Braunschweig. Darauf einigten sich die Träger der Landesbank in Hannover. Braunschweigs Oberbürgermeister Kornblum betont: Wir sitzen dabei nicht am Katzentisch.

Die Braunschweigische Landessparkasse wird in Zukunft deutlich eigenständiger sein. Das hat die Trägerversammlung der Norddeutschen Landesbank in Hannover bei ihrer Sitzung am vergangenen Montag nun offiziell beschlossen, wie Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere (Grüne) am Freitag in Braunschweig bei einer Pressekonferenz erklärte. Das Statut für die Landessparkasse wurde dafür neu gefasst, so dass sie betriebswirtschaftlich eigenständiger agieren kann. Ein Plus an Selbständigkeit war bereits Ende Juni angekündigt worden. Gleichzeitig verliert die BLSK ihren Sitz im Vorstand der Nord-LB.

Bei der Pressekonferenz erklärten der künftige BLSK-Vorstandschef Ingo Lippmann (von links), Nord-LB-Vorständin Ingrid Spletter-Weiß, Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum, Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere und Noch-BLSK-Vorstandschef Christoph Schulz den aktuellen Stand in Sachen Eigenständigkeit der Landessparkasse.
Bei der Pressekonferenz erklärten der künftige BLSK-Vorstandschef Ingo Lippmann (von links), Nord-LB-Vorständin Ingrid Spletter-Weiß, Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum, Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere und Noch-BLSK-Vorstandschef Christoph Schulz den aktuellen Stand in Sachen Eigenständigkeit der Landessparkasse. © FMN | Bernward Comes

„Sie sehen einen glücklichen Verwaltungsratsvorsitzenden vor sich“, erklärte Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD), der auch Chef des Sparkassen-Verwaltungsrats ist. Es sei ein Maximum dessen erreicht worden, was an Eigenständigkeit in einer „Anstalt in der Anstalt“ möglich sei. Die Landessparkasse gehört zur Nord-LB, ab 2024 soll sie mehr Spielraum in Sachen Personal und Budget bekommen. Kornblum nannte das die „BLSK 2.0“.

Neues Gutachten soll unabhängiges Ergebnis liefern

Ob aus ihr eine komplett eigenständige Sparkasse werden kann, soll nun ein weiteres Gutachten klären, sagte Finanzminister Heere. Bislang liegen zwei Gutachten vor zu einer Herauslösung der Landessparkasse aus der Landesbank. Eines gaben die Kommunen im Geschäftsbezirk der BLSK in Auftrag – damals noch unter dem Braunschweiger Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD) –, ein anderes beauftragte die Nord-LB. Die Kommunen drängen seit der Fast-Pleite der Nord-LB darauf, die Sparkasse zu verselbständigen. Sie wollen, wie es für Sparkassen üblich ist, das Geldinstitut in eine kommunale Trägerschaft überführen.

Der Norddeutschen Landesbank in Hannover drohte 2019 die Pleite wegen fauler Schiffskredite.
Der Norddeutschen Landesbank in Hannover drohte 2019 die Pleite wegen fauler Schiffskredite. © dpa | Julian Stratenschulte

Beide Gutachten kamen allerdings und fast naturgemäß zu sehr gegensätzlichen Ergebnissen, was die Möglichkeit einer Trennung von Nord-LB und BLSK angeht, berichtete Minister Heere nun. Deshalb wolle man jetzt einen dritten, unabhängigen Gutachter beauftragen, der die Verselbstständigung erneut prüft. Oberbürgermeister Kornblum erklärte: „Wir sitzen dabei nicht am Katzentisch.“ Die Kommunen würden das Gutachten mit beauftragen und Fragen formulieren. Heere betonte: „Wir wollen ein neutrales, unabhängiges Ergebnis.“ Kommen soll es im nächsten Jahr. Kornblum erklärte, möglich sei ja auch, dass eine Trennung von Bank und Sparkasse eine „Win-win-Situation“ für alle sei.

Erst Gutachten, dann die Finanzierung der möglichen Herauslösung politisch diskutieren

Mit dem Ergebnis des dritten Gutachtens würde dann jedenfalls auch ein „Preisschild“ erwartet, also eine Summe, wie viel die Herauslösung der BLSK kosten würde. Zu möglichen Kosten – bislang war von einer halben Milliarde bis einer Milliarde die Rede – wollte Heere sich am Freitag nicht äußern. „Das wäre unseriös“, sagte der Minister. Wer die Verselbständigung der Sparkasse –sollte das Gutachten sie als möglich, machbar und sinnvoll bewerten – finanziert, würde in einem nächsten Schritt politisch diskutiert werden. Zu einer konkreten Zeitschiene äußerte sich der Minister nicht, sagte aber, dass im kommenden Jahr noch nicht unbedingt eine hundertprozentige Gewissheit darüber herrschen würde, ob und von wem und wie finanziert, die BLSK selbständig wird.

Das Land Niedersachsen hält 57 Prozent der Anteile an der Landesbank. Das Land, hier zu sehen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), hat damit Einfluss auf den Kurs der Nord-LB. Weil stützt die Wachstumspläne der Hannoveraner Bank.
Das Land Niedersachsen hält 57 Prozent der Anteile an der Landesbank. Das Land, hier zu sehen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), hat damit Einfluss auf den Kurs der Nord-LB. Weil stützt die Wachstumspläne der Hannoveraner Bank. © dpa | Julian Stratenschulte

Ob das Land zu einer „Mitgift“ bereit sei, also die Eigenständigkeit der BLSK finanziell unterstützt, wollte Heere ebenfalls nicht beantworten. Der Minister verwies allerdings auf den niedersächsischen Haushalt – „Sie wissen, wie er ist.“ Der oberste Finanzverantwortliche des Landes hält die Haushaltslage in Niedersachsen für sehr angespannt. Das ist also eher kein gutes Zeichen für eine mögliche Mitgift vom Land für die Landessparkasse. Einem anderen Szenario, demzufolge die bundesdeutschen Sparkassen übergangsweise die Trägerschaft für die BLSK übernehmen, hatte OB Kornblum im Interview mit unserer Zeitung zuletzt eine Absage erteilt. Nach dem Motto: Lieber bleiben wir in naher und vertrauter Landeshand, als uns neu mit Trägern in Berlin arrangieren zu müssen. Kornblum betonte am Freitag aber auch, dass es eine Vielzahl an Szenarien gebe zur Herauslösung und Finanzierung. Das Gutachten soll es nun klären.

Vorstand der BLSK schrumpft – trotz mehr Verantwortung

Währenddessen sortiert sich schon einmal der Vorstand der Braunschweigischen Landessparkasse neu. Obwohl in Zukunft mehr betriebswirtschaftliche Entscheidungen auf ihn zukommen, wird er von vier auf drei Köpfe verkleinert. Die Nachfolge vom Vorstandsvorsitzenden Christoph Schulz, der Ende Dezember in den Ruhestand geht, übernimmt Ingo Lippmann, bisher im Vorstand verantwortlich für das Geschäft mit Firmenkunden und vermögenden Kunden (Private Banking). Vorstandsmitglieder Tanja Dresselmann und Lars Dannheim sind weiterhin verantwortlich für den Bereich Retail Immobilien & Steuerung beziehungsweise das Geschäft mit Privat- und Geschäftskunden.

So sieht der neue Vorstand der Braunschweigischen Landessparkasse ab 2024 aus: Vorstandschef Ingo Lippmann (Mitte) leitet die Nord-LB-Tochter mit Tanja Dresselmann und Lars Dannheim.
So sieht der neue Vorstand der Braunschweigischen Landessparkasse ab 2024 aus: Vorstandschef Ingo Lippmann (Mitte) leitet die Nord-LB-Tochter mit Tanja Dresselmann und Lars Dannheim. © FMN | Bernward Comes

Ingrid Spletter-Weiß, Vorständin bei der Nord-LB und künftig dort für die Braunschweigische Landessparkasse verantwortlich, erklärte, man habe sich für die Verkleinerung des Vorstands nach reiflicher Überlegung entschieden. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass auch mit einem Dreierteam die Weiterentwicklung der Sparkasse gewährleistet ist“, so Spletter-Weiß. Der künftige Vorstandschef Lippmann sagte: „Wir packen das.“ Das Team sei zu dritt gut eingespielt. Minister Heere nutzte die Gelegenheit bei der Pressekonferenz am Freitag außerdem, um auf einen Vorteil der künftigen Trennung von BLSK-Chef und Nord-LB-Vorstandsmitglied hinzuweisen. Es gebe für den Vorstandsvorsitzenden künftig keine Zielkonflikte mehr zwischen Sparkasse und Landesbank. „Bislang musste er im Zweifel die Interessen der Landesbank nach vorne stellen.“

Nord-LB-Vorständin Spletter-weiß soll entlastet werden

Spletter-Weiß hat im Nord-LB-Vorstand nicht nur ab 2024 den Hut auf für die Landessparkasse, sondern verantwortet schon das Firmenkunden- und Verbundgeschäft sowie die Bereiche Treasury und Markets, also Liquiditätssteuerung. Minister Heere kündigte an, dass man Spletter-Weiß künftig entlasten werde. Er betonte außerdem ihre Eignung für den Posten als BLSK-Zuständige im Vorstand der Nord-LB. Die gebürtige Wolfenbüttelerin sei mit ihrer Verwurzelung und ihrem Profil ein Glücksfall für die Sparkasse. Spletter-Weiß betonte erneut, an vielen Sitzungen des BLSK-Vorstands und des Verwaltungsrats teilnehmen zu wollen, außerdem das Team der Braunschweigischen Landessparkasse besser kennenlernen zu wollen.

Ingrid Spletter-Weiß, Vorständin bei der Nord-LB, soll ab 2024 die Verbindung zwischen Hannover und Braunschweig sein. Sie verantwortet im Landesbanken-Vorstand dann die Landessparkasse. Bis jetzt war der Vorstandschef der BLSK auch gleichzeitig im Vorstand der Nord-LB vertreten.
Ingrid Spletter-Weiß, Vorständin bei der Nord-LB, soll ab 2024 die Verbindung zwischen Hannover und Braunschweig sein. Sie verantwortet im Landesbanken-Vorstand dann die Landessparkasse. Bis jetzt war der Vorstandschef der BLSK auch gleichzeitig im Vorstand der Nord-LB vertreten. © FMN | Bernward Comes

Lippmann und Spletter-Weiß gaben das Motto für die künftige BLSK aus: „Mit mehr Beinfreiheit zu mehr Erfolg.“ Konkret bedeutet das laut Lippmann zum Beispiel, dass die Landessparkasse ab Dezember die Verantwortung für das Geschäft mit vermögenden Kunden übernimmt (Private Banking), nicht nur in Braunschweig, sondern auch in Oldenburg, Hamburg und Hannover. „Das Nord-LB-Label bleibt aber“, sagte der künftige Vorstandschef. Die Mitarbeiter- und Pensionärsgeschäfte wird die Landessparkasse künftig ebenfalls auch für die Nord-LB-Mitarbeitenden übernehmen. Der Kreditausschuss des Verwaltungsrats der Sparkasse wird zudem künftig taggleich über Kreditvergaben mitentscheiden. Bislang war dem Ausschuss demnach nur eine Kenntnisnahme zugebilligt. Außerdem werde die BLSK ab dem neuen Jahr wieder zuständig sein für Kontoeröffnungen oder -pfändungen in der Region, bislang lag die Hoheit dafür in Hannover.

Investitions-, Personal- und Sponsoring-Entscheidungen künftig in BLSK-Hand

Grundsätzlich soll die Landessparkasse ab Januar 2024 Entscheidungen über Investitionen, Personal und Sponsoring eigenständig treffen können innerhalb eines von der Nord-LB vorgegebenen Budgets. Über diese Budgets soll eigenständig verfügt werden können, innerhalb dessen soll der Vorstand auch Verschiebungen vornehmen dürfen. Ein konkretes Steuerungsmodell, hieß es, soll es dazu im November geben. Der noch amtierende Landessparkassen-Chef Christoph Schulz, von Kornblum als „Mr. BLSK“ tituliert, erklärte, auf die weitere Entwicklung der Sparkasse sehr zuversichtlich zu blicken. „Ich glaube, dass es gut weitergeht.“

Streit der Träger der Nord-LB beigelegt

In der Norddeutschen Landesbank ist derweil in den vergangenen Wochen wohl Ruhe eingekehrt. „Unter den Trägern“, – Mehrheitseigner ist das Land Niedersachsen, rund 6 Prozent hält Sachsen-Anhalt, der Rest ist in der Hand verschiedener Sparkassen-Organisationen – „hat sich die Gesprächsatmosphäre merklich entspannt“, erklärte ein zufriedener Finanzminister am Freitag in Braunschweig. Zuvor gab es verschiedene Ansichten zur weiteren Entwicklung der Nord-LB. Darf das Institut, das fast wegen fauler Schiffskredite kentern ging und in letzter Minute (2019) mit Geld des Landes und Sparkassen wieder auf Kurs gebracht wurde, wieder wachsen? Der Nord-LB wurde eigentlich eine massive Schrumpfkur verordnet, um sie risikoärmer aufzustellen. Nun soll sie als Finanzierer der Energiewende und des Mittelstands doch wieder wachsen. Innerhalb der Träger gab es darüber Streit. Der ist nun beigelegt, offensichtliches Zeichen war dafür die ebenfalls am Montag beschlossene Einführung einer neuen IT und Banksteuerung. Die war zuvor Medienberichten zufolge von Sparkassenseite verhindert worden .

Allerdings bleibt der Nord-LB eine Baustelle erhalten. Nicht nur Christoph Schulz verabschiedet sich aus dem bislang fünfköpfigen Vorstand der Landesbank, sondern überraschend auch Finanzvorstand Olof Seidel. Die Landesbank wird deswegen wohl dreiköpfig ins neue Geschäftsjahr starten und mit Hochdruck einen Nachfolger für die Position des Finanzchefs suchen.