden” Plattform, auf der unter Verzicht auf Gewaltandrohungen „auf gesunde Art” alles diskutiert werden könne, was für die Zukunft der Zivilisation von Bedeutung sei.

Musk betonte ausdrücklich: „Ich habe es nicht getan, um Geld zu verdienen. Ich tat es, um der Menschheit zu helfen, die ich liebe.”

Ob das zum Nennwert zu nehmen ist, bezweifeln Insider. Musk arbeitet dem Vernehmen nach daran, aus Twitter mittelfristig eine „Super-App” zu machen, mit der auch Geldttransfers und Taxi-Fahrten geregelt werden könnten.

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Musk will Donald Trump wieder das Twitter-Megafon geben

Wie Musk erreichen will, dass in bisher weitgehend isolierten Echokammern des Internets treibende linke und rechte politische Gruppierungen Twitter künftig als gemeinsamen digitalen Marktplatz nutzen (und nicht mehr Nischen-Kanäle wie Parler, Gettr oder Rumble), bleibt undurchsichtig.

Wissenschaftler und Medienexperten befürchten eine Zunahme von Hassrede und Hetze auf Twitter. Denn Elon Musk hatte in den vergangenen Monaten mehrfach betont, dass ihm die bisherige Moderation (Zensur) der Meinungsäußerungen auf Twitter zu weit geht.

Auch interessant: Elon Musk: So rechts ist der reichste Mann der Welt

Bestes Indiz: Er will Ex-Präsident Donald Trump, der wegen Hetze und Gewaltaufrufen im Zusammenhang mit dem Sturm aufs Kapitol in Washington seit Januar 2021 auf Twitter verbannt ist, wieder ans digitale Megafon lassen.

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Sollte dies noch vor den US-Kongresswahlen in zehn Tagen passieren, fürchten Analysten eine massive Last-Minute-Politisierung des Wahlgangs. Trump hatte bis zu seiner „Stilllegung" 88 Millionen Anhänger auf Twitter. Dem Kurzmitteilungsdienst, den er in seiner Amtszeit täglich oft dutzendfach nutzte und damit oft Nachrichten produzierte, die um die Welt gingen, verdanke er seine Präsidentschaft, sagte Trump 2017.

Ob der 76-Jährige sein eigenes Kommunikations-Portal „Truth Social” verlässt, wenn Musk ihn bitten würde, ist im Moment unklar.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.