Hamburg/Berlin. Der Münchner Billig-Stromanbieter BEV lockte mit Bonus-Zahlungen und günstigen Tarifen. Was Kunden nach der Pleite jetzt wissen müssen.

Der Energieversorger Bayerische Energieversorgungsgesellschaft (BEV Energie) lockte Hunderttausende Kunden mit Billigangeboten, meist über Vergleichsportale wie Check24 und Verivox. Jetzt ist der Stromanbieter pleite. Nach ersten Schätzungen von Experten sind von der Insolvenz des Münchner Unternehmens deutschlandweit rund 500.000 Verbraucher betroffen.

Schon vor der Pleite fiel der Billig-Anbieter immer wieder negativ auf. Kunden beschwerten sich über ausbleibende Rückzahlungen. Nun könnten viele noch mehr Geld verlieren. Was wird nun etwa aus den versprochenen Kundenboni? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was ist der Grund für die Pleite von BEV Energie?

Mit hohen Bonuszahlungen und günstigen Tarifen hat sich BEV Energie über lange Zeit eine Spitzenplatz in den Vergleichsportalen Check24 und Verivox gesichert. Hinzu kamen positive Kundenbewertungen bei diesen Portalen.

Noch im vergangenen Jahr konfrontierte der Versorger seine Kunden mit drastischen Preiserhöhungen innerhalb der abgegebenen Preisgarantie. „Es ist anzunehmen, dass der Anbieter von den stetig steigenden Preisen an der Strombörse überrascht wurde“, sagt Jan Rabe, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens Wechselpilot, das den Stromanbieterwechsel für Kunden organisiert und überwacht.

In den vergangenen zwei Jahren haben sich die Großhandelspreise an der Leipziger Strombörse verdoppelt, zuvor waren sie allerdings viele Jahre gefallen. „Wir haben den Anbieter schon seit anderthalb Jahren nicht mehr vermittelt“, sagt Rabe. „Denn das Verhältnis von Arbeitspreis (Preis für die Kilowattstunde) und Bonus war für das Unternehmen so ungünstig, dass sich daraus kein profitables Geschäftsmodell ableiten lässt.“

Nach Tarifdaten von BEV Energie, die unserer Redaktion vorliegen, wurde die Preispolitik des Discounters im Jahresverlauf 2018 immer aggressiver. Allein der Sofortbonus stieg von Januar bis Oktober von 140 auf 160 Euro. Gleichzeitig sank der monatliche Grundpreis um 14 Prozent und der Arbeitspreis um zwei Prozent. „Wenn Anbieter mit intransparenten Preismodellen arbeiten, die deutlich unter ihren tatsächlichen Kosten liegen, ist ihr finanzielles Risiko riesig“, sagt Rabe. „Verbraucher bemerken die Misere häufig erst, wenn es zu spät ist.“

Was droht nun betroffenen Kunden?

Bei vielen Vertragsabschlüssen des Billig-Anbieters wurden den Kunden Boni in der Höhe von zum Teil dreistelligen Beträgen versprochen – das Geld könnte nun weg sein. Es ist derzeit unklar, ob in der Insolvenzmasse genug zur Verfügung steht. Ähnlich verhält es sich mit zu hohen Abschlagszahlungen. Kunden, die zuletzt weniger Energie verbraucht haben, dürften auf dem Differenzbetrag sitzen bleiben.

So groß wie bei der Pleite des Billig-Energieversorgers Teldafax 2011 dürfte der Schaden für den einzelnen Kunden allerdings nicht sein. Damals hatten Hunderttausende Kunden ihrem Strom bis zu ein Jahr im Voraus bezahlt – zurückbekamen sie nichts nach der Pleite. Doch die Vorkasse-Tarife sind heute kaum mehr verbreitet, auch bei BEV-Kunden nicht.

Wird der Strom nun abgestellt?

Nein, die BEV hat zwar die Belieferung eingestellt, vom Strom sind betroffene Kunden dennoch nicht abgeschnitten. Nun springt ein Ersatzversorger ein, der jedoch meist teurer ist. Er orientiert sich an den Preisen des Grundversorgers vor Ort. Verbraucherzentralen empfehlen daher einen Preisvergleich.

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Muss ich den Vertrag bei BEV und die Einzugsermächtigung kündigen?

BEV versichert, dass es im Februar keinen Lastschrifteinzug mehr geben wird. Auch eine Vertragskündigung sei nicht notwendig. „Nur wer ganz sicher gehen will, kann seine Einzugsermächtigung widerrufen“, sagt Michael Knobloch, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg.

Wie müssen Kunden mit Nachzahlung umgehen, die sie an BEV zu leisten haben?

Energielieferungen, die bis zur Einstellung der Belieferung erfolgten, sind zu bezahlen. Dafür wurde vom Insolvenzverwalter ein Sonderkonto eingerichtet. „Aber man kann die Forderung mit dem Bonus verrechnen und nur die Differenz überweisen“, sagt Knobloch. Das gilt vor allem für den Sofortbonus, der gleich nach Vertragsabschluss fällig wird. Allerdings müsse man in diesem Fall damit rechnen, dass das vom Insolvenzverwalter angefochten wird, sagt Knobloch. „Aber man kann es versuchen.“

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Drohen weitere Pleiten von Energieversorgern?

„BEV Energie ist schon ein sehr spezieller Fall, weil die Boni sehr hoch waren“, sagt Rabe. Doch schon in der Vergangenheit gab es Pleiten von Billiganbietern. Vor zwei Jahren musste der Hamburger Anbieter Care Energy Insolvenz anmelden. Er hatte versucht, Strom unter Umgehung der Umlage für erneuerbare Energien besonders günstig anzubieten. Auch die Stromanbieter Teldafax und Flexstrom scheiterten.