Wolfsburg. Der VW-Betriebsratschef Osterloh reagiert auf die Kritik Wolfgang Porsches. Und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Geschäftsführung.

Volkswagen-Betriebsratschef Bernd Osterloh hat sein Unternehmen aufgefordert, aus schweren Managementfehlern Konsequenzen zu ziehen. „Es kann nicht sein, dass hier Milliarden versenkt werden und das bleibt ohne Folgen“, erklärte Osterloh am Freitag gegenüber der „Braunschweiger Zeitung“.

„Das ist der Belegschaft, die den Wandel nicht nur erlebt, sondern aktiv gestaltet, nicht zu vermitteln.“ Allein das „mangelhafte Management“ des neuen Abgastestverfahrens WLTP habe den Konzern im vergangenen Jahr „mindestens eine Milliarde Euro“ gekostet. Volkswagen habe den Produktionsstart wichtiger Fahrzeuge mehrfach verschieben müssen, „weil das Management es nicht im Griff hat“.

Osterloh reagierte damit auf deutliche Kritik des Volkswagen-Gesellschafters Wolfgang Porsche. Porsche hatte von verkrusteten Strukturen bei Volkswagen gesprochen. „Das schwierigste Thema ist Wolfsburg und der Grund dafür ist das dortige System, wenn wir eine Zukunft haben wollen“, sagte Porsche in Genf dem „Handelsblatt“.

VW-Betriebsratschef: Umbau des Unternehmens nicht behindert

Der Betriebsratschef verwahrte sich gegen den Vorwurf, den Umbau des Unternehmens zu behindern. „Wir haben als Betriebsrat den Umbau noch nie aufgehalten.“ Mit Ralf Brandstätter, der die Marke VW verantwortet, und Personalvorstand Gunnar Kilian habe man eine „gemeinsame Sichtweise“. Themen wie Effizienzsteigerung, Zukunftsarbeitsplätze, agiles Arbeiten, Investitionen in neue Büroarbeitsplätze und Beschäftigungssicherung müssten besprochen werden.

„Damit starten wir aber erst, wenn die Frage der Verantwortlichkeiten an anderer Stelle geklärt sind“, so Osterloh. „Derzeit liegen die weiteren Gespräche auf Eis. Wir wollen erst Antworten im Aufsichtsrat, wie wir mit den großen Fehlentwicklungen im Unternehmen umgehen. Wer trägt dafür die Verantwortung? Welche personellen Konsequenzen hat das?“

BR-Chef Osterloh lobt die Arbeit von Ralf Brandstätter

Herbert Diess (r), Vorstandsvorsitzender, und Bernd Osterloh, Vorsitzender des Gesamt- und Konzernbetriebsrats.
Herbert Diess (r), Vorstandsvorsitzender, und Bernd Osterloh, Vorsitzender des Gesamt- und Konzernbetriebsrats. © dpa | Peter Steffen

Osterloh attestierte Brandstätter gute Arbeit: Das „Desaster“ des vergangenen Jahres hätten andere zu vertreten. Osterloh sprach Vorstandschef Herbert Diess nicht direkt an, ergänzte auf Nachfrage aber: „So wie Bernd Osterloh nicht allein für alles verantwortlich ist, was beim Betriebsrat passiert, ist auch ein CEO nicht allein für alles verantwortlich, was nicht richtig läuft. Aber eine Gesamtverantwortung tragen Chefs immer.“

Die Zukunftsfähigkeit Volkswagens stehe auf dem Spiel: „Ich habe in 40 Jahren bei Volkswagen noch nie solche Probleme im Entwicklungsbereich erlebt. Darüber muss man sich ernsthafte Sorgen machen.“ Der Betriebsrat erwartet nach wie vor den Abbau von Arbeitsplätzen in den indirekten Bereichen in vierstelliger Größenordnung.

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Vorstand geht von Abbau von 5000 bis 7000 Stellen aus

„Wir haben den Vorstand schon vor fast zwei Jahren darauf hingewiesen, dass die Einführung neuer und moderner IT-Systeme zu einem Stellenabbau in den indirekten Bereichen führen wird“, erklärte Osterloh und ergänzte, der Vorstand gehe von einem Abbau von 5000 bis 7000 Stellen aus.

Darüber müsse aber verhandelt werden. Die Arbeitnehmervertreter fordern eine „Roadmap Digitalisierung“, „damit wir vorausschauend über die nächsten Jahre die Altersteilzeit nutzen können, um unsere Personalbedarfe so anzupassen, dass sie zu den aus Digitalisierung resultierendem Aufgabenentfall passen“.

Ausbildungsberufe werden verändert, bedarfsgerechterer Zulauf

Gleichzeitig werde Volkswagen in „Zukunftsfeldern wie unserem Digitalbereich“ weiter Beschäftigung aufbauen. Zur Kritik Porsches an der hohen Zahl der Auszubildenden sagte Osterloh: „Wir sind mit dem Personalwesen beispielsweise längst dabei, die Ausbildungsberufe zu verändern. Künftig werden wir mehr Studenten im Praxisverbund einstellen, ebenso mehr in IT-Berufen ausbilden. Der VW ID - Wie Volkswagen Händler auf E-Autos einschwört.

Dadurch senkt sich automatisch der Zulauf in den Berufsgruppen, wo wir weniger Bedarf haben. Aber anscheinend hat jemand vergessen, dass Herrn Dr. Porsche zu erzählen.“ Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wollte die Auseinandersetzung bei Volkswagen nicht kommentieren, hat aber offenbar Gesprächsbedarf. „Das besprechen wir in den Gremien“, sagte er unserer Zeitung am Rande einer Tagung des Niedersächsischen Landkreistages in Bad Lauterberg.