Königslutter. Martin Scholze war 35 Jahre lang Landwirt. Jetzt will der 66-Jährige einen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte über die Landwirtschaft leisten.

Glyphosat, Insektensterben und Nitrat – nach Meinung von Martin Scholze gibt es viele solcher Schlagworte, die die Debatte um eine zeitgemäße Landwirtschaft prägen. Der Landwirt aus Königslutter am Elm, 66 Jahre alt, bewirtschaftete bis zum Oktober vergangenen Jahres einen 40 Hektar großen Betrieb, der seit Jahrhunderten besteht. Scholze möchte nun mit einer Abhandlung über die Geschichte der Landwirtschaft von 1945 bis heute dazu beitragen, verhärtete Fronten in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um Tierwohl und Co. zu lösen und die Diskussion zu versachlichen.

Das ist nötig, glaubt er, denn die landwirtschaftliche Produktion und die Bevölkerung – selbst auf dem Land – hätten sich in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr entfremdet. Noch heute würde in Kinderbüchern die heile Welt des Bauernhofs mit Vieh, Forke und Gummistiefel gezeigt. Scholze schreibt aber auch: „Gerade an diesem Punkt der Außendarstellung muss man der Landwirtschaft und ihren Repräsentanten eine gewisse Mitschuld geben.“

Vom Pferdepflug zum Bauernschlepper

Wie Scholze in seinem Buch berichtet, hat die Landwirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg fundamentale Weiterentwicklungen und Umbrüche erlebt. Um nur einige zu nennen: Pferde wurden Anfang der 50er Jahre von „Bauernschleppern“ ersetzt, die Viehhaltung verschwand aus unserer Region, mühsame Handarbeit beim Säen, Düngen, Ernten, Lagern und Unkraut entfernen wurde nach und nach ersetzt durch Maschinen, die auch immer passgenauer und komfortabler wurden. Ruckelte der Bauer in den 60er Jahren noch auf unbequemen Sitzschalen, ohne Kabine auf dem Trecker über holprige Straßen zum Feld, sitzt er heute klimatisiert und geschützt vor Wind und Wetter in einer Fahrerkabine, die mit ihrer Ausstattung an ein Flugzeug-Cockpit erinnert, wie Scholze vergleicht.

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Der Autor selbst hat den tiefgreifenden Wandel der Landwirtschaft – nach jahrhundertelanger Quasi-Stagnation – miterlebt. Er sagt selbst, dass sein Hof mit 40 Hektar in den 1960er Jahren zu den größeren im Dorf gehört hätte. Er übernahm den Betrieb ab 1985 und konnte davon aber nur noch leben, weil er im Nebenerwerb als Sachverständiger arbeitete, „und durch den Verdienst meiner Frau“. Scholze hätte den Betrieb zwar gern vergrößert, ihn hinderte daran aber eine Nierenerkrankung, die ihn zu einem jahrelangen Dialysepatienten machte. Dennoch sagt er: „Mein Betrieb hat mich aufrecht erhalten.“ In einer Behörde zu „versauern“ war nicht sein Ding, er wollte sehen, wie „ein einfacher Keimling zur wachsenden Pflanze“ wird.

„Landwirte sind zu Veränderungen bereit“

Scholze schreibt mit Sachkenntnis aus eigenen Erfahrungen und Erzählungen älterer Berufskollegen über Produktionsprozesse und Tierhaltung. Schließlich kommt er zu dem Fazit, dass die Landwirtschaft schon immer ziemlich flexibel war – und auch weiterhin zu Veränderung bereit ist. Allerdings sollte man die Bauern mitnehmen – und nicht über ihre Köpfe hinweg entscheiden und sie auch nicht zu „Landschaftspflegeunternehmungen“ verkommen lasse.

Zum Buch:

  • „Vom Mangel zum Überfluss – Landwirtschaft von 1945 bis heute“ von Martin Scholze kann über folgende ISBN-Nummer bei jedem Buchhändler vor Ort oder online bestellt werden: 9783-753-4431-88
  • Das Buch umfasst 140 Seiten und kostet 8,99 Euro bzw. 7,99 Euro als E-Book