Braunschweig. Der Chef der Media-Märkte Braunschweig und Salzgitter will mit Service die Online-Konkurrenz ausstechen.

Media-Markt und Saturn haben mit der Konkurrenz durch Online-Händler schwer zu kämpfen. Die einst üppigen Gewinne der Ketten sind dahingeschmolzen. Europas größte Elektronikhandelskette hat sich ein Effizienzsteigerungsprogramm und eine strategische Neuausrichtung verordnet. Unter anderem eine neue Preisstrategie soll neuen Schwung geben: Ab Sommer ist eine auf Datenanalyse und künstliche Intelligenz gestützte, zentrale Preisgestaltung geplant. Außerdem soll das Online- sowie das Service-Angebot ausgebaut werden. Wie die Filialen mit der Konkurrenz aus dem Internet umgehen, berichtet Mirko Rüsing im Interview mit Armin Maus. Der 45-Jährige ist Geschäftsführer der Märkte in Braunschweig und Salzgitter.

Media-Markt feiert seinen 40. Geburtstag. Inzwischen hat der stationäre Handel einen starken Wettbewerb durch den Online-Handel bekommen. Wie geht es Ihnen in den Märkten Braunschweig und Salzgitter mit der Konkurrenz?

Wir setzen seit vielen Jahren auf Multi-Channel, sprich: Wir haben unseren Online-Shop eng mit den Märkten vor Ort verzahnt, so dass unsere Kunden die verschiedenen Verkaufskanäle beliebig miteinander kombinieren können. Das heißt auch, dass wir im Laden die gleichen Preise haben wie online, und diese sind absolut konkurrenzfähig, da brauchen wir den Vergleich nicht zu scheuen.

Noch wichtiger ist für uns aber, dass wir die Vorteile des stationären Handels hier in Braunschweig und Salzgitter voll ausspielen: Die Kunden können die Produkte in die Hand nehmen, ausprobieren. Unsere Mitarbeiter erklären die Produkte, genau darum geht es. Wir wollen attraktiver sein als der Wettbewerb – das geht nur mit unseren Mitarbeitern. Einen Artikel können Sie bei uns übrigens wie im Online-Handel 14 Tage lang zurückgeben, selbst wenn er ausgepackt wurde.

Ist der persönliche Kontakt durch die Mitarbeiter also noch wichtiger als vor 40 Jahren?

Definitiv. Früher gab es keine Vergleichsportale, und Sie konnten sich nicht schon vor dem Ladenbesuch über Ihr Wunschprodukt informieren. Heute sind unsere Verkäufer noch intensiver geschult. Die Kunden lesen und vergleichen vorher, unsere Mitarbeiter müssen also in dieser schnelllebigen Welt immer auf dem neuesten Stand sein.

Online ist schnell der Knopf gedrückt. Der Kunde, der in den Laden kommt, will aber einen zusätzlichen Mehrwert. Und den bekommt er bei uns, indem wir vor allem unser Service-Angebot deutlich ausgebaut haben. Ein defektes Smartphone reparieren wir deshalb direkt vor Ort, das geht meist innerhalb von zwei Stunden. Gegen eine Service-Gebühr stellen wir zum Beispiel ein Navigationsgerät schon so ein, dass Sie direkt losfahren können. Das geht online nicht.

Trotzdem: Der Online-Handel ist für uns unverzichtbar. Im Internet machen wir bereits mehr als 10 Prozent unseres Umsatzes. Wenn der Kunde um 21 Uhr online ein Produkt kauft, liegt es am nächsten Morgen abholbereit im Markt, wenn er es sich nicht schicken lassen will.

Denn die meisten Artikel haben wir vorrätig. Und dieser Service wird immer beliebter: Mehr als jeder zweite Kunde, der bei uns online bestellt, holt in seinem Media-Markt vor Ort ab.

Wie groß ist das viel zitierte Problem, dass sich der Kunde im Laden beraten lässt, dann aber woanders kauft?

Wissen Sie, es gibt auch sehr viele Kunden, die sich online informieren und dann im Markt kaufen. Für uns gilt der Grundsatz: Jeder bekommt die gleiche Beratung. Und wenn ein Kunde zum Beispiel erst in drei Wochen kaufen will, wenn sein Weihnachtsgeld da ist, dann soll er sich an das gute Gespräch mit unserem Mitarbeiter erinnern. Das ist unser Ziel. Es ist ein No-Go, zu denken, dass ein Kunde nichts kauft.

Was ist die größte Veränderung beim Sortiment?

Es geht immer mehr in Richtung smarte, also intelligente Bedienung: Die erste Frage der Kunden ist, ob ein Gerät internetfähig ist. Auch Sprachsteuerung wird immer beliebter. Bei Fernsehern zum Beispiel reden wir heute über Geschmacksfragen wie etwa Farben – inzwischen gibt es kein schlechtes Bild mehr. Die Kunden wünschen sich beispielsweise, dass die Fernbedienung schon eine Taste für ihren Streamingdienst hat. Der Kunde ist heute Partner auf hohem Niveau.

Die Bedienung smarter Geräte kann ganz schön anspruchsvoll sein. Helfen Sie Ihren Kunden dabei?

Klar, gerade das ist ja auch eine der Stärken, die wir hier vor Ort ausspielen können. Außerdem haben wir mit der Deutschen Technikberatung einen starken Partner. Gegen eine Service-Gebühr kommen die Technikberater zu Ihnen nach Hause, binden Ihnen beispielsweise Ihren neuen Fernseher ins Heimnetzwerk ein, erklären, wie Sie ihn mit dem Tablet steuern und vernetzen ihn auch gleich noch mit der Soundanlage. Und wenn ein Gerät mal nicht funktioniert oder unser Partner nicht so schnell verfügbar ist, schicken wir eigene Mitarbeiter. Ein Kühlschrank zum Beispiel muss ja im Sommer sofort ersetzt werden.

Wie wichtig sind ergänzende Dienste und Produkte wie zum Beispiel Elektro-Roller?

Wir setzen natürlich auf aktuelle Trends wie zum Beispiel E-Scooter, Segways oder Drohnen. Entsprechend richten wir unsere Sortimente darauf aus. Die Kundenbedürfnisse verändern sich. Durch die Streamingdienste bieten wir nicht mehr so viel Musik und Filme an, wobei wir immer noch 350.000 Titel vorhalten oder auch Plattenspieler und Vinyl. Unsere Mitarbeiter sind natürlich auch mit großem Engagement dabei, dass wir am Puls der Zeit sind. Zudem überlege ich auch zusammen mit meiner Familie, welche Produkte wir anbieten sollten. Mein Sohn und meine Tochter wachsen aber sehr dosiert mit den neuen Technologien auf. Sie sollen noch ein bisschen Entschleunigung von früher mitbekommen.

Was hat Sie dazu bewegt, in Salzgitter einen zweiten Standort zu eröffnen?

Wir wollten in einer großflächigen Stadt wie Salzgitter die Wege der Kunden verkürzen, bisher hatten sie vor Ort ja keinen Media-Markt. Die Menschen dort sind übrigens unglaublich freundlich, da kommt die ganze Familie.

Wer in Salzgitter kauft, kommt natürlich nicht mehr nach Braunschweig. Aber wir holen in Salzgitter hohe Marktanteile.

Um es nochmal laut und deutlich zu sagen: Immer wieder wurde ja gemunkelt, dass der Markt schließt. Nein. Wir werden einen Teufel tun, diesen Markt wieder zuzumachen.

In Braunschweig haben Sie Millionen in den Umbau investiert. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis.

Wir haben den Standort seit 1987 betrieben und ihn komplett entkernt, das war schon aus energetischen Gründen sinnvoll. Wir haben allerdings länger gebraucht als geplant, vor allem der Brandschutz ist heute ein großes Thema. Der Verkaufsraum war pünktlich nach neun Monaten fertig, aber inklusive Lager und Warenannahme sind es zwei Jahre geworden. Aber es hat sich gelohnt.

Wir haben auch mal überlegt, etwas weiter raus zu gehen, dem aber eine klare Absage erteilt. Ich selbst finde die Braunschweiger Innenstadt klasse, hier bekommen Sie alles. Und wir haben zwei Parkhäuser vor der Tür. Im Welfenhof und in der Burgpassage muss allerdings etwas passieren. Ich freue mich, dass das Konrad-Koch-Quartier so gut funktioniert.

Was halten Sie von der Sorge, dass die Innenstädte veröden und der Einzelhandel verschwindet?

Wenn du willst, dass alles so bleibt, wie es ist, musst du bereit sein, alles zu verändern. Wir sollten das Internet als Chance nutzen und mitspielen. Kreativität und Mut sind gefragt. Dann wird es die attraktive Innenstadt auch in Zukunft geben.