Augsburg. Ihr Dopingfall löste 2014 in Sotschi eine Schockwelle im deutschen Olympia-Team aus. Zudem war es das Karriereende von Evi Sachenbacher-Stehle. Jetzt kommen neue Details ans Licht, die den Fall in ein etwas anderes Licht rücken.

Ex-Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle hat mit Fassungslosigkeit auf möglicherweise entlastende Aussagen des russischen Whistleblowers Grigori Rodschenkow zu ihrer positiven Dopingprobe bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi reagiert.

"Ich weiß nicht, ob ich mich freuen oder traurig sein soll. Aber die Erleichterung überwiegt dann doch, dass ich auch von dieser Seite in ein richtiges Licht gerückt werde", sagt Sachenbacher-Stehle der "Augsburger Allgemeinen". Als sie davon erfahren habe, seien ihr die Tränen gekommen. "Alles ist wieder hochgekommen. Ich habe zwar gelernt, damit zu leben, aber es steckt halt doch noch drin."

Laut Auszügen aus dem Buch Rodschenkows ("The Rodschenko Affairs"), das an diesem Donnerstag erscheint, seien die russischen Betrügereien Sachenbacher-Stehle zum Verhängnis geworden. "Erstes Opfer war die deutsche Athletin Evi Sachenbacher-Stehle, die nach einem Rennen eine geringe Menge Methylhexanamin im Urin hatte", schreibt Rodschenkow. "Ihr Fall war ein Grenzfall. Dieses Stimulanzmittel taucht normalerweise in hohen Konzentrationen auf."

Sachenbacher-Stehle hatte Doping stets bestritten und die Werte mit der Einnahme eines verunreinigten Teepulvers erklärt, das ihr von ihrem Privatcoach empfohlen wurde. Laut Wada-Code sind aber Athleten selbst verantwortlich für die Stoffe, die sie einnehmen. Darauf weisen auch die deutschen Verbände permanent hin. Das Vorhandensein verbotener Substanzen in einer Probe stellt einen Verstoß gegen Artikel 2.1 des Wada-Codes und damit Doping dar. Es sei denn, es ist ein eigens quantitativer Schwellenwert für den auf der Verbotsliste stehenden Stoff aufgeführt.

Unter der Regie von Rodschenkow, dem damaligen Leiter im Doping-Analyselabor in Sotschi, waren positive Proben von russischen Sportlern manipuliert worden. An dem Betrug hatte auch der russische Inlandsgeheimdienst FSB mitgewirkt. Um die Funktionsfähigkeit seines russischen Labors zu beweisen, habe Rodschenkow die Probe von Sachenbacher-Stehle gemeldet. "Wenn ich bereits fünf echte Verstöße angemeldet hätte, hätte ich sie möglicherweise nicht abgegeben", schreibt Rodschenkow weiter. "Sie wurde gesperrt, und die Bestrafung passte nicht wirklich zu ihrem Verbrechen."

Der Biathlon-Weltverband IBU bestätigte auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur, von dem Fall aus den Medien Kenntnis genommen zu haben. Ein Grund zum Handeln sei nach derzeitigem Stand noch nicht gegeben. Das könne sich aber noch ändern.

Der Deutsche Olympische Sportbund hatte Sachenbacher-Stehle aufgrund der positiven Dopingprobe am 21. Februar 2014 aus dem Olympia-Team ausgeschlossen. Das Internationale Olympische Komitee erkannte ihr die vierten Plätze im Massenstart und mit der deutschen Mixed-Staffel ab. Gegen die zweijährige Dopingsperre durch den Weltverband IBU war Sachenbacher-Stehle vor den Internationalen Sportgerichtshof Cas gezogen, der die Strafe auf sechs Monate reduzierte.

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