Berlin. Manche Immobilienkonzerne haben deutlich an Wert verloren. Was sich die Gewerkschaft vom Aktienkauf verspricht.

Die Gewerkschaft IG BAU fordert die Bundesregierung auf, angesichts der aktuellen Kursverluste als Großaktionär bei börsennotierten Immobilienkonzernen einzusteigen. „Es wird höchste Zeit, dass der Bund bei Vonovia einsteigt. Auch die LEG und andere börsennotierte Gesellschaften kommen jetzt für eine Beteiligung des Bundes in Frage“, sagt der Bundesvorsitzende der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Robert Feiger, dieser Redaktion. Der Staat sollte sich nach vielen Privatisierungen auf dem Wohnungsmarkt wieder einmischen.

Konkret sollte der Staat einen Anteil von 25 Prozent plus eine Aktie an Immobilienkonzernen erwerben – und damit die Sperrminorität. Damit könnte der Bund wieder bei der langfristigen Strategie bei Vonovia und anderen börsennotierten Immobilienunternehmen mitbestimmen – also auch über den Neubau, die Modernisierungen und die Mietpreisentwicklung.

Die Aktienkurse zahlreicher Immobilienkonzerne hatten zuletzt aufgrund gestiegener Zinsen und Baukosten deutlich an Wert eingebüßt. Betroffen sind Unternehmen wie die TAG Immobilien, LEG Immobilien, Vonovia oder der Gewerbeimmobilien-Spezialist Aroundtown, die an der Börse notiert sind.

Aktienkurs von Vonovia ist deutlich gesunken

Allein Vonovia hat seit Anfang Februar ein Drittel seines Aktienwertes eingebüßt, innerhalb eines Jahres waren es sogar rund 60 Prozent. Europas größtes privates Wohnungsbauunternehmen hat knapp 550.000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich. Trotz gestiegener Mieteinnahmen im vergangenen Jahr hat Vonovia angekündigt, vorerst keine neuen Bauvorhaben zu planen. Im Bau befindliche Projekte sollten jedoch fertiggestellt werden - in diesem Jahr rund 3450 Wohnungen.

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Als „unsoziales Spiel“ kritisierte Feiger das Spekulieren der Wirtschaft mit Wohnimmobilien. „Wenn es an der Börse gut läuft, werden satte Renditen abgezogen. Und in turbulenten Phasen – wie jetzt in der Wohnungsbau- und Wohnungsmarktkrise – lassen Unternehmen wie Vonovia ihre Verantwortung fallen wie eine heiße Kartoffel“, kritisierte der IG-BAU-Chef. „Sie fahren notwendige Sanierungen runter und setzen den Wohnungsneubau auf Null.“

IG-Bau-Chef: „Wohnungen sind keine Spekulationsmasse“

Leidtragende seien dabei die Menschen, „die bei Vonovia, LEG & Co. zur Miete wohnen. Und vor allem auch die, die jetzt eine bezahlbare Wohnung suchen.“ Der Bund habe vor Jahrzehnten vor allem Wohnungen der Bahn, der Post und der Rentenversicherung verkauft und viele Städte ihre kommunalen Wohnungen. „Diese Paketverkäufe öffentlicher Wohnungen rächen sich nun sträflich“, sagte Feiger.

„Es muss spätestens jetzt allen klar sein: Wohnungen sind keine Spekulationsmasse. Und sie dürfen es auch nie mehr werden“, ergänzte der Gewerkschafter. Bezahlbares und soziales Wohnen habe auf dem Börsenparkett keine Chance.

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Tatsächlich ist im Immobilienmarkt aktuell viel in Bewegung. Laut Statistischem Bundesamt sind im 4. Quartal 2022 erstmals seit 22 Jahren die Wohnimmobilienpreise um durchschnittlich 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal gesunken. Diese Entwicklung belastet vor allem Wohneigentümer, die vor dem Preisabstieg ihre Immobilien erworben haben, und die Wohnungswirtschaft. „Denn jetzt nimmt der Wert ihrer Immobilien ab und erschwert ihnen zusammen mit steigenden Zinssätzen die Refinanzierung“, sagte Konstantin Kholodilin, vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Der DIW-Experte erwartet, dass die Kaufpreise in diesem Jahr weiter sinken und die Mietpreise steigen dürften.