Berlin. Im Zuge der Rentenerhöhung 2022 wird der sogenannte Nachholfaktor wieder in Kraft gesetzt werden. Das dürfte das Rentenplus dämpfen.

  • Die Rente wird in diesem Jahr so stark steigen wie nur selten zuvor
  • Bei einem Großteil der Rentnerinnen und Rentner kommt das Geld nicht in der Höhe an
  • Grund dafür ist der Nachholfaktor, der 2022 wieder eingeführt werden soll

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein neues Rentenpaket auf den Weg gebracht. Die Altersbezüge werden damit zum 1. Juli im Westen Deutschlands um 5,35 Prozent und im Osten um 6,12 Prozent steigen. Es ist die kräftigste Erhöhung seit Jahrzehnten, im Osten ist es der stärkste Anstieg seit 1994, im Westen gab es seit 1983 keine solches Plus mehr.

Zudem werden die Erwerbsminderungsrenten deutlich aufgestockt. Demnach sollen drei Millionen Betroffene ab 2024 mehr Geld bekommen. Die Anhebung kann bis zu 7,5 Prozent betragen. Das Paket enthält neben der diesjährigen Rentenerhöhung auch die Wiedereinsetzung des Nachholfaktors bei der Rente. Dieser wirkt sich allerdings dämpfend auf Rentenerhöhungen aus.

Renten würden ohne Nachholfaktor noch stärker steigen

Der Nachholfaktor begrenzt die gesetzliche Rentengarantie. Denn grundsätzlich sind die Renten an die Entwicklung der Löhne gekoppelt. Die Rentengarantie sorgt dafür, dass auch wenn die Einkommen sinken, sich dies nicht auf die Renten auswirkt. Beispielsweise als in der Corona-Pandemie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kurzarbeit mussten.

Der Nachholfaktor sorgt aber dafür, dass ausgebliebene Kürzungen später mit Erhöhungen der Rente verrechnet werden. Tatsächlich gab es 2021 eine Nullrunde im Westen und eine leichte Erhöhung in Ostdeutschland – aber eben keine Kürzung aufgrund der Rentengarantie. Diese verhinderte Rentenkürzung wird nun bei wieder steigenden Löhnen durch den Nachholfaktor rechnerisch ausgeglichen. Das wirkt sich dämpfend aus: Ohne den Nachholfaktor würde das Rentenplus in diesem Sommer noch höher ausfallen.

Rente: Auch Inflation könnte Effekt der Erhöhung zunichtemachen

Den Rentnerinnen und Rentnern wird von der diesjährigen Erhöhung ihrer Bezüge wegen der hohen Inflation nach Einschätzung des Paritätischen Gesamtverbands allerdings nur wenig übrig bleiben. Die geplante Rentenerhöhung von etwa 5,3 Prozent in Westdeutschland und 6,1 Prozent in Ostdeutschland „darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rentnerinnen und Rentner in Westdeutschland 2021 eine Nullrunde und in Ostdeutschland nur eine geringe Erhöhung hatten“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider den RND-Zeitungen vom Mittwoch.

Gewerkschaften: Rentenerhöhung wird von Inflation aufgefressen

„Rentnerinnen und Rentner sind darüber hinaus massiv von den inflationsbedingten Kostensteigerungen betroffen“, fügte er hinzu. Altersarmut sei „das am schnellsten wachsende Armutsrisiko“, betonte Schneider. „Ältere Menschen leiden daher auch besonders stark unter den aktuellen Preissteigerungen, der konkrete Kaufkraftverlust wirkt wie eine Rentenkürzung.“

Schneider forderte deshalb von der Bundesregierung, auf die Wiedereinsetzung des sogenannten Nachholfaktors zu verzichten. „Die Wiedereinführung des Nachholfaktors bedeutet in dieser Lage nichts anderes, als die Renten von der Lohnentwicklung abzukoppeln“, sagte er. „Auch das wirkt in Zukunft wie eine Rentenkürzung und betrifft vor allem jüngere Menschen, die dadurch in teure und unsichere private Rentenverträge gedrängt werden.“

Auch Gewerkschaften mahnen, dass das Rentenplus im Kontext der Inflation gesehen werden muss: Die in diesem Jahr vergleichsweise gute Rentenerhöhung wird von den steigenden Preisen komplett aufgefressen“, sagte Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Der Kabinettsbeschluss muss nun noch von Bundestag und Bundesrat bestätigt werden. Dies gilt als sicher. In Kraft treten die Änderungen dann ab Juli.

(fmg/dpa/afp)

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.