Wolfsburg. Vor dem Knüller-Spiel in der Fußball-Bundesliga der Frauen in München steht eine Spielerin des VfL Wolfsburg medial im Mittelpunkt.

Diese Nachricht überlagert für den Augenblick sogar den Bundesliga-Schlager: Vor dem Giganten-Treffen beim FC Bayern München am Sonntag (15 Uhr, live im ZDF) kocht plötzlich eine Personalie bei den Fußballerinnen des VfL Wolfsburg hoch, die erst einmal erfreulich zu bewerten ist, aber doch ablenkend wirken könnte. Eine polnische Journalistin berichtet, dass die europäischen Spitzenklubs Paris St.-Germain und Manchester United VfL-Stürmerstar Ewa Pajor im Sommer für eine Rekordsumme aus ihrem noch bis 2025 laufenden Vertrag kaufen wollten. Aber die Polin lehnte ab.

Joanna Tokarska sorgte mit einem unter anderem beim Kurznachrichten-Dienst X (vormals Twitter) veröffentlichten Post für Aufsehen. Demnach seien die erwähnten Klubs bereit gewesen, eine zwischen 600.000 und 750.000 Euro liegende festgeschriebene Ablösesumme für Pajor an den VfL zu überweisen. Die bisherige Rekordsumme für eine Fußballerin liegt bei 400.000 Euro, die der FC Barcelona 2022 für die englische Europameisterin Keira Walsh an Manchester City gezahlt hatte. Pajor jedoch entschied sich, in Wolfsburg zu bleiben. Das dürfte die VfL-Fans freuen, in deren Ansehen die Spielerin noch einmal steigen dürfte.

Pajors Ablösesumme sinkt angeblich

Allerdings, so berichtet Tokarska weiter, sei das Interesse an Pajor längst nicht abgeebbt. Im Gegenteil: Klubs aus Europa und den USA seien weiter heiß auf die Spielerin. Zumal: Die Journalistin will in Erfahrung gebracht haben, dass Pajors festgeschriebene Ablösesumme im Sommer 2024 vor ihrer vertraglich letzten Spielzeit in der VW-Stadt auf 500.000 Euro sinke. Hinzu kommt, dass der VfL die Champions League verpasst hat. Da Pajor mit ihrer in Europa eher zweitklassigen Nationalmannschaft wenig Erfolgsaussichten auf internationale Erfolge besitzt, stellt die Königsklasse für sie dafür die einzige Möglichkeit dar. In diesem Jahr jedoch nicht. Wenn der VfL in der aktuellen Bundesliga-Saison erneut nicht Meister, sondern nur Zweiter oder Dritter wird, müsste er wieder in die Champions-League-Qualifikation, in der die Konkurrenten von Jahr zu Jahr stärker und die Siegchancen kleiner werden. Denkt Pajor deshalb im nächsten Sommer anders über Top-Angebote?

Wie auch immer – grundsätzlich gilt das Prinzip nicht nur für sie, sondern für viele VfL-Topspielerinnen und potenzielle VfL-Neuzugänge. Bisher konnte Wolfsburg finanziell bessere Angebote oft mit seinem Erfolgsimage und seinen Erfolgschancen ausstechen. Fallen die weg, zählt mehr denn je das Geld. Und davon – darauf wies Ralf Kellermann, Sportdirektor Frauenfußball des VfL, in der Vergangenheit regelmäßig hin – besitzen andere Klubs mittlerweile deutlich mehr als der VfL.

Nur ein Sieg erhält dem VfL die Tabellenführung

Insofern steigt die Bedeutung des Bundesliga-Gipfeltreffens in München auch kurzfristig noch einmal. Trotz des jüngsten 2:2 im Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim sind die Wölfinnen (13 Punkte) noch Tabellenführer nach fünf Spieltagen. Hoffenheim und die Bayern (je 11) sitzen ihnen aber im Nacken. Selbst im Falle eines Unentschiedens in München sind die Grün-Weißen Platz 1 los, wenn die TSG ihr Heimspiel gegen den Tabellenneunten Freiburg erwartungsgemäß gewinnt.

VfL-Trainer Tommy Stroot ist deshalb bemüht, seine zuletzt nicht von Erfolgen verwöhnten Kickerinnen mental aufzurichten. In dem Zusammenhang weist er auf eine Statistik hin, die das Unentschieden gegen Hoffenheim, bei dem sein Team nach der Pause einen 0:2-Rückstand aufgeholt hatte, in ein anderes Licht taucht. „Hoffenheim“, sagt er, „war erst einmal von der generellen Reaktion her wichtig. Von der war ich angetan. Wir hatten 27:5 Torschüsse. In der Phase muss man doppelt so hart arbeiten, aber inhaltlich war das sehr gut, das ist die Basis für München.“

VfL-Chefcoach Stroot senkt den Erfolgsdruck

Es sei nicht sicher gewesen, dass seine Mannschaft nach dem Verpassen der Champions League durch die 0:2-Heimniederlage gegen Paris FC nur wenige Tage später so dominant gegen die TSG auftreten würde. „Das war alles andere als selbstverständlich, wenn man vorher Paris erlebt hat. Das fand ich auch beeindruckend.“ Um seinen Spielerinnen Druck zu nehmen, weist Stroot auf Folgendes hin: „Egal, wie das Spiel ausgehen wird – es ist sowieso da oben sehr, sehr eng. Das wird es wahrscheinlich noch eine ganze Zeit lang bleiben.“ Im Klartext: Auch im Falle einer Niederlage schreibt der Coach die Meisterschaft nicht ab.

Leichter würde eine Pleite die Aufgabe der Wolfsburgerinnen aber nicht machen, die verbliebenen Saisonziele (DFB-Pokalsieg und Meisterschaft) zu erreichen. In der Liga sieht die jüngste VfL-Bilanz in München zudem wenig erbaulich aus. Aus den vergangenen sechs Partien dort holten sie nur fünf von 18 möglichen Punkten. Der letzte Auswärtssieg über Bayern in der Liga gelang im November 2021 (Endstand 1:0). Vergangene Saison verloren die Wölfinnen mit 0:1. Allerdings: Im Pokal setzten sie sich im Halbfinale auswärts sensationell mit 5:0 durch. Das Resultat sollte Hoffnung machen.

VfL-Plan: Das Mehr an Trainingszeit nutzen

Aus dem Champions-League-Aus möchte Stroot nun auch wenigstens etwas Positives ziehen. „Wir haben jetzt mehr Trainingszeit, wollen und müssen uns in vielen Bereichen entwickeln, um in der nächsten Saison wieder eine Stabilität zu erreichen.“ Und um die eigenen Top-Spielerinnen wie Pajor und potenzielle Neuzugänge zu überzeugen, dass der VfL immer noch eine der besten Adressen im Frauenfußball ist. Ein Sieg in München könnte dabei auch schon sehr helfen.