Hamburg. Hypothekendarlehen gibt es schon für weniger als ein Prozent. Doch die Immobilienpreise in vielen Städten steigen immer weiter.

Zwar steigen die Immobilienpreise in vielen Städten weiter, doch die Zinsen für Baufinanzierungen sinken. Bei einer zehnjährigen Zinsbindung verlangen einige Anbieter wie die PSD Bank Nord, Allianz oder Santander Bank weniger als ein Prozent Zinsen.

Damit sind Baufinanzierungen fast so günstig wie im Sommer 2016, dem bisherigen historischen Tiefpunkt bei den Konditionen für Hypothekendarlehen. Damals konnte man einen zehnjährigen Kredit zum Zinssatz von 0,69 Prozent bekommen. Wie tief können die Zinsen noch fallen? Welche Zinsbindung ist optimal? Unsere Redaktion beantwortet mit Hilfe von Experten die wichtigsten Fragen.


Warum ist Baugeld so günstig?

Die Entwicklung ist überraschend. Denn eigentlich hatten Experten in diesem Jahr mit leicht steigenden Zinsen gerechnet. Das hätte sich auch auf Baufinanzierungen ausgewirkt. Doch innerhalb weniger Wochen hat sich die Lage komplett verändert. Einen Ursache sieht Marco Bargel, Chefvolkswirt der Postbank, in einer ausgeprägten Konjunkturschwäche, „die sich wegen der andauernden Belastungen aus dem bevorstehenden Brexit und dem US-Handelsstreit mit China und Europa noch fortsetzen wird“.

Die EU-Kommission senkte die Prognose für das Wirtschaftswachstum der Euro-Zone von 1,9 Prozent auf 1,3 Prozent. Vor diesem Hintergrund wird es in diesem Jahr keine Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) mehr geben. Von seinen ursprünglichen Zinserhöhungs-Plänen ist EZB-Präsident Mario Draghi wieder abgerückt. „In unsicheren Zeiten fließt das Geld der Großinvestoren in festverzinsliche Wertpapiere, bevorzugt in Bundesanleihen“, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Wegen der großen Nachfrage sinkt die Verzinsung dieser Papiere.

Das hat auch Auswirkungen auf die Pfandbriefe, mit denen sich Banken bei Baukrediten refinanzieren. Die Verzinsung der Pfandbriefe liegt etwa einem halben Prozentpunkt über den der Bundesanleihen. Sinkt die Verzinsung der Pfandbriefe, sinken auch die Zinsen für Baufinanzierungen.


Wo bekommt man niedrige Zinsen?

Von den 31 Zinskonditionen für Bauherren, die die Verbraucherzentrale bei einer zehnjährigen Zinsbindung auflistet, haben acht Anbieter Konditionen von weniger als einem Prozent Zinsen. Diese günstigen Konditionen werden gewährt, wenn nicht mehr als 80 Prozent des Verkehrswertes finanziert werden müssen. Angeboten werden sie vor allem von Baugeldvermittlern wie Hypo-Hamburg (Effektivzins 0,94 Prozent), Baufi-Nord (0,97 Prozent) oder Creditweb (0,97 Prozent).

Immobilienkäufer werden aber auch direkt bei Banken fündig. Nach einer Übersicht der FMH-Finanzberatung verlangt die Degussa Bank einen Effektivzins von 0,87 Prozent, ebenso die Santander Bank. Bei der Allianz werden 0,95 Prozent fällig. Die PSD Bank Nord verlangt 0,96 Prozent Zinsen. Den Konditionen lag die Anfrage über eine Finanzierung über 300.000 Euro bei einem Kaufpreis von 500.000 Euro zugrunde. Wer 400.000 Euro finanzieren muss, kann schon nicht mehr mit Zinsen von unter einem Prozent rechnen. „Je mehr Eigenkapital eingebracht werden kann, desto günstiger fallen die Konditionen aus“, sagt Herbst.

In einer besonders guten Verhandlungsposition gegenüber den Banken ist, wer nicht mehr als 60 Prozent des Verkehrswertes der Immobilie finanzieren muss. Doch auch wer mehr als ein Prozent Zinsen zahlen muss, kann den Immobilienkauf günstig finanzieren. Zum Vergleich: 2008 mussten Käufer im Schnitt 4,6 Prozent Zinsen zahlen, 2013 noch 2,7 Prozent.


Wie lange bleiben die Zinsen noch niedrig?

Alle Prognosen zu einem Zinsanstieg haben sich bisher als Makulatur erwiesen. Das muss natürlich nicht auf Jahre so bleiben, aber für die nächsten Monate werden kaum steigende Konditionen erwartet. „Bauherren können durchaus darauf spekulieren, dass der Abwärtstrend noch eine Weile anhält“, sagt Herbst.

Er hält weitere Abschläge von bis zu 0,15 Prozentpunkten für möglich. Im weiteren Jahresverlauf ist lediglich mit leichten Auf-und-Ab-Bewegungen bei den Zinsen zu rechnen. „Es ist schon ungewöhnlich, dass die Zinsen so lange auf einem historisch niedrigen Niveau verharren“, sagt Herbst.


Wie lang sollte die Zinsbindung sein?

Zinsen von weniger als einem Prozent gibt es nur bei einer Laufzeit von fünf und zehn Jahren. Verbraucherschützer raten zu einer längeren Zinsbindung, wenn mehr als 100.000 Euro finanziert werden sollen. „Der Vorteil ist, dass man sich die niedrigen Zinsen für einen längeren Zeitraum sichert und so mehr Planungssicherheit hat“, sagt Herbst. Im Schnitt liegen die Zinsen für eine 15-jährige Zinsbindung bei 1,61 Prozent. Aber es gibt auch deutlich günstigere Angebote. „Deshalb sollte man mehrere Angebote einholen“, rät Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Bei der Allianz gibt es eine 15-jährige Zinsbindung für 1,20 Prozent und bei der PSD Bank für 1,36 Prozent. Der entscheidende Vorteil bei einer längeren Zinsbindung ist die geringere Restschuld: Bei einem Kredit von 300.000 Euro über zehn Jahre sind es noch rund 206.000 Euro, nach 15 Jahren sind es noch etwa 152.000 Euro Restschuld. „Wenn dann ein neuer Kreditvertrag abgeschlossen werden muss und die Zinsen bis dahin gestiegen sind, ist das ein großer Vorteil“, sagt Herbst. Die Mehrbelastung durch die höheren Zinsen liegt bei rund 100 Euro im Monat. Außerdem kann der Kredit vom Immobilienkäufer nach zehn Jahren ohne Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden.


Wie entwickeln sich die Immobilienpreise?

In Deutschland verdoppelten sich seit 2008 die Umsätze mit Immobilien. 2018 waren es laut amtlicher Gutachter 260 bis 270 Milliarden Euro, insbesondere in den Städten stiegen die Preise. Die Vorteile einer günstigen Finanzierung werden durch die höheren Immobilienpreise wieder aufgezehrt. Gleichzeitig befördern die niedrigen Zinsen den Immobilienboom, denn für relativ wenig Geld lassen sich hohe Kreditsummen schultern.