Wolfsburg. Offenbar ist eine Sub-Marke für China im Gespräch. In den USA soll die eingerostete Marke Scout Erfolg bringen.

Das Chinageschäft schwächelt. Offenbar liebäugelt VW deshalb damit, im Reich der Mitte eine Sub-Marke aufzubauen, speziell für das Premiumsegment der Elektrofahrzeuge. Das berichtet die „Automobilwoche“. Von VW hieß es dazu, dass sich das Unternehmen zu solchen Spekulationen nicht äußere. Allerdings wäre das Thema Sub-Marke nicht neu für den Wolfsburger Autobauer. Gemeint sind neue Marken, die einer fest eingeführten Marke zugeordnet werden.

Wie die „Automobilwoche“ unter Bezug auf einen Konzernmanager berichtet, soll mit der neuen Sub-Marke Lifestyle vermittelt und ein jüngeres Publikum angesprochen werden. Zwar ist VW in der alten Verbrennerwelt in China eine feste Größe. Nicht so aber mit den E-Modellen, die dem Wettbewerb hinterherfahren.

Vorbild Europa

Diese Entwicklung ist der Grund dafür, dass VW nach Jahrzehnten in China den Titel des Marktführers an den chinesischen Autobauer BYD verloren hat. Der setzt auf E-Autos. Vorbild für den Aufbau einer Sub-Marke ist demnach der europäische Markt. Dort spricht der VW-Konzern mit der Sub-Marke Cupra, die zur spanischen Konzerntochter Seat gehört, junge sportive Kunden an.

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Ein Cupra, der Tavascan, soll es auch sein, der als erstes Modell der Sub-Marke in China auf die Straße kommen soll. Das sei einfacher, als eine komplett neue Marke aufzubauen, zitiert die Fachzeitung den namentlich nicht genannten Konzernmanager. Schon viele Jahre betrieb Seat sein Motorsport-Engagement unter dem Namen Cupra, bevor 2018 eine eigene Sub-Marke gegründet wurde. Die bietet Kompaktautos, SUV sowie den rein elektrischen Born an, der auf dem VW ID.3 basiert.

Jetta ist eine Sub-Marke für China

Die Marke Volkswagen hat 2019, damals noch als unangefochtener Marktführer, im Reich der Mitte die Sub-Marke Jetta gegründet. Der Markenname Jetta leitet sich vom chinesischen Erfolgsmodell der Wolfsburger ab. Der Jetta ist weltweit als Stufenheck-Limousine der Kompaktwagen-Klasse bekannt, wurde auch in Deutschland angeboten. Im Volksmund hieß das Auto „Rucksack-Golf“.

Gegründet wurde die Sub-Marke Jetta von VW und dem chinesischen Partner FAW. Über die Marke werden Autos im unteren Preisbereich verkauft. So will der Autobauer junge Autokäufer der aufstrebenden chinesischen Mittelschicht erreichen. Positioniert wurde die Marke Jetta zwischen chinesischen Billiganbietern und der Marke VW.

VW-E-Modelle schwächeln

Allerdings ist der Erfolg dieser Sub-Marke überschaubar, die „Automobilwoche“ berichtet von sehr geringen Marktanteilen. Das dürfte auch an dem von der chinesischen Staatsführung forcierten Ausbau der E-Mobilität liegen. Und genau in diesem Segment zeigen die Wolfsburger Schwäche, die rein elektrischen Modelle der ID-Familie sind bislang keine Verkaufsschlager.

So könnten die elektrifizierten Modelle der wiederbelebten US-Marke Scout aussehen, die VW in den USA auf den Markt bringen will. 
So könnten die elektrifizierten Modelle der wiederbelebten US-Marke Scout aussehen, die VW in den USA auf den Markt bringen will.  © VW

Dabei ist ihnen die Bedeutung Chinas sehr bewusst. „Für den Volkswagen-Konzern ist China als Wachstumsmarkt und Innovationsmotor für die Elektromobilität und das vernetzte automatisierte Fahren von entscheidender Bedeutung für die Transformation als Automobilunternehmen“, sagte ein Sprecher unserer Zeitung. Bis 2030 werde der chinesische Markt voraussichtlich von heute rund 21 Million in Richtung 30 Millionen Fahrzeuge wachsen. „Das Wachstum ist damit doppelt so groß wie der komplette deutsche Automobil-Markt.“

Bewusst ist den Wolfsburgern auch, dass die chinesischen Kunden „sehr hohe“ und wachsende Erwartungen an die Autos haben. Die müssten nicht nur elektrifiziert sein, sondern intelligent vernetzt sein und perspektivisch autonom fahren. Der VW-Konzern werde daher bis Ende 2030 mehr als 30 vollelektrische Modelle in China anbieten.

Kürzere Entwicklungszeit

Nun ist Quantität das eine, Qualität das andere – gemeint ist nicht nur die technische Qualität. Ein VW-Manko: In China wurde mit den E-Modellen bislang nicht der Geschmack der Kunden getroffen. Daher will VW künftig mehr in China für China entwickeln. Das soll unter anderem auch das Innovationstempo erhöhen.

Dafür will der Konzern rund eine Milliarde Euro in den Aufbau eines neuen Zentrums für Entwicklung, Innovation und Beschaffung für vollvernetzte Elektroautos mit Hauptsitz in Hefei investieren. Ein Ziel: Die Entwicklungszeit soll um rund 30 Prozent verkürzt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Gesellschaft mit dem Namen „100%TechCo“ Fahrzeug- und Komponenten-Entwicklung sowie Beschaffung zusammenführen. Und sie soll die Entwicklungsprojekte aller Gemeinschaftsunternehmen des Volkswagen-Konzerns mit chinesischen Partnern enger verzahnen.

Ein weiteres Ziel: Die Autos sollen passgenauer für chinesischen Kunden entwickelt werden. Lokale Zulieferer sollen daher in der frühen Produktentstehungsphase in den Entwicklungsprozess eingebunden werden.

Gegengewicht USA

Trotz dieser großen Anstrengungen will sich Volkswagen zunehmend aus der Abhängigkeit vom chinesischen Markt lösen. In dieser Strategie spielen die USA eine große Rolle. Durch die Stärkung des US-Geschäfts soll perspektivisch ein Gegengewicht zu China geschaffen werden.

Dieses Gedankenspiel gibt es schon viele Jahre am Mittellandkanal in Wolfsburg. Allerdings blieb VW, insbesondere die Kernmarke VW, stets weit hinter den Erwartungen zurück. Dafür sorgten ebenfalls ein Verfehlen des Kundengeschmacks, auch der Abgas-Betrug hinterließ tiefe Spuren.

Scout soll helfen

Nun setzt Volkswagen neu an. Dabei setzt der Autobauer vor allem auf Elektro-Modelle. Und auch eine neue Marke soll helfen: Scout. Die war ein Beifang des Kaufs der Lkw-Marke Navistar. Beide, Navistar und Scout, haben ihre Wurzeln im International-Harvester-Konzern. Scout baute bis 1980 einfache und robuste Geländewagen und Pick-ups.

VW schreibt der Marke Kultstatus zu und will sie nun wiederbeleben, um über sie elektrifizierte Geländewagen und Pick-ups zu vertreiben – und so Fuß zu fassen in diesem für die USA so wichtigen Fahrzeugsegment.