Wolfsburg. In Wolfsburg ging die Ex-Essenerin durch die Decke. Im Interview spricht sie über die SGS, ihr erstes VfL-Halbjahr und das kommende.

Im vergangenen Sommer kam Vivien Endemann nach zwei Jahren bei der SGS Essen zum VfL Wolfsburg. Wer am Anfang noch gedacht hatte, die 22 Jahre alte Außenstürmerin könne sich im mit Nationalspielerinnen gespickten Kader der Wolfsburgerinnen nicht durchsetzen, den strafte sie im ersten Halbjahr Lügen. 13 Pflichtspiel-Einsätze mit fünf Toren und zwei Assists stehen für die gebürtige Lohnerin bereits in der Statistik. Endemann war mit ihrer Unbekümmertheit der VfL-Shootingstar der vergangenen Monate. Im Interview mit unserer Zeitung spricht sie über ihren Weg in die Bundesliga, wie sie über das Thema Nationalmannschaft denkt und über den Auftakt bei ihrem Ex-Klub am Montagabend (19.30 Uhr, live bei Sport1).

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Sie sind neben Lena Oberdorf, Marina Hegering und Dominique Janssen eine von vier ehemaligen Essenerinnen beim VfL. Wie schafft es die SGS immer wieder Spielerinnen herauszubringen, die dann für den VfL interessant werden?

Ich glaube, die machen einfach super Arbeit und schaffen es immer wieder, gute junge Spielerinnen zu sich zu holen, die dann auch sehr viel Spielpraxis bekommen. Es ist gar kein Geheimnis, dass man in Essen als junge Spielerin schon sehr früh auch in eine Führungsrolle wächst und Verantwortung übertragen bekommt. Und dadurch geht man automatisch auch ein bisschen die nächsten Schritte.

Wann war für Sie klar, dass es nach dem Schritt in die Bundesliga die nächsten Schritte geben kann wie jetzt zum Bundesliga-Spitzenklub nach Wolfsburg?

Ich habe da eigentlich gar nicht so viel drüber nachgedacht, um ehrlich zu sein. Ich wollte einfach nur Fußball spielen, und mit der Mannschaft waren wir ordentlich unterwegs. Vielleicht nicht gut, aber relativ ordentlich in der vergangenen Saison. Und dann kam es einfach so von selbst.

Endemann: Ich habe einfach immer Fußball gespielt, weil es mir Spaß gemacht hat

Und wann haben Sie gemerkt, dass Fußball mehr als ein Hobby sein könnte?

Als die Anfrage aus der Bundesliga kam. Ich hatte nie das klare Ziel, einmal in der 1. Liga spielen zu müssen, sondern ich habe einfach immer Fußball gespielt, weil es mir Spaß gemacht hat. Und das ist auch heute weiter so. Mit der Zeit habe ich gemerkt: Es läuft ganz gut, ich treffe auch ein paar Mal das Tor – und dann kam das ganz von selbst.

Vivien Endemann, hier im Trikot der SGS Essen, spielte zwei Jahre für die SGS. Die nächsten Karriereschritte sind der Offensivspielerin immer zugefallen, geplant hatte sie es nie, einmal in der 1. Liga zu spielen.
Vivien Endemann, hier im Trikot der SGS Essen, spielte zwei Jahre für die SGS. Die nächsten Karriereschritte sind der Offensivspielerin immer zugefallen, geplant hatte sie es nie, einmal in der 1. Liga zu spielen. © Essen | Michael Gohl

Wie war Ihr Weg in den Fußball?

Ich habe schon im Kindergarten immer gerne gegen den Ball getreten, und irgendwann haben die Erzieherinnen zu meinen Eltern gemeint, dass sie mich mal zum Fußball schicken müssten. Und so bin ich da gelandet.

Zuerst in Jungs- oder schon immer mit Mädchenmannschaften?

Ich habe tatsächlich von Anfang an nur mit Mädchen gespielt, irgendwann auch mal bei Werder Bremen und im Stützpunkt mit Jungs, aber hauptsächlich in Mädchenmannschaften. Ich kannte es auch nicht anders, und mir hat es immer super viel Spaß gemacht, gerade am Anfang mit vielen Freundinnen zusammen zu kicken. Das war natürlich auch ganz cool dann, da ist man nach dem Training immer noch auf den Bolzplatz weitergefahren.

Ich habe bis ich zwölf, 13 Jahre alt war, auch Tennis gespielt. Da war ich auch gut dabei, und es wäre eine Option gewesen, auf diese Karte zu setzen.
Vivien Endemann, - für die VfL-Spielerin hätte es nicht zwingend zum Fußball gehen müssen.

Lief es für Sie schon immer auf Fußball hinaus?

Ich habe bis ich zwölf, 13 Jahre alt war, auch Tennis gespielt. Da war ich auch gut dabei. Und es wäre eine Option gewesen, auf diese Karte zu setzen. Aber ich habe mich dann für den Fußball entschieden. Mit dem Wechsel zu Werder Bremen ging beides zusammen nicht mehr, zumal auch noch eine Stunde Fahrt dazukam. Aber es gab einen Fahrdienst, so dass ich noch auf dem Weg Hausaufgaben erledigen konnte. Da ging die Zeit schneller vorbei.

Waren Sie eine gute Schülerin?

Vielleicht kein Überflieger, aber es war schon in Ordnung.

Machen Sie hier beim VfL noch etwas neben dem Fußball?

Ich bin gerade im fünften Semester, mache ein Fernstudium in Fitnesswissenschaften. Da läuft gerade alles nach Plan. Im Sommer geht’s voraussichtlich mit der Bachelorarbeit los. Es ist gut, dass ich mir die Prüfungstermine selbst legen kann.

Olympia im Semesterplan? „Da habe ich jetzt nicht geschaut“

Hatten Sie bei den Prüfungsterminen auch den Spielkalender im Blick?

Als ich zum VfL gekommen bin, hatte ich das tatsächlich, da ich die Klausurentermine am Anfang des Semesters plane. Da habe ich schon geschaut, auch wie die Termine in der Champions League liegen. Es hätte gepasst – nicht nur deshalb war es natürlich sehr ärgerlich, dass wir die Gruppenphase verpasst haben.

Während die meisten VfL-Nationalspielerinnen bei der WM im Einsatz waren, konnte sich Sommerzugang Vivien Endemann schon einmal in Wolfsburg akklimatisieren.
Während die meisten VfL-Nationalspielerinnen bei der WM im Einsatz waren, konnte sich Sommerzugang Vivien Endemann schon einmal in Wolfsburg akklimatisieren. © regios24 | Sebastian Priebe/regios24

Und für das kommende Semester – mit Blick auf die Nationalmannschaft und Olympia?

Da habe ich jetzt nicht geschaut, wann Lehrgänge oder Länderspiele sind. Selbst wenn ich nominiert werden würde, ließe sich das immer noch nachträglich mit der Uni vereinbaren. Es gab bisher aber auch keinen Anruf. Natürlich wäre es cool, wenn ich irgendwann mal eine Einladung bekommen würde. Aber erst einmal ist es ohnehin mein Ziel, hier beim VfL weiter Leistung zu bringen, mit der Mannschaft Siege einzufahren und die Tabellenspitze zu verteidigen. Alles Weitere kommt dann von selbst.

Sie haben viele Außenstehende mit ihren Leistungen beim VfL in der ersten Saisonhälfte überrascht. Wie blicken Sie auf die vergangenen Monate zurück?

Ich glaube, niemand hätte erwartet, dass es für mich so gut läuft, ich selbst auch nicht. Natürlich freut es mich umso mehr, dass es dann so gelaufen ist. Vieles lag dabei am Training, dem Trainerteam und natürlich meinen Mitspielerinnen. Aber es gibt für mich dabei natürlich auch weiter Verbesserungspotenzial: Gerade in der Zeit, in der wir als Mannschaft ein paar Schwierigkeiten hatten, war es auch für mich schwer. Ich will einfach in jedem Spiel gute Leistungen zeigen. Und ansonsten natürlich Torabschluss, Flanken – das sind immer Themen, bei denen es noch besser geht.

Mit Blick auf die Mannschaft wird das noch einmal wichtig sein, wenn wir noch besser besetzt sind.
Vivien Endemann - denkt bei Sveindis Jonsdottirs Rückkehr nicht daran, dass sie auch ihre Konkurrentin sein wird.

Mit Sveindis Jonsdottir kehrt eine Spielerin zurück, mit der Sie um die Position als offensive Rechtsaußen konkurrieren. Welche Ziele verfolgen Sie persönlich in der zweiten Halbserie?

Erst mal bin ich super froh, dass Sveindis wieder fit ist. Mit Blick auf die Mannschaft wird das noch einmal wichtig sein, wenn wir noch besser besetzt sind. Und ich persönlich möchte natürlich weiter so viel Spielzeit sammeln wie möglich und der Mannschaft mit Vorlagen und Toren helfen.

Könnten Sie nach der starken Hinserie auch mit weniger Spielzeit leben?

Natürlich möchte jede von uns so viel Spielzeit wie möglich bekommen, aber wir haben mit der Meisterschaft und dem DFB-Pokal auch große Ziele. Und da steht der mannschaftliche Erfolg für mich an erster Stelle.

Vivien Endemann: Wir sind alle frisch und freuen uns enorm auf den Auftakt

Welchen Eindruck haben Sie von Ihrer Mannschaft nach der Winter-Vorbereitung?

Ich finde, wir haben viele Abläufe verfestigen können. Im Vergleich zur kurzen Vorbereitung im Sommer, als durch die WM noch viele andere Themen sehr präsent waren, war es jetzt mit dem Trainingslager in Portugal viel entspannter. Man merkt auch, dass uns diese intensiven Trainingswochen echt guttun. Von daher glaube ich, dass wir vielleicht noch ein bisschen souveräner in jedes einzelne Spiel reingehen und auch unsere Leistung zeigen können. Wir sind alle frisch und freuen uns enorm auf den Auftakt.

Mit ihrer Geschwindigkeit und ihrem Antritt stellt Vivien Endemann für viele Gegenspielerinnen auf den Außenbahnen ein großes Problem dar.
Mit ihrer Geschwindigkeit und ihrem Antritt stellt Vivien Endemann für viele Gegenspielerinnen auf den Außenbahnen ein großes Problem dar. © regios24 | Sebastian Priebe

Ist die Partie in Essen für Sie eine besondere?

Ja, natürlich. Weil ich weiß, wie es unter Flutlicht im Stadion an der Hafenstraße sein wird, das ist auch für die SGS etwas sehr Besonderes. Und ich freue mich enorm, die Leute und meine ehemaligen Spielerinnen wiederzusehen. Klar ist es ein Spiel wie jedes andere, das wir gewinnen wollen und auch gewinnen müssen.

Auftaktgegner Essen? „Es wird ein ein ekliges Spiel“

Was für ein Spiel erwarten Sie?

Ich bin der Meinung, es wird ein ganz ekliges Spiel. Essen steht ohnehin als Fünfter gut da, hat eine gute Verteidigung und viel Geschwindigkeit nach vorne. Von daher müssen wir sehr wach sein und wollen das Spiel trotzdem dominieren.

Wann wäre es für Sie eine gute Saison?

Natürlich wollen wir Titel gewinnen. Wir sind sowohl im DFB-Pokal als auch in der Meisterschaft in der Position, in der das auch möglich ist. Ich persönlich würde mich natürlich auch freuen, weil ich bis jetzt noch keinen Titel geholt habe.