Berlin. Um den Wohnungsbau anzukurbeln, hat Habeck der Bauwirtschaft Hoffnung auf eine neue Förderung gemacht. Bauministerin Geywitz blockt ab.

Spätestens seit dem Förderchaos beim Neubau im vergangenen Jahr ist ein Auftritt von Robert Habeck (Grüne) vor der Bau- und Wohnungswirtschaft ein Spießrutenlauf. Doch vor eineinhalb Wochen schaffte es der Bundeswirtschaftsminister, sich bei der ihm gegenüber oft skeptischen Branche beliebt zu machen: Über mehrere Stunden hatten sich Vertreter der Bau- und Wohnungswirtschaft sowie unterschiedlicher Gewerke, der Gewerkschaft IG BAU und der Deutsche Mieterbund ihr Leid geklagt.

Der Bau bezahlbarer Wohnungen sei durch den starken Anstieg der Zinsen und die hohen Materialpreise schlicht unrentabel geworden, es drohe Arbeitsmangel und Jobabbau, lautete das Credo.

Habeck aber überraschte: Man könne ja mit Mitteln aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) den Wohnungsbau ankurbeln, schlug der Wirtschaftsminister vor. Der WSF, einst für die Corona-Hilfen erdacht, dient aktuell unter anderem dazu, die Strom- und Gaspreisbremse zu finanzieren.

Da er aufgrund der gesunkenen Energiepreise aber weniger stark als erwartet in Anspruch genommen wird, sieht Habeck offenbar Spielräume. Ein „kleiner Hoffnungsschimmer“, fand Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.

Bauen: Geywitz lehnt Habeck-Vorschlag ab

Doch diesen Hoffnungsschimmer macht nun ausgerechnet Bauminister Klara Geywitz (SPD) zunichte – und reagiert unterkühlt auf ihren Kabinettskollegen Habeck: „Woher das Geld für Bedarf in meinem Ressort kommt, würde ich doch eher mit dem Finanzminister besprechen“, sagte sie im Gespräch mit unserer Redaktion.

Und setzt nach: „Ich empfehle allen, das Gesetz zu diesem Fonds zu lesen. Ich habe Zweifel, ob man Zuschüsse für Investitionen in Neubau aus diesem Topf holen kann.“

Doch nicht nur gegen Habeck teilt Geywitz aus – auch die Baubranche selbst nimmt sie ins Visier. „Wir bauen zu langsam und zu teuer“, kritisiert die SPD-Politikerin. „Das kann man nicht länger zukleistern mit Steuerzahler-Milliarden.“

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Bauen: Verbändebündnis fordert mindestens 50 Milliarden Euro

Das Verbändebündnis Wohnungsbau hatte jüngst ein Sondervermögen von mindestens 50 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025 gefordert, um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln. Mit diesem Geld sei es möglich, das im Koalitionsvertrag gesteckte Ziel von 400.000 Wohnungen zu erreichen, hatten die Verbände verlauten lassen und sich dabei auf eine Studie des schleswig-holsteinischen Wohnungs- und Bauforschungsinstituts ARGE Kiel berufen.

Als „wenig glaubhaft“ weist nun Geywitz diese Aussage zurück: „Die Bauwirtschaft hat gerade gar nicht die Kapazität, 400.000 Wohnungen im Jahr zu bauen.“ Selbst im Jahr 2021, also vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges und den hohen Energie- und Materialpreisen sowie der Zinswende, sei es der Bauwirtschaft bei voller Auslastung lediglich gelungen, 293.000 Wohnungen zu bauen. Der Baubranche jetzt zusätzliche Milliarden bereit zu stellen, könne dazu führen, dass die Preise weiter steigen, warnte Geywitz.

Aktiv werden will Geywitz beim Mieterschutz: Sowohl gegen die zuletzt sprunghaft angestiegene Vermietung von möblierten Wohnungen als auch gegen die an die Inflation gekoppelten Indexmietverträge will sie vorgehen. Beide Themenbereiche liegen allerdings in der Hand von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) – ebenso wie die Verlängerung der Mietpreisbremse. Geywitz forderte ihren Kabinettskollegen auf, Tempo einzulegen. Der entsprechende Gesetzesentwurf sei seit einem halben Jahr überfällig, so die Bauministerin.