Braunschweig. Serie Mittelstand Die M&P-Gruppe berät Kunden von der Gebäudesanierung bis zur SAP-Einführung.

Wer kurz vor Konzertbeginn in Abendgarderobe in der Hamburger Elbphilharmonie sitzt, der denkt vielleicht an die bevorstehende Aufführung oder an die beeindruckende Architektur um ihn herum. Vielleicht auch an das gerade noch gegessene Fischbrötchen. Sicher denkt dieser Gast aber nicht: „Wie gut, dass es mir an den Knöcheln nicht kalt ist.“ Er wird auch nicht denken: „Schön, dass ich gar keinen Luftzug höre.“ Und wohl auch selten: „Angenehmes Klima hier drin.“

Für diese Kleinigkeiten, die erst auffallen, wenn sie nicht funktionieren, ist das Braunschweiger Beratungsunternehmen M&P-Gruppe verantwortlich. Als Projektpartner wurden sie erst recht spät und kurzfristig ins Boot geholt, wie M&P-Geschäftsführer Olf Clausen berichtet. Nun ziert ein Foto der Hamburger Skyline samt Elbphilharmonie sogar das aktuelle Jahrbuch des Unternehmens. Es ist ein Prestigeprojekt und das „absolute Highlight unserer Referenzliste“, wie die Beratungsfirma auf ihrer Webseite schreibt.

M&P ist vor 30 Jahren als Ausgründung der Hochschule Ostfalia entstanden. Wie Clausen berichtet, habe das Land Niedersachsen damals auf Unternehmensgründungen im Bereich Energie- und Gebäudetechnik gedrängt. 1989 habe sich Kurt Müller, inzwischen emeritierter Professor für Klimatechnik an der Ostfalia und Gesellschafter der Gruppe, dann ein Herz gefasst, und mit seinem Student Clausen, der gerade frisch sein Diplom als Versorgungstechniker in der Tasche hatte, M&P – Müller und Partner – gegründet. Zwar wurde das damalige Start-Up nicht finanziell gefördert, erhielt aber Aufträge vom Land. 1989, erzählt Clausen, sei die Gebäudedigitalisierung kurz vor einem Innovationssprung gewesen. „Wir waren damals die Speerspitze“, so der 56-Jährige. Heute, drei Jahrzehnte später, seien die Themen Digitalisierung und Energieeffizienz immer noch „der Hit“.

Der Geschäftsbereich Energie machte 2018 rund 40 Prozent des Umsatzes aus. Fast gleichauf liegen die im Laufe der Jahre dazugekommenen Geschäftsfelder Engineering und Consulting. In Ersteres fällt etwa die klimatechnische Gebäudeausrüstung des Konzertsaals in der Elbphilharmonie. Consulting wiederum steht für Unternehmensberatung bei Organisationsprozessen, Geschäftsmodellen oder Projektmanagement. Rund ein Fünftel des Umsatzes entfällt auf das Standbein IT-Lösungen und Software. M&P ist Partner von Microsoft und passt deren Geschäfts-Software etwa für Finanzbuchhaltungssysteme nach eigenen Angaben an die individuellen Bedürfnisse eines Betriebes an. „Hier bewegt sich viel durch die Digitalisierung, deshalb müssen wir immer auf Höhe der Zeit sein“, erklärt Clausen.

Das einstige Zwei-Mann-Start-up beschäftigt inzwischen an 18 Standorten im deutschsprachigen Raum knapp 340 Mitarbeiter. M&P hat im vergangenen Jahr rund 63 Millionen Euro Umsatz verbucht und erstmals mehr als 4 Millionen Euro Gewinn eingestrichen. „Wir sind weiter auf Wachstumskurs“, sagt Clausen. Die Gruppe investiert dafür kräftig: 2017 hat M&P 2,5 Millionen Euro in den Standort Braunschweig gesteckt, vergangenes Jahr investierte es rund 2 Millionen Euro in die eigene Digitalisierung. „Wir verfolgen eine restriktive Ausschüttungspolitik und reinvestieren Gewinn in Wachstum und Entwicklung“, sagt Clausen.

Für die kommenden drei Jahre sei ein Umsatzplus von 25 Prozent geplant, außerdem wollen die Berater mehr als 80 Mitarbeiter neu einstellen. „2018 und 2019 hatten und haben wir eine außerordentliche hohe Auftragslage“, sagt der M&P-Geschäftsführer. Im Geschäftsbereich Engineering/ Gebäudeeffizienztechnik sei das auch dem Nullzins geschuldet, der überall die Bautätigkeiten ankurbele. Auch das zunehmende gesellschaftliche Bewusstsein für Klimafragen leiste einen Beitrag. „Immer mehr Kunden kommen von sich aus mit Nachhaltigkeitsthemen auf uns zu“, sagt Clausen.

Die breite Aufstellung des Unternehmens mit der Bündelung der vier Geschäftsfelder sei ein Alleinstellungsmerkmal. Kunden wie Airbus würden beispielsweise Beratungen in allen Geschäftsbereichen in Anspruch nehmen. „Die Sinnhaftigkeit entsteht am Kunden“, sagt Clausen. „Denn die Leistungselemente sind alle anschlussfähig, aber stehen oft auch solitär“, so der Unternehmer. Projektdauer und -verdienst sind ihm zufolge unterschiedlich. „Das geht von der energetischen Untersuchung zweier Klimaanlagen bis hin zu Mehrjahres-Aufträgen samt SAP-Einführung“, sagt Clausen.

Am Elbphilharmonie-Projekt war auch die Ostfalia-Hochschule beteiligt. „Wir fühlen uns der Hochschule noch sehr verbunden“, sagt der Alumnus. Mitarbeiter von M&P haben die Klimatisierung des Großen Saals der Philharmonie dort in einem Klimalabor simuliert. Unter anderem haben sie den Ausschnitt eines Zuschauerraums im Maßstab 1:1 mit Originalstühlen nachgebaut und Luftströmungsversuche durchgeführt. Was an der Ostfalia entwickelt wurde, baute M&P später als Lüftungssystem im Großen Saal der Philharmonie ein und überprüfte sie während Testkonzerten und besserte nach. Clausen sagt: „Jetzt haben Sie im Konzertsaal immer das Gefühl, sie sitzen dort in angenehmer, frischer Luft.“