Berlin. Nach der Pleite eines Stromanbieters kritisieren Verbraucherschützer Vergleichsportale und fordern Konsequenzen. Der Bund reagiert nun.

Günstige Stromanbieter finden, Flugpreise vergleichen oder das beste Hotelzimmer für den Urlaub buchen: Vergleichsportale wie Check 24 oder Verivox werben damit, Verbrauchern in diesen Fällen zu helfen – und werden gerne genutzt.

Verbraucherschützer fordern der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge nun allerdings die Einführung einer Haftungspflicht für solche Web-Portale. Anlass dafür sind mehrere Insolvenzen – unter anderem die das Billigstromanbieters BEV vor wenigen Tagen.

Bundesweit wurden Kunden von BEV mit günstigen Preisen gelockt – durch Plattformen wie Check24 oder Verivox. Zuletzt waren allerdings die Kundenbeschwerden gestiegen und die Preise schließlich massiv erhöht worden – was auch die Vergleichsportale zum Umschwenken brachte. Eine Flucht nach vorne?

Inwieweit tragen Plattformen Verantwortung gegenüber Verbrauchern?

Denn es stellt sich die Frage: Inwieweit sind die Portale mitverantwortlich für das in Schieflage geratene Geschäftsmodell des Billiganbieters BEV? Nach ähnlichen Debakeln mit anderen Anbietern wie Teldafax oder Flexstrom fordern Verbraucherschützer nun handfeste Konsequenzen.

Laut dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ pocht der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) darauf, eine Haftung für Internet-Vergleichsportale einzuführen. Die Bundesregierung müsse die Verantwortung der Plattformen gegenüber Verbrauchern und Anbietern umfassend definieren, wird Vorstand Klaus Müller zitiert.

Als Reaktion darauf wolle das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz dem Bericht zufolge offenbar strengere Kontrollen durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) prüfen lassen. Als Bundesbehörde ist die BNetzA unter anderem zuständig für die Regulierung des Wettbewerbs unter Strom- und Gasanbietern.

Verbraucherschützer kritisieren Praktiken seit Jahren

Damit geht die Regierung auf Forderungen von Verbraucherschützern ein, für die sie schon seit Jahren einstehen. Diese nehmen die Praktiken von Vergleichsportalen beständig kritisch unter die Lupe. Schwerwiegende Kritikpunkte an Web-Plattformen aus verschiedenen Branchen lauten unter anderem wie folgt:

  • Finanzdienstportale, die Vergleiche für Versicherungen, Girokonten und Kredite anbieten, bieten keinen umfassenden und objektiven Marktüberblick. Gerade bei Abschlüssen von Krediten oder Versicherungen kann das langfristig fatale Folgen für Verbraucher haben.
  • Flugreiseportale weisen gravierende Defizite bei der Preistransparenz auf, weil Endpreise oft nicht den ursprünglich angezeigten Preisen entsprechen. Auf den direkten Seiten der Fluganbieter laut Studien der VZBV seien häufig günstigere Preise zu bekommen.
  • Hotelvergleichsportale erhalten Provisionen, damit sie Anbieter von Zimmern besser platzieren. Ergebnisse bei Zimmervergleichen werden so enorm beeinflusst.

Eine groß angelegte Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes bestätigt einige der Vorwürfe der Verbraucherschützer nun amtlich. Laut Kartellamt machen Provisionen an Vergleichsportale bis zu 90 Prozent der Einnahmen aus. Der Untersuchung zufolge werden Verbraucher durch „verdeckte Werbung“ unzulässig in die Irre geführt.

Was in der Untersuchung des Kartellamtes unberücksichtigt bleibt, ist die Einschätzung von Nutzerbewertungssystemen bei Anbietern wie Amazon oder Google. In einer Stellungnahme verweist der VZBV darauf, dass Nutzerbewertungen gerade im Alltag von Verbrauchern bedeutend seien und auch diese unter die Lupe genommen werden sollten.

Vorsicht bei Sonder- und Rabattaktionen

Vorsicht geboten ist auch bei Sonderaktionen wie Rabattangeboten durch solche Portale. So erregte Check24 im Herbst 2018 Aufsehen durch eine Sonderaktion zum zehnjährigen Bestehen.

Kunden erhielten dabei für mehrere Monate Vergünstigungen bei Neuabschlüssen. Weil dies nicht rechtens ist, hat der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute Check24 bereits abgemahnt.