Berlin. Ist es schlimm, wenn man ab und zu zu spät zur Arbeit kommt? Welche Konsequenzen drohen? Eine Fachanwältin für Arbeitsrecht klärt auf.

Mal hat die Bahn Verspätung, mal steckt man mit dem Auto im morgendlichen Berufsverkehr und mal ist man einfach zu spät aufgestanden – aus einem dieser Gründe ist wohl fast jeder Mensch schon einmal zu spät zur Arbeit gekommen. Man hetzt sich also ab, kommt verschwitzt ins Büro und stellt sich unweigerlich die Frage: Wird mein Zuspätkommen irgendwelche Konsequenzen haben?

"Sofern dies ein oder vielleicht auch ein zweites Mal passiert, wird der Arbeitgeber vermutlich ein Auge zudrücken", erklärt Livia Merla, Fachanwältin für Arbeitsrecht der mgp-Kanzlei in Berlin, auf Anfrage dieser Redaktion. Es mache zwar nicht den besten Eindruck, sei, so Merla, aber "irgendwo auch menschlich".

Wenn man daher einmal versehentlich zu spät kommt, dürfe eine arbeitsrechtliche Sanktion wie zum Beispiel eine Abmahnung laut der Fachanwältin "unverhältnismäßig" sein, getreu dem Motto "nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen".

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Unpünktlichkeit: Expertin erklärt, wann eine Abmahnung droht

Dennoch trage der Arbeitnehmer das sogenannte "Wegerisiko", wie Merla erklärt. "Dies bedeutet, dass es in seiner Verantwortung steht, rechtzeitig am Arbeitsplatz zu erscheinen und zwar gleichgültig, ob es regnet, stürmt oder schneit oder aber ein Stau die Ursache ist".

Grundsätzlich gibt es also keinen Grund, aus dem es legitim ist, zu spät zur Arbeit zu erscheinen. Wenn das dann sogar nicht nur ein oder zwei Mal vorkommt, sondern man regelmäßig zu spät ist und auch keine Besserung zeigt, sei eine Abmahnung "durchaus legitim", so Merla.

Denn eine Abmahnung setzte einen "nicht unerheblichen Pflichtenverstoß des Mitarbeiters voraus", wie die Fachanwältin erklärt, und gleiche daher einem "Warnschuss" vor Ausspruch einer Kündigung. Sollte solch eine Abmahnung keine Wirkung zeigen und man kommt weiterhin zu spät, könne nach mehrmaliger Abmahnung sogar eine Kündigung in Betracht gezogen werden.

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Zu spät kommen: Deswegen ist die Position des Mitarbeiters entscheidend

Das sei jedoch immer eine Einzelfall-Entscheidung, wie die Anwältin betont. Dabei spiele zum Beispiel eine Rolle, wie viele Minuten die betreffende Person zu spät kommt. "Eine Verspätung von zwei Minuten dürfte im Regelfall weniger schwer wiegen als eine volle Stunde", erläutert Merla.

Ausschlaggebend sei darüber hinaus auch die Position der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters. "Ist er derjenige, der morgens das Geschäft aufschließen soll, hat das Zuspätkommen weiterreichende Folgen als bei jemandem ohne Kundenkontakt", erläutert Merla.

Es müsse daher immer eine Abwägung getroffen werden, welche Maßnahme im Einzelfall verhältnismäßig ist. Eine allgemeine Aussage, wann "die kritische Schwelle" überschritten ist, könne man laut der Fachanwältin folglich nicht treffen.

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