Berlin. Ursache sei der sogenannte „Österreich-Zuschlag“. Was die Ursache dafür ist und welche Produkte noch besonders teuer geworden sind.

Die Inflation macht in Deutschland weiterhin nicht Halt: Verarbeitete Kartoffeln zum Beispiel kosteten laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes 29,4 Prozent mehr als noch im Oktober 2022. Auch Obst und Gemüse waren demnach im Durchschnitt rund 16 Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Aber auch bei weiteren Grundnahrungsmitteln wie Butter, Mehl, Zucker und Eier sind die Preise im vergangenen Jahr gestiegen. Insgesamt sind Lebensmittel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7,5 Prozent teurer geworden. Doch noch stärker haben aktuell die Menschen im Nachbarland Österreich mit hohen Preisen zu kämpfen. Im Durchschnitt kosten Lebensmittel in Österreich um 15 Prozent mehr als in Deutschland, wie die Arbeiterkammer (AK) erhoben hat. Die Gründe dafür sind vielfältig

Einer sei der sogenannte „Österreich-Aufschlag“. Verursacht werde dieser laut dem Thinktank Agenda Austria durch den Staat. Der Agenda-Ökonom Marcell Göttert sagte gegenüber dem „Standard“: „Es gibt sozusagen einen ‚Österreich-Aufschlag‘, der dazu führt, dass die Inflation in einigen Bereichen höher ist, als sie sein müsste.“ Als Ursache dafür nennt er Staatsausgaben und überdimensionierte Hilfsprogramme. Bislang habe das Land nicht in die Preise eingegriffen, abgesehen von der Strompreisbremse. Stattdessen habe der Staat die Menschen laut Göttert durch Direktzahlungen unterstützt. Dadurch seien die gestiegenen Preise leistbar geblieben. Laut dem SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter gebe es einen Österreich-Zuschlag von rund 1.000 Euro pro Haushalt und Jahr, wie das Nachrichtenportal heute.at berichtet.

Österreich: Diese Lebensmittel sind besonders teuer geworden

Insgesamt sind im Nachbarland die meisten Lebensmittelpreise im Durchschnitt um 27,4 Prozent gestiegen. Das hat das Nachrichtenportal „Heute“ mittels Daten von Eurostat berechnet. Zum Vergleich: In der Eurozone liegt der Wert laut den Berechnungen bei 26 Prozent. Besonders teuer geworden sind laut der Arbeiterkammer folgende Produkte :

  • Feinkristallzucker kostete im September 2023 1,39 Euro (+85 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat)
  • Marillenmarmelade kostet aktuell 3,76 Euro (pro Kilogramm) (+145,8 Prozent)
  • Langkornreis von Ben’s kostet heute um die 4,79 Euro (+20,1 Prozent)

Preise in Österreich über den EU-Durchschnitt gestiegen - Das ist der Grund

Ein Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) bestätigt, dass signifikante Preisunterschiede in Österreich gegenüber Deutschland existieren. Demnach seien unterschiedliche Einkaufspreise des Lebensmitteleinzelhandels dafür verantwortlich. Bedeutet konkret: Die Hersteller verlangen für die gleichen Produkte unterschiedliche Preise in den verschiedenen Ländern. Sebastian Bohrn Mena, Sprecher der Initiative zur Förderung von Ökologie und Nachhaltigkeit „oekoreich“, kommentiert den Bericht gegenüber der Zeitung heute.at als eine „Bankrotterklärung für den heimischen Lebensmittelhandel“.

Doch nicht nur der „Österreich-Zuschlag“ sei laut Experten Schuld an den hohen Preisen. Weitere Gründe seien:

  • In Österreich liegen die Steuern auf Lebensmittel bei zehn Prozent während in Deutschland darauf sieben Prozent eingehoben werden.
  • Laut Österreichs Rewe-Chef Marcel Haraszti leiden die Discounter unter hohen Preisforderungen der Lieferanten.
  • In Österreich gebe es doppelt so viele Lebensmittelgeschäfte wie in Deutschland, so Haraszti, wodurch etwa mehr Logistikkosten entstehen

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Auch Drogerieprodukte in Österreich teils deutlich teurer als in Deutschland

Für ihre Untersuchung hat der BWB seit Oktober 2022 nach eigenen Angaben unter anderem 700 Handelsunternehmen und mehr als 1500 Lieferanten zu der wettbewerbliche Situation in der Lebensmittelbranche befragt. Laut Natalie Harsdorf-Borsch, Leiterin der Bundeswettbewerbsbehörde, zeige die Analyse mehrere Schwachstellen im Hinblick auf die Wettbewerbssituation. „Die Anzahl der eingemeldeten unfairen Praktiken gegenüber Lieferanten ist beunruhigend, gleichzeitig sehen wir Schwächen des Binnenmarktes und die Situation der Verbraucher:innen im Hinblick auf Preistransparenz sollte gestärkt werden“, so Harsdorf-Borsch.

Auch Drogerie-Produkte sind in Österreich teils deutlich teurer als in Deutschland. Laut einer aktuellen Untersuchung der Arbeiterkammer Wien sind rund 90 Prozent der Drogerie-Produkte in Österreich teurer als hierzulande. Im Durchschnitt würden die Österreicher rund 25 Prozent mehr für die gleichen Produkte zahlen müssen. Ein Beispiel nennt „Heute“: Für etwa 20 Sensitiv Strips der Firma Hansa Plast verlangen die Märkte in Österreich 5,66 Euro, während sie in Deutschland 2,46 kosteten – das ist eine Differenz von 130 Prozent.

Auch hierfür sind die Gründe vielfältig. Laut Stefan Ornig, Pressesprecher von dm Österreich, sei eine Ursache die Handelsstruktur. „Der Drogeriefachhandel insgesamt arbeitet in Österreich mit wesentlich kleineren Verkaufseinheiten“, sagte er gegenüber heute.at. Demnach würde eine deutsche Filiale fast doppelt so viel Umsatz erwirtschaften wie eine in Österreich. Zudem gebe es auch hier unterschiedliche Einkaufspreise.

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Inflation im Euroraum im Sinkflug - Deutschland bremst Wirtschaftswachstum

Unterdessen hat sich der Preisauftrieb in den Euro-Ländern deutlich verlangsamt, die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) lastet jedoch auch spürbar auf der Wirtschaftsleistung. Die Inflationsrate im Euroraum sank im Oktober auf 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das EU-Statistikamt Eurostat am Dienstag aufgrund einer Schnellschätzung mitteilte. Die Wirtschaft der 20 Länder mit dem Euro schrumpfte zwischen Juli und September um 0,1 Prozent.

Im September hatte die Inflation in den Euro-Ländern noch bei 4,3 Prozent gelegen. Hauptgrund des Rückgangs auf nun 2,9 Prozent ist eine massive Entspannung bei den Energiepreisen, während die Lebensmittelpreise weiter stiegen. Der Preisverfall bei Energie beschleunigte sich im Oktober auf minus 11,1 Prozent. Lebensmittel, Alkohol und Tabak verteuerten sich dagegen um 7,5 Prozent. Dienstleistungen kosteten 4,6 Prozent mehr.

Die Inflationsrate für Deutschland gab Eurostat für Oktober mit 3,0 Prozent an. Das Statistische Bundesamt geht nach Angaben vom Montag von einer Teuerungsrate von 3,8 Prozent im Jahresvergleich aus, was an einer anderen Berechnungsmethode liegt. „Der rapide Rückgang der Inflationsrate spiegelt vor allem die Entspannung an den Energiemärkten seit dem vergangenen Sommer wider“, erklärte hingegen die Chefvolkswirtin der Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib. „Auch wenn der Verbraucherpreisanstieg jetzt sogar unter drei Prozent liegt, ist es für eine Entwarnung noch zu früh.“ Der Krieg in Nahost berge zudem „Aufwärtsrisiken für die Inflation“. Bislang sei der Effekt auf die Energiepreise allerdings gering.