Hamburg. Der ID.2all soll in Spanien gebaut werden, zunächst für den europäischen Markt. Der Plan ist, in zwei Jahren die Serienversion des Autos vorzustellen.

Der Käfer war eines, der Golf auch, derzeit sind es die SUV Tiguan und ID.4: VW spricht mit Blick auf diese Modelle aus dem eigenen Haus von „Weltautos“. Gemeint sind Fahrzeuge, die sich rund um den Globus gut verkaufen. Die am Mittwochabend in Hamburg vorgestellte Studie des rein elektrischen Kleinwagens ID.2all könnte nach Einschätzung der VW-Verantwortlichen auch das Zeug zu einem Weltauto haben – wenn auch mit Einschränkungen.

In zwei Jahren soll die Serienversion des Autos vorgestellt werden. In drei Jahren soll es zu den Kunden kommen – zunächst in Europa. Perspektivisch aber könnte der ID.2 auswandern. Etwa nach Südamerika oder nach Indien. Das asiatische Land gilt für die Konzern-Kernmarke neben den USA als wichtiger Wachstumsmarkt.

Die Frontansicht des ID.2.
Die Frontansicht des ID.2. © Andreas Schweiger

Dort allerdings geben die Wolfsburger ihrem neuen Stromer im Polo-Format keine Chance. „Zu klein für die Amerikaner“, heißt es. Und auch in China, dem wichtigsten VW-Markt, hat das Auto wohl keine Zukunft. „Aus China, für China“, heißt die VW-Devise. Mit einer lokalen Entwicklung und Produktion, die sich rein an den chinesischen Kunden orientiert, soll die Marke im Reich der Mitte zu alter Stärke finden. Zwar ist sie bei den Verbrennern weiterhin eine Macht. Die Stromer jedoch finden bisher nicht den gewünschten Anklang bei den Käufern.

Der ID.2 bekommt Geschwister

Dennoch könnte es nach dem Produktionsstart für den ID.2 heißen: aus Spanien in die Welt. Auf der iberischen Halbinsel soll das Auto gebaut werden. Und nicht nur der ID.2, sondern noch ein von ihm abgeleitetes SUV sowie je ein Modell von Cupra und Skoda. Vier Autos auf derselben Plattform, allerdings mit vier unterschiedlichen „Hüten“. Die Basis dafür ist die neue „MEB Entry-Plattform“, ein eigener Baukasten für kleine Stromer. Hinter der Plattformstrategie steckt das Ziel, Teile und Produktion soweit wie möglich zu vereinheitlichen. Das soll Kosten senken. Das Stichwort lautet Skalierung.

Damit sich die Entwicklung wirtschaftlich auszahlt, müssen jährlich mindestens 100.000 Autos je Modell vom Band rollen. Der Bau einer Batteriezell-Fabrik im spanischen Valencia soll die Lieferwege kurz halten. Vorbild für dieses Werk ist die gerade im Aufbau befindliche Batteriezell-Fabrik in Salzgitter.

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180 Milliarden Euro will der VW-Konzern bis 2027 investieren. Zwei Drittel davon sollen in E-Mobilität und Digitalisierung fließen. Allein 15 Milliarden Euro sind für die Rohstoffsicherung für die Batterieproduktion sowie für den Bau der Batteriezell-Fabriken in Salzgitter, Spanien und Kanada vorgesehen.

Wirtschaftlichkeit im Mittelpunkt

Konzernchef Oliver Blume machte auf der Jahrespressekonferenz des Konzerns am Dienstag in Berlin deutlich, dass gleichzeitig für jede Marke Wirtschaftlichkeit mehr denn je im Mittelpunkt steht. Daher seien Ziele festgelegt worden, die es einzuhalten gelte. Dazu zählen Fixkosten, Cashflow und die Umsatzrendite.

Das Heck des Kleinwagens.
Das Heck des Kleinwagens. © Andreas Schweiger

Gerade das Thema Rendite ist für die Marke VW seit vielen Jahren eine Dauerbaustelle. Mit einer Rendite von 3,6 Prozent verfehlte die Marke im vergangenen Jahr deutlich das 6-Prozent-Ziel. VW-Finanzvorstand Patrik Andreas Mayer nannte als Gründe gestiegene Arbeitskosten sowie Preissprünge bei Energie und Rohstoffen. Auch in diesem Jahr wird die Marke ihr Ziel nicht erreichen, angepeilt ist eine Rendite von 4 Prozent. Bleibt also viel zu tun.

Vor diesem Hintergrund kann das Abrunden des Angebots hilfreich sein. Schon lange hatte die Marke VW angekündigt, einen elektrifizierten Kleinwagen auf den Markt zu bringen. Wobei klein relativ ist: Das Auto hat in etwa das Außenmaß eines Polo. Innen verspricht VW das Raumgefühl eines Golf. Für den Raumgewinn sorgt der vergleichsweise kleine Elektroantrieb. Das Auto ist auch eine Antwort auf die Kritik von Umweltschützern, dass Autobauer immer mehr auf das SUV-Segment setzen.

Breite C-Säule prägt ID.2

Mit einem Preis unterhalb der 25.000-Euro-Marke kommt der ID.2 dem alten VW-Anspruch näher, auch unter finanziellen Aspekten ein „Volkswagen“ zu werden. Zum Vergleich: Die Preise für das elektrifizierte Mittelklassemodell ID.3 beginnen bei ganz knapp 40.000 Euro. Da wird sicher der eine und die andere schlucken. Bei der Gestaltung besinnt sich der ID.2 auf die klassische VW-Formgebung, zu der etwa die breite C-Säule gehört.

Die Seitenansicht mit der breiten C-Säule.
Die Seitenansicht mit der breiten C-Säule. © Andreas Schweiger

Auch wenn der ID.2 noch auf der MEB-Plattform anläuft, die nächste Generation wird Ende der Dekade auf der neuen SSP-Plattform gebaut. Das Kürzel SSP steht für Scalable Systems Platform – also für noch konsequentere Skalierbarkeit. Dazu wird auch eine einheitliche Software-Architektur gehören. Diese Plattform soll für alle Konzernmarken eingeführt werden, auf ihr können vom Kleinwagen bis zum Oberklasse-Fahrzeug alle Modelle produziert werden. Gekoppelt werden soll die Einführung der neuen Plattform mit einer Verringerung der Teile- und Variantenvielfalt. Auch dieses Thema ist seit Jahren eine VW-Dauerbaustelle.

80 Prozent Stromer ab 2030

Wenn die SSP-Plattform eingeführt ist, rückt damit das Ende des Verbrenners näher. 2030 sollen 80 Prozent der ausgelieferten Fahrzeuge in Europa Stromer sein. Schon jetzt machen sich die VW-Verantwortlichen Gedanken darüber, ob und wie bewährte Modellnamen aus der Verbrennerwelt ins Elektrozeitalter geführt werden können.

Als sicher gilt, dass Golf, Tiguan und die Bezeichnung GTI weitergeführt werden und eigenständige, aber elektrifizierte Modelle im Markenportfolio bleiben. Zu eingeführt, zu wertvoll sind diese Namen, um sie aufzugeben. Anders sieht es mit Modellnamen wie Passat oder Polo aus. Gut möglich, dass sie untergehen und nur noch in der Firmenchronik zu finden sein werden. Als Zeugen einer vergangenen Zeit.