Wolfenbüttel. Die Flasche kostet 560,56 Euro und wird als Rarität angepriesen. Bei der Vorstellung in Wolfenbüttel wimmelt es von Influencern.

Die Mast Jägermeister SE ist genau für ein Produkt bekannt: den Jägermeister. 56 Kräuter, Alkohol, Wasser, Zucker und ein paar Monate Lagerzeit im Fass, erfunden Anfang der 1930er Jahre in Wolfenbüttel. Inzwischen ist der Likör ein Kultgetränk, das von seiner starken Marke lebt. Und um eine solche Marke am Leben zu erhalten, braucht es Marketing. Der Wolfenbütteler Hersteller hat deswegen am Donnerstag zu einem Event geladen, das seinesgleichen sucht, um dort mit viel Brimborium einen limitierten Premium-Likör vorzustellen. 560,56 Euro pro Flasche, rund 2500 Stück. „Wir wollen die Marke damit aufladen“, sagt Sven Schindler, der bei Jägermeister das globale Markenmanagement verantwortet.

Günther Findel experimentierte mit Lagerzeit

Das Besondere an dem Kräuterlikör: Statt neun bis zwölf Monate hat der sogenannte Grundstoff für den Jägermeister 26 Jahre in einem Eichenfass gelagert. Oder, wie Jägermeister sagt: 9556 Nächte. Gestartet hatte das Experiment Günther Findel (1920 -2002), der Schwiegersohn vom früheren Firmenpatriarch Curt Mast und später zudem technischer Geschäftsführer in Wolfenbüttel. Zuvor war Findel Arzt, hatte ein großes Interesse für Natur und wollte bei Jägermeister dann herausfinden, wie sich der Grundstoff, also die Kräutermischung, bei langer Lagerung verändert.

Marketingchef Sven Schindler stellt den hochpreisigen Likör vor Influencern und anderen Gästen vor.
Marketingchef Sven Schindler stellt den hochpreisigen Likör vor Influencern und anderen Gästen vor. © regios24 | Darius Simka

Wie Berndt Finke, Produkt- und Qualitätschef bei Jägermeister, erklärt, hat ein „Sensorik-Team“ – zuständig fürs Schmecken, Riechen, Schauen bei dem Hersteller – jedes Jahr aufs Neue getestet, wie der Grundstoff sich verändert. Und dieses Jahr war es dann offenbar so weit, Qualitätschef Finke beschreibt es als „Momentum“. Vom Sensorik-Team bis zum Vorstand seien alle überzeugt gewesen: Der 26 Jahre alte Grundstoff, zum Likör weiterverarbeitet, kann jetzt auf den Markt. Findel, sagt Finke, wäre sicher stolz gewesen. Jägermeister legt bei dem Launch viel Geschichte und Pathos an den Tag. Und wegen der 56 Kräuter im Likör, heißt der Premium-Likör nun auch „9556 Nights of Exploration“ (zu Deutsch: 9556 Nächte der Erforschung) und kostet besagte 560,56 Euro.

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Jägermeister geht es um Markenpflege

„Wir wollen zeigen, dass Jägermeister Handwerk ist, Liebe und Detail im Produkt stecken, dass er im Fass gelagert wird“, erklärt Marketingchef Schindler. Letzteres wüssten viele Endverbraucher nicht. Und weil Handwerk und Authentizität gerade angesagt sind bei jungen Leuten, will Jägermeister eigenen Angaben zufolge diese Geschichte erzählen. Einen kommerziellen Erfolg erwartet der Likörhersteller demnach nicht – obwohl bei dem Stückpreis 1,4 Millionen Euro Verkaufserlös zusammen kommen dürften. Es geht um Markenpflege.

Die Stückzahl der Flaschen in reduziert – das zeigt auch eine fortlaufende Nummerierung auf den Flaschen an.
Die Stückzahl der Flaschen in reduziert – das zeigt auch eine fortlaufende Nummerierung auf den Flaschen an. © regios24 | Darius Simka

Zur Vorstellung des Likörs, der Jägermeister zufolge etwas sherry-mäßiger und wärmer schmeckt, waren dementsprechend Influencer nicht nur aus Deutschland, sondern etwa auch Tschechien und Österreich geladen. Unter anderem Christopher Blumenthal aus Berlin, der bei der Social-Media-Plattform Instagram im Bereich Sneaker und Streetwear als Influencer unterwegs ist. Der 38-Jährige betreibt zudem die Plattform „Deadstock“ zum gleichen Thema und arbeitet nach eigenen Angaben schon seit einigen Jahren mit Jägermeister zusammen. Nach einer Führung durch die Produktion, ausreichend Möglichkeiten zum Videodreh und Fotografieren vor jenem Fass, in dem der Grundstoff zum „9556“ lagerte, wird eben dieser Likör verköstigt. Blumenthal schmeckt „sweetness“, was der ausschenkende Bartender begeistert aufgreift, er findet den Likör „nice“. Wie viel er für das Reel und die Instagram-Story, die er später hochladen wird, von Jägermeister bekommt, will er nicht verraten. Aber: „Wir preisen das neue Getränk an.“

Jägermeister baut weiteres Fasslager in Kamenz in Sachsen

Auch ein Künstler ist da, Magomed Dovjengo, ebenfalls aus Berlin. Der 29-Jährige hat sich vom Illustrator zum Maler entwickelt, erzählt er. Für Jägermeister hat er nun ein Bild gemalt, inspiriert vom 26 Jahre lang gelagerten Likör. Es ist bunt und das Video zur Entstehungsgeschichte hat die Optik einer Kinowerbung. Auf der Bühne stehend erzählt er brav, dass Jägermeister immer ein großer Teil seines Nachtlebens in Berlin gewesen sei. Dovjengo hat schon für zahlreiche Marken gearbeitet, unter anderem für die Louis-Vuitton-Mutter LVMH, Adidas und Sony Playstation. Der Likör wird laut Jägermeister in 16 Ländern auf den Markt gebracht, am 11. November. Nicht wegen der jecken Karnevalszeit, sondern weil in China am 11. November der „Single Day“ ist, was einem „Black Friday“ entspricht, ein Tag des Konsums. Angeboten wird er in Duty-Free-Shops und online.

Influencer Christopher Blumenthal arbeitet eigenen Angaben zufolge seit einigen Jahren mit Jägermeister zusammen.
Influencer Christopher Blumenthal arbeitet eigenen Angaben zufolge seit einigen Jahren mit Jägermeister zusammen. © regios24 | Darius Simka

Wie Finke berichtet, hat der Likörhersteller schon neue und weitere Fässer belegt, um den Jägermeister-Grundstoff wieder mehrere Jahre oder Jahrzehnte lagern zu können. Das Unternehmen erlebt seit Jahren einen stets steigenden Absatztrend. Mit mehr als 120 Millionen verkauften 0,7-Liter-Flaschen im vergangenen Jahr wurde ein neuer Rekord aufgestellt. In Wolfenbüttel baut Jägermeister derzeit seine Kapazitäten aus, und auch am Standort Kamenz in Sachsen wird erweitert: Hier soll ein Lager für 200 Fässer entstehen.