Salzgitter. Der Stahlhersteller wurde großzügig finanziell gefördert. Habeck stellt bei einem Besuch in Salzgitter klar: Dauer-Subventionen soll es nicht geben.

Es war eine seiner ersten Amtshandlungen: Vor zwei Jahren im Mai schaufelte Gunnar Groebler, gerade neues Vorstandsmitglied der Salzgitter AG geworden, symbolträchtig die ersten Haufen Erde auf der Baustelle für eine Direktreduktions-Testanlage. Nach 24 Monaten Testbetrieb gab der Stahlhersteller jetzt bekannt, den Auftrag für eine „echte“ Direktreduktionsanlage (DRI) im Industriemaßstab vergeben zu haben. Gebaut wird sie von einem Konsortium aus den italienischen Herstellern Tenova und Danieli sowie der saarländischen DSD Steel Group.

Damit sei ein Meilenstein auf dem Weg zur nahezu klimaneutralen Produktion von grünem Stahl erreicht, hieß es aus Salzgitter. Es ist demnach die größte Teilanlage des „Salcos“-Programms (Salzgitter Low CO2 Steelmaking) zur grünen Stahlproduktion. Angaben dazu, wie teuer die Anlage ist, machte der Konzern nicht. „Wir sind damit auf dem Weg zu einem planmäßigen Produktionsbeginn der Salcos-Route im Jahr 2026 einen entscheidenden Schritt weitergekommen“, sagte Groebler, der seit Juli 2021 der Vorstandschef des Stahlherstellers ist.

Neue Anlage liefert tonnenweise Eisen

Der Vorstandschef hatte erst vor wenigen Wochen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf der Hannover Messe einen Förderbescheid in Höhe von rund einer Milliarde Euro überreicht bekommen. 700 Millionen kommen vom Bund, 300 Millionen vom Land Niedersachsen. Sie subventionieren damit maßgeblich den ersten Umbauschritt der Produktion. Der Stahlhersteller selbst investiert zunächst 1,2 bis 1,4 Milliarden Euro. Mit diesen insgesamt 2,2 bis 2,4 Milliarden Euro soll bis 2026 die erste von drei Umbaustufen erreicht sein. Die Salzgitter AG will dann 30 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zum Jahr 2018 einsparen.

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Die Direktreduktionsanlage soll Ende 2025 auf dem Gelände der Salzgitter Flachstahl in Salzgitter in Betrieb gehen, genauso wie ein Elektrolichtbogenofen zur Schmelzung von Eisen sowie eine Elektrolyseanlage zur Wasserstoffproduktion. Während die Testanlage etwas mehr als 900 Tonnen direktreduziertes Eisen pro Jahr herstellen könnte, wird die neue Industrie-Anlage eine Kapazität von zwei Millionen Tonne Eisen pro Jahr haben. Das ist schon bereits die Hälfte der Kapazität, die die Salzgitter an Direktreduktion bis zum Ende der Produktionsumstellung im Jahr 2033 plant. Die Eisenpellets aus der Anlage werden in den Elektrolichtbogenofen geleitet und dort zu flüssigem Stahl eingeschmolzen, der danach weiterverarbeitet wird.

Die DRI-Anlage kann mit Erdgas oder Wasserstoff oder auch mit einem Gemisch aus beiden betrieben werden. Bis allerdings ausreichend mit erneuerbaren Energien hergestellter „grüner“ Wasserstoff zur Verfügung steht, wird es noch dauern. So lange muss die Salzgitter AG Erdgas nutzen, das in seiner Klimabilanz besser ist, als Kohle, die derzeit in den drei Hochöfen des zweitgrößten deutschen Stahlproduzenten eingesetzt wird. Groebler erklärte, bislang auch noch keine Verträge zur Wasserstoff-Beschaffung abgeschlossen zu haben. Er forderte einen Aufbau von Wasserstoff-Infrastruktur in der „neuen Deutschland-Geschwindigkeit“, als Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vergangenen Mittwoch den Stahlhersteller besuchte.

Habeck sieht keine „Dauersubvention“

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (rechts) und der Vorstandschef der Salzgitter AG, Gunnar Groebler, im Gespräch. Vorige Woche schaute sich Habeck das „Leuchtturm“-Projekt grüner Stahl, dass der Bund mit 700 Millionen förderte, mit eigenen Augen in Salzgitter an – und düste zwei Stunden später weiter.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (rechts) und der Vorstandschef der Salzgitter AG, Gunnar Groebler, im Gespräch. Vorige Woche schaute sich Habeck das „Leuchtturm“-Projekt grüner Stahl, dass der Bund mit 700 Millionen förderte, mit eigenen Augen in Salzgitter an – und düste zwei Stunden später weiter. © Bernward Comes

Habeck lobte vor Ort das „sehr sehr starke Commitment“ der Salzgitter AG, für das er „wirklich sehr dankbar“ sei. Die Frage, ob die Salzgitter AG mit weiteren Fördermitteln für die noch anstehenden Ausbaustufen 2 und 3 rechnen kann – sie umfassen die Investition in eine weitere Direktreduktionsanlage sowie in ein bis zwei weitere Elektrolichtbogenöfen –, verwies er aber lieber an den Vorstandschef Groebler. Der erklärte, man werde in den nächsten Monaten den Plan für die Stufen 2 und 3 validieren. „Und wir prüfen auch die Frage, ob der Ansatz, den wir wählen, förderfähig ist“, sagte Groebler. Die erste Stufe des Produktionsumbaus sei jetzt unter dem Label „Innovation“ gefördert worden, das könne für Stufe 2 und 3 nicht mehr gelten. „Wir werden in den Dialog eintreten“, kündigte der Vorstandsvorsitzende aber an. Offenbar hofft man in Salzgitter auf weitere Subventionsmillionen.

Und Habeck äußerte sich dann doch noch: „Wir wollen eine neue Industrie, darum wenden wir dafür Geld auf.“ Letztlich ginge es aber darum, neue Märkte aufzubauen, die sich von allein tragen. „Wir können nicht dauerhaft subventionieren“, stellte der Minister klar. „Im Jahr 2035 oder 2040 werden Investitionsentscheidungen ganz anders und viel weniger subventionsgetrieben getroffen werden“, sagte er. Gut, dass die Salzgitter AG weitere Investitionen in die Klimaneutralität bis zum Jahr 2033 plant...