Darmstadt. Kovac sprach von einem wichtigen Sieg, Schäfer von einem Schritt in richtige Richtung. Was der Sieg in Darmstadt für den VfL bedeutet.

Es war vielleicht ein bisschen geschauspielert, als Torwart-Trainer Pascal Formann den Kabinengang des VfL Wolfsburg in Darmstadt betrat und einmal gaaanz tief durchatmete. Jedenfalls hatte der 41-Jährige in diesem Moment auch ein kleines verschmitztes Lächeln für die in der Nähe der Tür wartenden Journalisten übrig.

Aber die Szene passte am Samstag ziemlich gut als Symbol für die allgemeine Stimmungslage beim Fußball-Bundesligisten nach dem knappen 1:0-Erfolg durch den Treffer von Lovro Majer (63. Minute) beim Tabellenletzten SV Darmstadt 98. Dieser Erfolg war wichtig nach den vergangenen Wochen mit deutlich mehr Niederlagen als Siegen. Für die Mannschaft, aber vor allem auch für Cheftrainer Niko Kovac, der nach einer Pleite an dieser Stelle wohl ernsthaft um seinen Job hätte bangen müssen. „Das war ein wichtiger Sieg“, gab der Coach zu. Es war aber auch die Art und Weise, wie der Erfolg zustande kam, die zum Durchschnaufen anregte. Mit dieser Ansicht war Formann sicherlich nicht alleine.

Denn die Wolfsburger erkämpften sich den knappen Erfolg gegen das Schlusslicht der Liga über weite Strecken mit zehn Spielern. Bereits in der 27. Minute hatte Innenverteidiger Maxence Lacroix wegen einer Notbremse die Rote Karte gesehen. Dem Franzosen versprang als letzter Mann der Ball, anschließend kam er gegen den anlaufenden Luca Pfeiffer klar zu spät und brachte den Darmstädter zu Fall. Dem Unparteiischen Robert Hartmann blieb gar nichts anderes übrig, als Lacroix des Feldes zu verweisen.

Kovac: Haben uns selbst ein Hindernis gestellt

Die schlechten Ergebnisse der vergangenen Wochen im Kopf, die Diskussionen um Trainer Kovac im Bewusstsein, dazu die Ausgangslage beim Stand von 0:0 gegen den Tabellenletzten mit nur noch zehn Spielern mit dem Rücken zur Wand zu stehen – es war der erste Moment des Spiels, um einmal kräftig durchzuatmen, wie Formann es tat. „Das Spiel zeigt so ein bisschen symptomatisch unsere Situation. Wir müssen schon viele Hindernisse überwinden. Heute haben wir uns mit der Roten Karte wieder selbst ein Hindernis gestellt. Wir mussten für einen Spieler mehr laufen“, brachte es Kovac auf den Punkt.

Doch seine Mannschaft zeigte diesmal nach einer kurzen Phase der Verunsicherung Charakter. Nicht Darmstadt mit elf Spielern brachte in den zweiten 45 Minuten die nötige Entschlossenheit mit, um zu siegen, sondern der VfL in Unterzahl. „Ich freue mich riesig für die Mannschaft und das Trainerteam, dass sie sich belohnt haben für eine unfassbar engagierte Leistung in Unterzahl. Was nicht einfach ist, egal gegen welche Mannschaft“, lobte Wolfsburgs Sport-Geschäftsführer Marcel Schäfer.

Während das vom ehemaligen Braunschweig-Trainer Torsten Lieberknecht betreute Heimteam mit einem Spieler mehr fast gegen die eigene DNA als Außenseiter praktisch gezwungen war, das Spiel zu machen, konzentrierte sich der VfL fortan auf die Defensive. Und das funktionierte, auch wenn Darmstadt in der Schlussphase Druck machte und zumindest zwei, drei gute Möglichkeiten für ein Tor hatte. Aber die hatten die Grün-Weißen in der zweiten Hälfte auch, erstmals durch Majer. Dann durch Top-Torjäger Jonas Wind, der sah, dass Darmstadts Torwart Marcel Schuhen zu weit vor seinem Kasten stand, von der Mittellinie aus abzog und das Tor nur knapp verpasste. In der 63. Minute war es wieder Majer, der es diesmal mit der nötigen Präzision machte. Ein trockener Schuss des Kroaten ins lange Eck fand zum 1:0 für die Gäste den Weg ins Ziel.

Der VfL verteidigt gut und leidenschaftlich

Danach war für die Wölfe Verteidigung angesagt. Diese Aufgabe erfüllten sie. Bravourös, auch wenn hier und da ein wenig Glück nötig war. Aber dass Edeltechniker Majer einmal im letzten Moment einen Schuss am eigenen Fünfmeterraum blockte, Linksverteidiger Joakim Maehle ein anderes Mal in höchster Not kurz vor der Linie rettete und auch Torwart Koen Casteels mit einer starken Parade gegen Pfeiffer seinen Beitrag leistete, zeigt eine gewisse mannschaftliche Geschlossenheit auch in schwierigen Phasen. Und die war in den vergangenen Partien beim VfL nicht immer so erkennbar gewesen.

Deshalb war nicht nur Formann erleichtert. „Das war ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, ein Signal in einer wirklich nicht einfachen Phase“, sagte Schäfer, fügte jedoch hinzu: „Wir können immer noch die Tabelle lesen. Wir wissen immer noch, wie viele Punkte wir haben. Das sind zu wenige.“

Aber die Art und Weise, wie der VfL nach dem Platzverweis in Darmstadt agierte, gibt zumindest Hoffnung. Für das letzte Spiel des Jahres am Mittwoch zu Hause gegen Bayern München und auch für die ersten Aufgaben im nächsten Jahr. „Es war wichtig, dass die Mannschaft gesehen hat, es geht nur mit Leidenschaft und Einsatz. Wenn sie das an den Tag legt, hat sie die Qualitäten, die wir brauchen, um erfolgreich zu sein. Wenn sie das nicht bringt, wird es problematisch“, fasste es Kovac zusammen. Nicht nur er hofft, dass seine Elf diese Botschaft verstanden hat.