Berlin. Die Baubranche nimmt in der Energie- und Wärmewende eine Schlüsselposition ein. Doch nicht immer ist die Sicherheit gewährleistet.

Weg von fossilen Brennstoffen wie Gas und Heizöl und stattdessen auf klimafreundliche Alternativen wie die Wärmepumpe oder die Biomasse setzen – das ehrgeizige Ziel: Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden. Dabei ist sich auch die Ampel-Koalition einig – nur bei der Frage nach dem Wie ist noch keine endgültige Antwort gefunden. Die Grünen unter Wirtschaftsminister Robert Habeck möchten eine möglichst rasche Lösung. In der FDP pocht man jedoch auf Technologieoffenheit.

Neue Heizung: Ampel einigt sich im Heizungsstreit – Was das für viele Altbauten bedeutet

Im jüngsten Kompromiss zum Heizungsgesetz konnten sich die Liberalen um Finanzminister Christian Lindner behaupten. Gleich mehrere Änderungen sind auf die Vorstellungen der Parteienspitzen zurückzuführen. Dazu zählt die kommunale Wärmeplanung bis 2028 oder auch die Gleichstellung der Pelletheizung und der H2-Gasheizung mit der Wärmepumpe. Doch ein Kernpunkt von Habecks ursprünglichem Heizungsgesetz soll nach Abschluss der Wärmeplanung in Deutschland gelten: Eine neue Heizung soll zu mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen.

Für Neu- wie auch Bestandsbauten würde das bedeuten: Eine klassische Gas- oder Ölheizung wäre de facto verboten und nur noch in Kombination mit einer klimafreundlichen Technik – etwa einer Wärmepumpe oder Photovoltaik – zulässig. Gerade in Altbauten sind solche Maßnahmen oft mit einer Sanierung verbunden. Und hier kann es für Bauarbeiter wie auch Hausbewohner gefährlich werden. In einer Mitteilung warnt die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) vor einer potenziell tödlichen Gefahr: Asbest.

Früher oft genutzt, heute aufgrund der Gesundheitsrisiken verboten: Der Dämmstoff Asbest wird gerade in der Wärmewende in vielen Altbauten ein Problem.
Früher oft genutzt, heute aufgrund der Gesundheitsrisiken verboten: Der Dämmstoff Asbest wird gerade in der Wärmewende in vielen Altbauten ein Problem. © iStock/NORRIE3699

Heizung tauschen: Baugenossenschaft warnt vor einer tödlichen Gefahr – Wo sie lauert

Asbest war wegen seiner hohen Elastizität und Bindefähigkeit lange Zeit als Dämmstoff sehr gefragt. Seit 1993 ist die Nutzung in Deutschland verboten – aus gutem Grund. Denn der Stoff gilt als krebserregend und ist nach Informationen der BG Bau die häufigste Todesursache unter den Berufskrankheiten in der Baubranche. In Neubauten kommt der Dämmstoff nicht mehr zum Einsatz. In Altbauten kann Asbest vor 1993 aber noch verbaut sein – ein Risiko für Sanierungsmaßnahmen wie den Tausch der Heizung.

Dämmstoff Asbest: Die wichtigsten Fakten auf einen Blick

EigenschaftDefinition
NameAsbest
TypMineral
Verwendung in der VergangenheitDämmstoff, Feuerschutz, Schalldämmung
HauptgesundheitsrisikenAsbestose, Lungenkrebs, Mesotheliom
Freisetzung in die UmweltKann auftreten, wenn Asbestmaterial zerbricht, zersplittert oder beschädigt wird
ErkennungSchwierig ohne professionelle Tests
EntfernungSollte immer von lizenzierten Fachleuten durchgeführt werden
Gesetzliche RegelungVerwendung in vielen Ländern – darunter Deutschland – verboten
Weiterhin vorhanden inHäufig in älteren Gebäuden und Produkten, die vor den Verboten hergestellt wurden

Verbaut ist der Stoff laut der BG Bau in der Regel ungefährlich. Doch bei Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten können Asbeststäube freigesetzt und über die Atmung aufgenommen werden. Der Verband warnt: Die Belastung über Asbestfasern kann für die Bauarbeiter schwerwiegende Folgen haben. Zu den häufigsten Krankheiten gehören etwa Asbestose, Lungenkrebs oder Mesotheliom – diese Krankheiten enden nicht selten tödlich. In der Genossenschaft ist man alarmiert.

Wichtig ist jedoch zu bedenken: Mit dem Heizungstausch an sich hat die Asbestbelastung nichts zu tun. Dass der Stoff verbaut wurde, kann nicht mehr geändert werden. Bei der Entfernung muss man jedoch vorsichtig sein – unabhängig davon, was saniert oder umgebaut wird.

Asbest ist seit Jahren eine Gefahr für die Gesundheit von Bauarbeitern. Die Zahl der Verdachtsfälle nimmt seit Jahren zu.
Asbest ist seit Jahren eine Gefahr für die Gesundheit von Bauarbeitern. Die Zahl der Verdachtsfälle nimmt seit Jahren zu. © BG Bau/Pressegrafik

Tödliche Gefahr in Altbauten: Heizungstausch trotzdem möglich – ein Fachmann klärt auf

"Vielen Eigenheimbesitzern ist die Gefahr, die von dieser tödlichen Faser ausgeht, nicht bewusst", sagt Matthias Neuser. Er ist amtierender Vorsitzender des Vorstandes der BG Bau und hatte sich auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin zu der Gefahr geäußert. Wichtig ist, sich mit der Gefahr in Bestandsbauten auseinanderzusetzen und rechtzeitig Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Norbert Kluger, Leiter der Abteilung stoffliche Gefährdungen der BG Bau, hat sich ebenfalls dazu geäußert.

Er rät in betroffenen Bestandsbauten zu einer genauen Recherche und möglicherweise auch einer Materialanalyse. "Danach müssen entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden." Die BG Bau empfiehlt ein staubarmes Arbeiten und entstehende Stäube rechtzeitig abzusaugen und zu filtern. Asbest-betroffene Arbeitsbereiche seien zudem von anderen abzuschotten. "Bei Gefährdungen sind Atemschutzmasken und staubdichte Schutzanzüge erforderlich", heißt es in der Mitteilung.

Die Grafik zeigt: Von Asbest verursachte Krankheiten sind die häufigste Todesursache in der Branche.
Die Grafik zeigt: Von Asbest verursachte Krankheiten sind die häufigste Todesursache in der Branche. © BG Bau/Pressegrafik

Statistik zeigt deutlich: Gefahr von Gift-Dämmstoff ist real – über 3000 Tote in 10 Jahren

Ein Blick in die Statistiken der BG Bau zeigt: Die Asbest-Gefahr ist real und sollte nicht unterschätzt werden. In den vergangenen zehn Jahren sind 3.376 Versicherte der BG BAU infolge einer asbestbedingten Berufserkrankung gestorben – allein im Jahr 2022 waren es 320. Auch die Zahl der Neuerkrankungen hat in Deutschland zugenommen. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 2414 neue Verdachtsfälle asbestbedingter Berufserkrankungen gemeldet. Über die Hälfte entfiel auf Krebserkrankungen wie Lungen- oder Kehlkopfkrebs.

Kluger gibt zu bedenken: "Asbest ist ein nach wie vor aktuelles Problem – denn wir müssen bei Bestandsbauten immer davon ausgehen, dass Asbest als Dämmstoff enthalten sein kann." Insgesamt zieht die BG Bau für 2022 aber ein positives Fazit bezüglich Arbeitsschutz und Berufskrankheiten. Die Anzahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle sei von 103.525 im Jahr 2021 auf 99.380 im Jahr 2022 gesunken. Auch die Zahl der meldepflichtigen Wegeunfälle (Unfälle auf dem Arbeitsweg) ging von 8.808 (2021) auf 8.298 (2022) zurück.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Ebenso rückläufig ist die Zahl der Todesfälle: 74 Beschäftigte sind infolge eines Arbeitsunfalls im Jahr 2022 gestorben – im Vergleich zu 2021 sind das elf Personen weniger. Leicht angestiegen ist stattdessen die Zahl der tödlichen Wegeunfälle (2022: 22) sowie die Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit (2022: 18.228). Neuser: "Die gute Bilanz wird in diesem Jahr durch den Anstieg bei den Berufskrankheiten getrübt." In Zukunft möchte sich die BG Bau noch stärker auf Präventionsarbeit fokussieren.

FAQ zu Dämmstoffen

1. Was sind Dämmstoffe?

Dämmstoffe sind Materialien, welche die Übertragung von Schall, Hitze oder Kälte reduzieren. Sie spielen eine wichtige Rolle beim Energiesparen und im Bereich Schallschutz.

2. Welche Arten von Dämmstoffen gibt es?

Es gibt viele verschiedene Arten, die jeweils ihre spezifischen Eigenschaften und Anwendungsbereiche haben. Einige der häufigsten sind:

  • Mineralfaserdämmstoffe (Glas- oder Steinwolle)
  • Synthetische Dämmstoffe (wie Polystyrol oder Polyurethan)
  • Natürliche Dämmstoffe (wie Holzfaser, Kork, Schafwolle, Hanf oder Flachs)
  • Hochleistungsdämmstoffe (wie Vakuumdämmplatten oder Aerogele)

3. Was ist Asbest und warum wurde es als Dämmstoff verwendet?

Asbest ist ein natürlich vorkommendes Mineral, das in der Vergangenheit wegen seiner hohen Wärme- und Feuerbeständigkeit sowie seiner hohen Festigkeit häufig als Dämm- und Baustoff verwendet wurde.

4. Warum ist Asbest heute verboten?

Asbest wurde verboten, weil es sich als hochgradig gesundheitsschädlich erwiesen hat. Wenn Asbestfasern in die Luft gelangen und eingeatmet werden, können sie schwere Lungenerkrankungen verursachen – darunter Asbestose, Lungenkrebs und Mesotheliom. Deswegen ist die Verwendung von Asbest in vielen Ländern heute verboten – auch in Deutschland.

5. Ist mein Haus mit Asbest gedämmt?

Asbest kann in vielen älteren Baumaterialien vorhanden sein – einschließlich Dämmstoffen, Bodenbelägen, Deckenplatten, Dachschindeln und auch in Rohrisolierungen. Es ist jedoch oft schwierig, Asbest nur durch visuelle Inspektion zu erkennen. Bei Verdacht auf Asbest sollten Sie daher einen Fachmann hinzuziehen – dieser einnimmt bei Bedarf eine der Proben und analysiert die Gegebenheiten vor Ort.

6. Asbest im Haus – wie verhalte ich mich richtig?

Wer Asbest im Haus findet, sollte nicht versuchen, es selbst zu entfernen. Das Risiko, dabei Asbestfasern freizusetzen, ist groß. Stattdessen sollte ein erfahrener Asbestsanierer beauftragt werden, der das Asbest sicher und gemäß den geltenden Vorschriften entfernen kann.

7. Ist Asbest für die Bewohner im Haus gefährlich?

Asbest kann für Bewohner gefährlich sein, wenn es sich in einem Zustand befindet, in dem Asbestfasern in die Luft gelangen können. Wenn Asbestfasern eingeatmet werden, können sie schwere Lungenerkrankungen verursachen – einschließlich Asbestose, Lungenkrebs und Mesotheliom. Zu beachten ist: In festen Materialien – die sich in gutem Zustand befinden und nicht gestört werden – ist Asbest in der Regel kein unmittelbares Risiko. Intaktes Asbestmaterial setzt in der Regel keine Asbestfasern frei.

8. Wie lange wurde Asbest als Dämmstoff verwendet?

Asbest wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts industriell entdeckt und genutzt und fand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts breite Anwendung in der Bauindustrie – vor allem als Dämmstoff. Seine Nutzung erreichte in den 1970er Jahren ihren Höhepunkt, als immer mehr gesundheitliche Bedenken bekannt wurden. In vielen Ländern, wie Deutschland, wurde die Verwendung von Asbest in den 1980er und 1990er Jahren schrittweise eingeschränkt – und schließlich komplett verboten.

9. Welche Dämmstoffe sind umweltfreundlich?

Mehrere Dämmstoffe gelten als umweltfreundlich, da sie aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, wenig Energie in der Produktion benötigen und recycelbar sind. Dazu gehören unter anderem Dämmstoffe aus Holzfaser, Kork, Schafwolle, Hanf und Flachs.

10. Wie viel kostet eine neue Dämmung?

Die Kosten für eine neue Dämmung können stark variieren – abhängig von vielen verschiedenen Faktoren. Dazu zählen:

  • die Art des Dämmstoffs
  • die Dicke der Dämmung
  • die zu dämmende Fläche
  • die Kosten für die Installation

Die Kosten für Materialien können je nach Dämmstoffart und -qualität zwischen etwa 10 Euro pro Quadratmeter für einfache Mineralwolle bis zu 100 Euro pro Quadratmeter oder mehr für spezielle Hochleistungsdämmstoffe reichen. Die Installationskosten können ebenso stark variieren – je nachdem, ob es sich um eine einfache Dämmung des Dachbodens handelt oder um eine umfangreichere Dämmung von Wänden oder Böden. Verbraucher sollten immer mehrere Angebote einholen und vergleichen. Zu berücksichtigen sind neben den Gesamtkosten auch die zu erwartende Energieeinsparung. Am Ende sollte die wirtschaftlichste und effizienteste Lösung gewählt werden.