Berlin. Schlaglichter der VW-Bilanz: Indien gilt als neuer Hoffnungsträger. Die Marke VW steigert ihre Rendite. Die Finanzsparte kühlt ab.

Hinter dem VW-Konzern liegt trotz aller Herausforderungen ein wirtschaftlich durchaus erfolgreiches Jahr. Gleichwohl gab es auf dem Weg zu einer höheren Rendite einen Dämpfer. Die Marke VW dagegen ist unter diesem Aspekt ihrem Ziel von 6,5 Marge bis 2026 ein kleines Stück näher gekommen. Der in Braunschweig beheimatete VW-Finanzdienstleister hat 2023 zwar deutlich weniger verdient als ein Jahr zuvor. Er bleibt aber einer der großen Gewinnbringer im Konzern. Das geht aus der am Mittwoch vorgelegten Bilanz für das vergangene Jahr hervor.

Die Braunschweiger liegen mit der Marke VW nahezu gleichauf, wenn es um den operativen Gewinn geht – also dem Überschuss aus dem Kerngeschäft. Die VW Financial Services weisen für das vergangene Jahr 3,3 Milliarden Gewinn aus, die Marke VW 3,5 Milliarden. Der Unterschied zwischen beiden liegt nicht so sehr in der Differenz der Ergebnisse, sondern in deren Entwicklung.

Fallende Gebrauchtwagenpreise belasten VW-Finanzsparte

Während die Marke VW ihr Plus um gut ein Drittel steigerte, brach das des Finanzdienstleisters drastisch ein. Dafür gibt es einen guten Grund: Im vergangenen Jahr gaben die Preise für Gebrauchtwagen deutlich nach, was wiederum das Ergebnis der Braunschweiger belastete.

Die VW-Zahlen im Überblick.
Die VW-Zahlen im Überblick. © FMN | Jürgen Runo

Im Jahr zuvor waren die Preise für Gebrauchte geradezu durch die Decke gegangen, eine Folge der durch den Teilemangel erzwungenen Produktionsunterbrechungen. Dieser Preissprung schlug sich entsprechend im Gewinn der Braunschweiger nieder. Im vergangenen Jahr folgte dann quasi eine Normalisierung des Geschäfts.

Ein Problem für VW: Gebrauchte Stromer verkaufen sich nicht

Abzuwarten bleibt nun, wie sich das relativ neue, aber schleppende Geschäft mit gebrauchten E-Fahrzeugen auswirkt. Wegen der in Deutschland grundsätzlich schwachen Nachfrage nach Stromern und weil fortlaufende neue und leistungsstärkere E-Autos auf den Markt kommen, sind gebrauchte Fahrzeuge immer schwerer verkäuflich. Ein Problem, mit dem VW umgehen muss.

Die Marke VW profitierte dagegen davon, dass die Corona-Auswirkungen und auch der Teilemangel Geschichte sind. Zudem drehte VW an der Preisschraube. Das spiegelt sich im deutlich gesteigerten Gewinn. Auch mit Blick auf die Rendite kam die Marke ein Stück voran – hat aber noch einen weiten Weg vor sich. Zur Erinnerung: Bis 2026 soll ein Wert von 6,5 Prozent erreicht werden. Für das vergangene Jahr weist die Konzern-Kernmarke 4,1 Prozent aus.

Ab 2025 will VW Investitionen senken

Das Ende vergangenen Jahres beschlossene „Performance-Programm“ samt Stellenabbau soll den entsprechenden Schub bringen. Im Mittelpunkt des Programms steht das Ziel, die Kosten zu senken. Allerdings muss der Autobauer zugleich mit gegenläufigen Entwicklungen umgehen. Dazu gehört etwa, dass VW die vom Staat abgeschaffte Prämie zum Kauf von E-Autos übernimmt. Das ist eine große finanzielle Belastung.

Wenn es um Kosten geht, dann soll nach diesem Jahr alles besser werden – und zwar im gesamten Konzern. Das sagten VW-Chef Oliver Blume und Finanzvorstand Arno Antlitz auf der Jahrespressekonferenz am Mittwoch in Berlin. Dieses Jahr sei mit Blick auf Investitionen noch einmal besonders herausfordernd. Dafür sorge unter anderem „die größte Produktoffensive“ des Konzerns, der laut Blume mehr als 30 Modellneuheiten auf den Markt bringen will.

VW steht vor einer Übergangsphase

Der Konzern stehe damit vor einer finanziell fordernden Übergangsphase. Denn die neuen Modelle bräuchten zunächst eine Anlaufzeit, bis sie ihre Vorgänger abgelöst hätten. Und diese Zeitspanne wird voraussichtlich finanzielle Spuren hinterlassen.

Das gilt auch für den Investitionsbedarf insgesamt. Nach Angaben von Blume und Antlitz wird in diesem Jahr ein Höchstwert erreicht, der in den Folgejahren abgeschmolzen werden soll. Weil VW weiterhin vom langfristigen Erfolg der E-Mobilität überzeugt ist, ist absehbar, dass die Investitionen in die dann auslaufenden Verbrennermodelle sinken.

In China gab es für VW einen Dämpfer

Einen weiteren Beitrag auf der Kostenseite verspricht sich VW durch die Einführung neuer Plattformen. Sie sollen weitere Skaleneffekte bringen. Mehr Vereinheitlichung, mehr Gleichteile, mehr gemeinsame Entwicklung lautet die Formel, die VW zu mehr wirtschaftlicher Stärke führen soll. Als ein Vorbild gilt der niederländische Stellantis-Konzern, der für das vergangene Jahr eine Rendite von 12,8 Prozent ausweist. Die 7 Prozent des VW-Konzerns zeigen, wie weit der Weg für die Wolfsburger noch ist.

Erkennbar auf diesem Weg ist die Strategie, dass sich VW aus der Abhängigkeit von China lösen will. Dort gab es im vergangenen Jahr ebenfalls einen Dämpfer: Zwar entwickelten sich die Auslieferungen mit einem kleinen Plus stabil, das anteilige operative Ergebnis sank allerdings um knapp 660 Millionen Euro auf rund 2,6 Milliarden Euro.

VW will in Nord- und Südamerika wachsen

„Wir wollen stärkster internationaler Hersteller in China bleiben und auch zukünftig zu den Top 3 Automobilunternehmen zählen“, sagte Blume zu den Ambitionen der Wolfsburger im Reich der Mitte. Er machte deutlich, dass China eine ganz wichtige Bedeutung für VW behält.

Zugleich soll aber das Geschäft in Nord- und Südamerika ausgebaut werden. Das Ziel ist schon von etlichen Vorgängern Blumes formuliert worden. Insbesondere die Marke VW hat nach Auffassung der Wolfsburger ihr Möglichkeiten in den USA noch längst nicht voll ausgeschöpft.

Skoda fungiert in Indien als Türöffner für VW

Offensiver als bisher brachte Blume zudem Indien ins Spiel. Volkswagen hat schon verschiedene Anläufe genommen, um dort Fuß zu fassen – unter anderem in einer gescheiterten Partnerschaft mit dem japanischen Autobauer Suzuki. Nun hat die Konzerntochter Skoda den Auftrag, die Funktion des Türöffners in Indien zu übernehmen.

Für Skoda selbst ist Indien laut Blume mittlerweile die drittgrößte Absatzregion. „Beim Ausbau unserer Aktivitäten prüfen wir, wo wir eigenständig vorgehen und wo wir auf starke lokale Partnerschaften setzen.“ Und Blume ergänzte: „Indien ist mittlerweile der drittgrößte Einzelmarkt der Welt mit stetig wachsendem Fahrzeugvolumen – und das über alle Segmente hinweg.“ Das klingt nach der Parole Attacke.