Braunschweig. Juristischer Widerstand gegen eine Kündigung könnte sich für Karstadt-Beschäftigte finanziell auszahlen.

Für die Beschäftigten des Braunschweiger Karstadt-Hauses war die Nachricht von der Schließung ein Schock. 185 Arbeitsplätze fallen weg, wenn nicht noch ein mittleres Wunder geschieht. Für den Fall der Kündigung empfiehlt Markus Bialobrzeski, Braunschweiger Fachanwalt für Arbeitsrecht, diese genau zu prüfen und gegebenenfalls dagegen zu klagen. „Das empfiehlt sich besonders für Beschäftigte mit einer Rechtsschutzversicherung“, sagte der Jurist unserer Zeitung. Am Ende geht es – wie fast immer – ums Geld.

„Kündigungen können Fehler enthalten“

Konkret droht den Karstadt-Beschäftigten die betriebsbedingte Kündigung – also eine Kündigung wegen der Schließung des Betriebs. „Besonders betriebsbedingte Kündigungen können aber inhaltliche oder formale Fehler enthalten. Dann sind sie unwirksam“, betont Bialobrzeski.

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Er rät betroffenen Beschäftigten nach Erhalt der Kündigung zur Eile. „Nach Zugang der Kündigung hat der Arbeitnehmer lediglich drei Wochen Zeit, um Kündigungsschutzklage zu erheben“, sagt er. Das sei losgelöst von der Frage, ob die Kündigung ursprünglich möglicherweise gar nicht wirksam war. „Die Frist gilt!“, betont der Anwalt.

Der Braunschweiger Fachanwalt Markus Bialobrzeski.
Der Braunschweiger Fachanwalt Markus Bialobrzeski. © Privat

Doch keine Regel ohne Ausnahme. So können laut Bialobrzeski betriebsbedingte Kündigungen wirksam bleiben, wenn der neue Eigentümer das Unternehmen umstrukturiert. Ausgeschlossen seien Kündigungen dagegen für den Zeitraum, in dem das Unternehmen mit potenziellen Käufern verhandelt.

Kündigung nur durch Insolvenzverwalter

Auch während eines Insolvenzverfahrens sei eine Kündigung durch den Arbeitgeber nicht zulässig, sagt der Jurist. „In diesem Fall kann nur der Insolvenzverwalter über die Kündigung entscheiden.“

Bei einer schrittweisen Schließung des Betriebs, im Karstadt-Haus also Abteilung für Abteilung, müsse der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen. „Dann wird denjenigen Beschäftigten, die von einer Kündigung in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht am wenigsten betroffen sind, zuerst gekündigt“, erläutert der Braunschweiger Anwalt. Im Gegenzug wären Beschäftigte mit einer Schwerbehinderung, die schon älter sind, Unterhaltsverpflichtungen nachkommen müssten oder schon lange im Unternehmen arbeiten, besonders geschützt – und bekämen als Letzte die Kündigungen.

Bialobrzeski weist noch auf einen anderen Aspekt hin: „Der Arbeitgeber darf eine betriebsbedingte Kündigung nicht früher als zum tatsächlichen Zeitpunkt der Firmenauflösung aussprechen.“

Die eigene Situation genau prüfen

Er rät den Beschäftigten auch dann zu einer juristischen Prüfung ihrer Situation, wenn sich der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Betriebsrat mit dem Unternehmen auf einen Interessenausgleich, also Abfindungen für die Beschäftigten, und einen Sozialplan einigt. „Welche Ansprüche hat der Arbeitnehmer genau? Sind Sozialpläne nebst Interessenausgleich fehlerfrei zustande gekommen?“, lauteten zentrale Fragen.

Im Fall einer Klage von betroffenen Mitarbeitern seien die Arbeitgeber nicht selten bereit, die Abfindung aufzustocken, weiß Bialobrzeski aus Erfahrung. „Je mehr Klagen, desto größer ist für das Unternehmen der Erledigungsdruck. Das kann zu höheren Abfindungen führen.“