Berlin. Immer mehr eingedeutschte englische Ausdrücke sickern in unseren Sprachgebrauch. Macht Sinn, findet unsere Kolumnistin. Oder nicht?

Es fing mit der Corona-Pandemie an. Vielleicht lag es daran, dass die Leute im ersten Lockdown wie verrückt Netflix guckten – und damit ihr Gehirn nicht durch die ganzen oberflächlichen Synchron-Dialoge unterversorgt wird, gewöhnten sie sich oft an, Serien wie „Bridgerton“, „Suits“ oder „Downton Abbey“ in Originalsprache zu schauen. Vielleicht ist es aber auch der TikTok-Hype, vielleicht sind es diese ganzen Influencer, die mit aufgerissenen Augen im immer gleichen US-Duktus über Kochrezepte reden, ihr Body-Treatment, ihre Hacks für den Haushalt.

Meinen Erweckungsmoment hatte ich, als wir alle im Homeoffice vor unseren Bildschirmen saßen und debattierten, keine Ahnung, worum es ging, wahrscheinlich um irgendeine Bildauswahl. Da kam der Satz: „Ich bin damit fein.“ Eine Kollegin antwortete: „Ich auch.“

Anglizismen: Wo kommt dieser zarte Sprachgebrauch her?

Als ich das zum ersten Mal bewusst wahrnahm, wunderte ich mich über diesen irgendwie zarten Sprachgebrauch von ansonsten so hemdsärmeligen Kollegen und widerstandsfähigen Kolleginnen. Schnell wurde mir klar: Zugrunde liegt der englische Ausdruck: „I’m fine with it.“

Ganz offensichtlich ist da etwas im Gange, was über die üblichen Anglizismen in unserer Sprache hinausgeht. Vielmehr sickert der englische Sprachgebrauch samt Grammatik in unseren Satzbau, in unsere Art, uns auszudrücken. Ich nenne es mal: Syntax-Anglizismen. Und Grammatik-Anglizismen.

„Ich bin damit fein“, klingt noch ein wenig seltsam. Längst üblich ist: „Das macht Sinn“ – die eingedeutschte Fassung von „makes sense“. Würde „makes sense“ korrekt übersetzt, müsste es heißen: Das ergibt Sinn. Oder: Das ist sinnvoll.

Brigitta Stauber / Funke Zentralredaktion am 2. Juni 2021. Foto: Reto Klar / Funke Foto Services
Brigitta Stauber / Funke Zentralredaktion am 2. Juni 2021. Foto: Reto Klar / Funke Foto Services © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Unser Pronomen „man“ übrigens ist regelrecht vom Aussterben bedroht, vor allem unter den Promis. Die sprechen nur noch in der zweiten Person, wenn sie unspezifisch etwas verallgemeinern, obwohl sie eigentlich über sich reden, zum Beispiel sagte Marius Müller Westernhagen neulich gegenüber dieser Redaktion: „Als Musiker wie als Schauspieler brauchst du jederzeit Zugriff auf deine Gefühle.“ Und die frühere Fußballnationalspielerin Turid Knaak verglich in der ARD die Trainingssituation der deutschen Mannschaft mit ihren Erfahrungen während der Vorbereitung auf Weltturniere: „Du hast natürlich viel mehr Zeit, Dinge einzustudieren.“

„Tatsächlich“ am Satzanfang: Das ist auch so eine neue Gewohnheit

Ich selbst bin davon auch nicht frei: Tatsächlich gefiel mir das „man“ noch nie, ich finde das „du“ viel lebendiger, persönlicher. („Tatsächlich“ am Satzanfang ist auch so ein Trend. Influencer setzen gern vor jeden Satz „Actually“ oder „In fact“).

Und dann die Tochter, die derzeit in ihrem internationalen Studiengang nur Englisch redet. „Ich fühl dich“, sagt sie neulich zu mir, als ich über Stress und Zeitmangel klage. „Wie, du fühlst mich“? Sie korrigiert die Übersetzung von „I feel you“ leicht genervt: „Ich kann das nachvollziehen.“

Franziska Giffey – die lässt unser Freund dann auch noch „rennen“ für das Amt

Der Höhepunkt ist der Freund aus München, der viel lieber in den USA leben würde. Wir erzählen, dass in Berlin neu gewählt werden muss. Und dass Franziska Giffey wieder Spitzenkandidatin der SPD ist. „Was“, sagt er, „sie rennt wieder – nach dem ganzen Chaos?“ Es ist der Moment, an dem ich richtig Spaß bekomme an diesem seltsamen Trend. „She is running for Regierende Bürgermeisterin“, sage ich und brauche lange, um ernst zu werden. Der Freund grinst zwar, aber ich merke, dass er das ganz normal findet, Leute rennen zu lassen – statt zu kandidieren.

Ich dreh jetzt mal den Spieß um. Stellen wir uns vor, wir würden so oberflächlich mit der englischen Sprache umgehen, wie wir es in unserem lässigen internationalen Geschwafel mit der deutschen Sprache tun. Schnell wären wir auf dem Niveau von „English for Runaways“, dem Englisch-Kurs von Otto.

Ich könnte mich dann für meine Fehler entschuldigen, indem ich sage: „My English is under all pig.“ Und wenn ich was verstanden habe, sage ich: „Now goes me a light up.“ Ich google Otto-Englisch und stoße auf „Lübke-Englisch“. Die „Spiegel“-Redaktion jubelte dem früheren Bundespräsidenten Heinrich Lübke 1965 den Satz unter, den er beim Staatsbesuch der Queen gesagt haben soll. „Equal goes it loose.“ Sollte heißen: „Gleich geht es los.“ Hinterher kam heraus, stimmte alles nicht. Ich sage dazu nur: What shalls.

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