Wolfsburg. Stefan Weckbach kam im vergangenen Jahr von Porsche nach Wolfsburg. Im Intranet erläuterte er, worauf es in Zukunft bei VW ankommt.

Die Unruhe ist groß bei Volkswagen – eine Folge von Krisen, Transformation und den jüngsten Sparbemühungen. Damit ist auch die Verunsicherung bei vielen Beschäftigten groß. Dass die rasch überwunden wird, ist eine der Aufgaben von Stefan Weckbach, der im vergangenen Herbst zum VW-Chefstrategen berufen wurde und Konzernchef Oliver Blume direkt unterstellt ist. Weckbachs Ziel: Eine neue Beweglichkeit des Autobauers, um schneller und geschmeidiger auf aktuelle Herausforderungen und Veränderungen reagieren zu können. Das kündigte der Chefstratege, der lange für Porsche tätig war, im VW-Intranet an.

Weckbach: „Wir werden künftig den Fokus noch stärker auf Flexibilität legen. Flexibilität heißt in diesem Kontext vor allem: Wir müssen schneller agieren und reagieren können, mit einem klaren Ziel vor Augen. Es genügt nicht mehr wie früher, eine klassische Strategie zu verabschieden, die dann für viele Jahre gilt. Wir werden künftig noch stärker in Szenarien denken und uns auf Szenarien vorbereiten müssen.“

VW will schneller werden

Soll heißen: Der Supertanker VW will sich auf die gestiegene Veränderungsgeschwindigkeit einstellen. „Unsere Branche befindet sich in einer herausfordernden Transformation. Auf diesen Wandel müssen wir künftig noch schneller und flexibler reagieren“, fordert der Chefstratege. „Das Wettbewerbsumfeld ist gegenwärtig sehr anspruchsvoll, die Wettbewerber legen ein gutes Tempo vor. Das merken wir in allen Regionen und Fahrzeugsegmenten.“

Stefan Weckbach ist seit vergangenem September Chefstratege des VW-Konzerns.
Stefan Weckbach ist seit vergangenem September Chefstratege des VW-Konzerns. © VW | Matthias Leitzke

Wie Weckbach erläutert, laufen in seinem Ressort alle Fäden des Konzerns zusammen. „Wir verantworten zum einen das Generalsekretariat mit den Vorstands- und Aufsichtsrats-Geschäftsstellen. Zum anderen sind wir für die Unternehmens-, die Produkt-, Plattform-, Marken- und die Nachhaltigkeitsstrategie des Konzerns zuständig.“

Analysen, Daten, Meinungen sind die Grundlage der VW-Strategie

Seine Aufgabe sei, ein langfristiges Zielbild für den Volkswagen-Konzern zu entwickeln. Ein Zielbild hatte auf der jüngsten Betriebsversammlung Betriebsratschefin Daniela Cavallo vor dem Hintergrund der Sparbemühungen gefordert. Ein Renditeziel mit Zahlen reiche nicht, kritisierte sie. Es müsse vielmehr um Faktoren gehen, hinter denen sich die gesamte VW-Belegschaft versammeln könne.

Der Stratege stellt sich mit seinem Ressort allerdings naturgemäß weniger emotional der Aufgabe, ein Zielbild zu entwickeln. Das geschehe „basierend auf Analysen, Daten und internen wie externen Expertenmeinungen“. Weckbach: „Dabei geht es um konkrete Fragen wie zum Beispiel: Wie entwickeln sich die Märkte weltweit, wo gibt es zukünftig neue Wachstumsmärkte? Auf welche politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen müssen wir reagieren? Welche Produkte, welche Technologien brauchen wir, um auch in Zukunft erfolgreich im Wettbewerb bestehen zu können?“ Er hat also das große Ganze im Blick.

VW hält am Kurs der E-Mobilität fest

Dabei arbeite er eng mit den Konzernmarken beziehungsweise den Markengruppen zusammen, für die die Strategien entwickelt würden. „Sie sind das Rückgrat. Sie entwickeln, bauen und vertreiben die Produkte, mit denen der Konzern Geld verdient. Eine Konzernstrategie alleine ist wenig wert. Sie muss vom Konzern und den Marken gleichermaßen gelebt und insbesondere umgesetzt werden.“

In diesem Jahr werde die Konzernstrategie neu aufgesetzt, also aktualisiert. Weckbach: „Die Welt um uns herum verändert sich stetig und der Volkswagen Konzern muss seine Ziele daraufhin regelmäßig prüfen und nachjustieren. Mit unserer aktuellen Strategie haben wir vor einigen Jahren den Weg in die elektrische Zukunfteingeschlagen. Mit der neuen Strategie werden wir diesen Weg intensivieren.“

Viele Faktoren bremsen VW auf dem Weg ins Elektrozeitalter

Er unterstreicht damit noch einmal das, was vor wenigen Tagen bereits Konzernchef Oliver Blume und VW-Markenchef Thomas Schäfer auf den jeweiligen Bilanz-Pressekonferenzen betont hatte: Die E-Mobilität ist und bleibt für die VW-Verantwortlichen der Weg in die Zukunft. Ein Zurück in die Verbrennerwelt gibt es nicht. Schon allein deshalb, weil dies die EU nicht zulässt.

An dieser Strategie wird bei VW also nicht gerüttelt, auch wenn der Weg ins goldene Elektrozeitalter steiniger denn je scheint: Die E-Modelle verkaufen sich längst nicht wie erhofft, das gilt auch für den im Vorfeld so gepriesenen Elektro-Bulli ID.Buzz. Die Bundesregierung hat die Fördermittel gekappt, und die Ladeinfrastruktur entspricht auch noch nicht den Wünschen und Ansprüchen der Kunden.

VW-Stratege: Geschwindigkeit ist ein Erfolgsfaktor

Das ist wohl auch Weckbach bewusst. Er sagt zwar: „Unsere Branche befindet sich in einer Transformation in Richtung Digitalisierung und Elektrifizierung. Diese Richtung ist klar und unumkehrbar“ Er sagt aber auch: „Offen ist, wie zügig der Wandel voranschreitet.“ Das Gestalten dieses Wandels sei ein Zusammenspiel aus eigenem unternehmerischen Agieren sowie äußeren Einflüssen aus Politik und gesamtwirtschaftlicher Großwetterlage. Weckbach: „Erfolgreich werden die Unternehmen sein, die sich den neuen Gegebenheiten schnell anpassen. Hier die entsprechenden Räume zu schaffen, ist auch Aufgabe der Strategie.“

Die Ausgangslage von VW beschrieb der Chefstratege als gut. Als Pluspunkte nannte er die Größe und finanzielle Stärke des Konzerns, seine Fahrzeugmarken, das Fachwissen, die Belegschaft und deren Einstellung. „Und wir haben im Konzern wirklich gute Ideen – nicht nur in der Pipeline, sondern auch konkret in der Umsetzung.“