Berlin/ Hamburg. Die Förderung wird vor allem Familien helfen, die auf Randlagen ausweichen. Doch dort werden die Preise wegen der Nachfrage anziehen.

Ab sofort gibt es die Chance, bei der KfW Bankengruppe online Baukindergeld zu beantragen – und zwar für einen Zeitraum von zehn Jahren.

Bei einer Summe von 1200 Euro pro Kind sind das immerhin 12.000 Euro, bei zwei Kindern sogar schon 24.000 Euro. Allerdings müssen die Voraussetzungen stimmen: Zumindest ein Kind muss mit den Eltern im Haushalt leben, das zum Zeitpunkt der Antragstellung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Darüber hinaus darf das jährlich zu versteuernde Haushaltseinkommen nicht 75.000 Euro übersteigen – pro Kind steigt das Limit allerdings um jeweils 15.000 Euro. Wer also zwei förderfähige Kinder hat, kommt so auf 105.000 Euro.

Der IVD Immobilienverband Deutschland ist zuversichtlich, dass damit vielen jungen Familien zu Wohneigentum verholfen wird.

„In Anbetracht der Diskussionen um Altersarmut und Rentenlücken ist das ein sehr guter erster Schritt“, sagt IVD-Präsident Jürgen Michael Schick.

Weniger hohe Einkommensbelastung

Eine Studie des Center for Real Estate Studies (CRES) zeige, dass das Baukindergeld „erhebliches Potenzial“ habe, Familien beim Eigentumserwerb finanziell deutlich zu entlasten. In Hamburg beispielsweise sei diese Entlastung in zentraler Lage von bis zu acht Prozent, in den umliegenden Stadtteilen sogar um bis zu 42 Prozent möglich.

„Die stärkste Wirkung in Hamburg entfaltet das Baukindergeld innerstädtisch beispielsweise in Harburg und Billstedt sowie außerstädtisch in Pinneberg, Stade und Buxtehude“, kommentiert Axel-H. Wittlinger, Vorsitzender des IVD Nord, die Studie unter Hinweis auf eine Grafik des CRES.

Der zufolge muss eine Familie mit drei Kindern in Harburg oder Billstedt dank Förderung lediglich 20 beziehungsweise 21 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Tilgung aufwenden. Grundsätzlich sollte die monatliche Belastung 40 Prozent des Familieneinkommens nicht übersteigen, raten Experten.

Ausweichen aufs Umland hat Folgen

Wer also viel Entlastung durch die Förderung sucht, sollte in die Randlagen der Stadt und das Umland ausweichen. „Stimmt – zentrale Lagen werden entlastet und Bleibeakzente im ländlichen Raum gesetzt“, bestätigt Wittlinger. Ganz glücklich ist er nicht über die Konsequenzen, die das nach sich ziehen wird: Mehr Pendler und eine Zersiedelung ländlicher Räume durch neue Baugebiete. „Und ein Teil der Entlastung wird dabei auch aufgebraucht.“

Für Torsten Flomm hilft indes alles Jammern nichts. „Mir fällt nicht ein, wie wir sonst junge Familien zu Wohneigentum führen wollen“, sagt der ­Vorsitzende des Grundeigentümerverbandes Hamburg. Grundsätzlich sei ein Leben im Umland doch auch nicht schlecht, und es würden so Werte geschaffen, die ein Leben lang Bestand hätten und die Menschen ortsfester werden ließen.

„Das Baukindergeld ist auch nicht als gezielte Förderung für Menschen in den Innenstädten gedacht, sondern als Förderung für Menschen, die zu Wohneigentum kommen wollen und die Unterstützung brauchen, um die kritische Schwelle bei der Finanzierung zu überwinden“, betont der Verbandsvorsitzende.

So funktioniert das Baukindergeld – und das bringt es wirklich

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    Die Nachfrage führt zu einem Preisanstieg

    Wie groß schätzt er das Risiko, dass in der Folge die Preise weiter steigen werden? „Das ist nicht auszuschließen. Es wäre das normale ,Spiel der Kräfte‘, das sich mit dem Zufluss von mehr Geld im Markt ergibt“, sagt Flomm. Wahrscheinlich ein Grund, weshalb die Förderung befristet nur bis 2020 gewährt werden solle.

    Auch Wittlinger rechnet mit einem weiteren Preisanstieg bei Wohnimmobilien. „Die höhere Nachfrage wird dazu führen“, sagt der Immobilienprofi. Das sei der Grund, weshalb der IVD flankierend zum Baukindergeld auch die Einführung des im Koalitionsvertrag versprochenen Bürgschaftsprogramms als Eigenkapitalersatz und die Gewährung oder den Erlass eines Freibetrags bei der Grunderwerbsteuer fordere.

    „Die ist sowieso eine reine Stempelsteuer und sehr mobilitätsfeindlich“, schimpft er. Notwendig sei eine Politik, die ganzheitlicher denke. „Es reicht nämlich nicht, nur an einer Schraube zu drehen.“

    Einige wollen sich ein größeres Domizil zulegen

    Ähnlich sieht es Alexander Krolzik, Leiter der Immobilienfinanzierung der Verbraucherzentrale Hamburg. Ihm zufolge werden nur wenige Familien in Hamburg von der Förderung profitieren – „angesichts der hohen monatlichen Kreditraten, die in der Stadt und im Umgebung zu zahlen sind“. Immerhin sind allein im vergangenen Jahr die Preise für Wohnimmobilien laut LBS in der Hansestadt erneut um 12,2 Prozent gestiegen.

    Stephan Scharfenorth, Geschäftsführer vom Beratungs- und Vermittlungsportal für Baufinanzierungen Baufi24.de, rät deshalb: „Wer sich einen Hauskauf erst mithilfe von 1200 Euro zusätzlich im Jahr leisten kann, sollte genau abwägen, ob er die finanzielle Belastung eingehen möchte.“

    Und wer kaufe, sollte den Zuschuss überlegt einsetzen. „Wer nicht zwingend auf die ­Bezuschussung angewiesen ist, sollte das Baukindergeld als Sicherheitsrücklage für weitere Ausgaben nutzen – denn die kommen garantiert“, sagt der Experte.

    Umfrage: Mehrheit will Baukindergeld in Anspruch nehmen

    Eine Umfrage des Portals el­tern­geld.de unter 1000 Bauwilligen im August zeigt derweil, dass die große Mehrheit den staatlichen Zuschuss zur schnelleren Tilgung nutzen will oder um sich ein größeres Domizil zuzulegen als geplant.

    Danach würde das Ziel verfehlt, auch weniger finanzkräftigen Familien den Bau oder Erwerb von Wohneigentum zu ermöglichen.

    Und das sollte man wissen

    Baukindergeld wird erst nach Einzug beantragt und einmal im Jahr ausgezahlt. Es kann online über das Zuschussportal der KfW (www.kfw.de) beantragt werden.

    Rückwirkend wird es ab dem 1. Januar 2018 gewährt. Wer also in diesem Jahr bereits in die eigene Immobilie eingezogen ist, hat bis zum 31. Dezember Zeit für den Antrag.
    Generell muss dieser spätestens drei Monate nach Einzug gestellt werden.

    Den Zuschuss gibt es für Verträge oder ­Baugenehmigungen, die bis Ende 2020 abgeschlossen werden. Voraus­setzung ist, dass die Kinder mit im ­Haushalt leben und die Familie keine andere Immobilie besitzt. Außerdem muss sie zehn Jahre selbst für Wohnzwecke genutzt werden.