Berlin. Die jüngste Abgeordnete des Deutschen Bundestags sagte, sie opfere ihre Jugend für den Job. Dann sollte sie lieber Party machen, oder?

Bevor ich mich hier richtig auslasse: Kurze Erinnerung an mich selbst: Emilia Fester ist erst 24 Jahre alt. Sie ist die jüngste Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Schon internationale Medien berichteten über die junge Hamburger Grüne, die für die Rechte der jungen Menschen und den Klimaschutz eintritt. Nun sorgt sie mit einigen Aussagen in einem „Spiegel“-Text für ziemlichen Unmut.

Darin berichtete Emilia Fester, dass sie jetzt 80 bis 90 Stunden pro Woche arbeite, keine Hobbys mehr pflege – und befand: „Letztendlich opfere ich auch meine eigene Jugend für diesen Job.“

Emilia Fester triggert ihre Kritiker gleich auf mehreren Ebenen

Es ist dieser Satz, der die Gemüter zum Überkochen bringt. Denn nebenbei erhält sie eine Abgeordneten-Vergütung von rund 10.000 Euro, Geld dass die meisten Menschen in ihrem Alter nicht verdienen, Geld, dass auch die meisten Menschen, die älter sind als sie, nicht verdienen. Sie triggert ihre Kritiker also gleich auf mehreren Ebenen. Nicht nur ist sie jung, ein Millennial, somit eh im Verruf nicht gern zu arbeiten und eher egoistische Interessen zu verfolgen.

Die Grüne beklagt sich auch noch über eine Arbeit, die ihr als Abgeordnete im Bundestag eine ziemlich gute Vergütung bereitet, auch wenn sie davon einiges bezahlen muss, bleibt doch ein ungewöhnlich hohes Honorar für ihr Alter übrig. Und die deutsche Gesellschaft ist ja bekannt für ihren Neid. Wenn also mal einer hervorsticht, gerade finanziell, wird das immer schnell gegen sie oder ihn verwendet. Hätte sie mal lieber den Ball flachgehalten.

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Hat sie aber nicht, sie sagt sogar, sie opfere ihre Jugend für uns. Ja, mei, was hat wohl ihre Pressestelle gedacht, als sie diesen Satz autorisiert haben: Dann verstehen die Leute endlich mal, was sie alles gibt für das deutsche Volk!? Oder: Stimmt! Eigentlich machen junge Leute in dem Alter nur Party, wir können Emilia Fester also dankbar sein? Oder: Das wird ihr bestimmt einige Sympathie-Punkte einbringen, sie arbeitet ja hart für ihr Alter?!

Nur wie das eben so ist, nie sollte man die eigenen Leistungen so ungeniert hervorheben, vor allem wenn man nicht 80, 90 Stunden unter Tage arbeitet, im Wald, im Straßenbau oder Leben rettet im Krankenhaus oder alte Menschen pflegt.

17.03.2022, Berlin: Emilia Fester (Bündnis 90/Grüne) spricht im Bundestag zur Impfpflilcht. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
17.03.2022, Berlin: Emilia Fester (Bündnis 90/Grüne) spricht im Bundestag zur Impfpflilcht. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ © dpa | Michael Kappeler

Kritik an Emilia Fester: „Selbstverliebte Jugendliche“

Liest man so Äußerungen auf der Plattform Twitter, dem Zuhause des globalen Shitstorms, frei nach dem Motto, wer zuerst einen Fehler macht, wird sofort gesteinigt, kommt man zu dem Urteil: Sie hat sich überhaupt keinen Dienst erwiesen mit diesem Satz. Denn Posts wie „Dann opfer doch deine Jugend“ bis „Das ist Wohlstandsverwahrlosung auf dem höchsten Level“ bis „#EmiliaFester gehört in die Kategorie selbstverliebter Jugendlicher die keine Ahnung von der Härte eines Lebens mit wenig Geld haben“ – gehören noch zu den netteren.

Nun könnte man sie auch in Schutz nehmen, sagen: Fester ist ja noch so jung, sie braucht noch mehr Erfahrungen mit öffentlichen Äußerungen… oder: Sie hat es bestimmt gar nicht so gemeint… oder: Es stimmt ja auch, sie könnte studieren und ausgehen so wie andere in ihrem Alter… Doch irgendwie greifen diese Rechtfertigungen nicht.

Abgeordneten-Dasein als Opfer? Zeit für einen anderen Job

Denn es steht so viel Unreife und Unbedachtheit hinter diesem Satz, dass deutlich wird, dass sie eben noch nicht geeignet ist für den Job. Nur ihre jugendliche Perspektive können keine Legitimierung sein, im Bundestag zu sitzen, Entscheidungen zu treffen – und zu verantworten.

Natürlich opfert jeder und jede Abgeordnete viel: Zeit mit der Familie, für Hobbys, Lebenszeit. Die würde sie oder er aber auch in jedem anderen Job „opfern“. Falls Frau Fester also noch gar nicht bereit für jedwede Arbeit ist, soll sie doch lieber noch ein paar Jahre Party machen – und ihren Platz freigeben. Es gibt bestimmt viele da draußen, die sich gern „opfern“.

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