Antholz. Denise Herrmann will dieses Weltmeistergefühl unbedingt wieder erleben. Vor einem Jahr war sie ganz oben und kann es wieder schaffen. Aber die Konkurrenz ist groß und dann muss es auch noch am Schießstand klappen.

Die Rolle als im Fokus stehende Nummer eins der fünf deutschen Biathletinnen wird Denise Herrmann nicht mehr los. Ob sie will oder nicht. Sie will eher nicht.

"Ich sehe mich nicht als Frontfrau, die die Anführerin der Truppe ist", sagte die 31-Jährige und weist den Status der Alleinunterhalterin weit von sich. Doch nach dem Rücktritt von Ausnahmekönnerin Laura Dahlmeier fokussiert sich auch bei der Weltmeisterschaft im italienischen Antholz alles auf die 31-Jährige, auch wenn mit Franziska Preuß, Vanessa Hinz, Janina Hettich und Karolin Horchler gleich fünf Skijägerinnen am Freitag im Sprint (14.45 Uhr/ZDF und Eurosport) dabei sind.

Denn die frühere Langläuferin Herrmann ist die Einzige im Damen-Team, die im Südtiroler Biathlon-Mekka realistische Chancen auf Einzel-Medaillen hat. "Denise ist eine Vorbild-Sportlerin, sie steht im Fokus und meistert das ziemlich gut", sagte der Sportliche Leiter Bernd Eisenbichler. Bereits im Vorjahr in Östersund hatte Herrmann mit Gold in der Verfolgung sowie Silber in der Mixed-Staffel und Bronze im Massenstart Dahlmeier in den Schatten gestellt und gezeigt, zu was sie in der Lage ist. Jetzt aber steht Herrmann alleine im Blickpunkt. Denn die hochtalentierte Franziska Preuß hat auch diese Saison mit ihrer Gesundheit zu kämpfen.

Wenn Herrmann mit dem Gewehr trifft, kann sie es in jedem Rennen auf das Podest schaffen. In dieser Saison hatte die laufstarke Athletin zwar immer wieder mit teils erheblichen Problemen am Schießstand zu kämpfen und kam zwischenzeitlich schon ins Grübeln. Aber Herrmann ging wieder an die Grundlagen, machte einen Schritt zurück beim Training - das Motto "Treffer vor Zeit" zahlte sich aus - bei der WM-Generalprobe in Pokljuka siegte sie mit erstmals 20 Treffern souverän im Einzel. "Wenn ich sauber am Schießstand arbeite, weiß ich, dass ich überall vorne mitspielen kann", sagt Herrmann, der das zum WM-Auftakt in der Mixed-Staffel aber nicht gelang. Sie musste einmal in die Strafrunde, und so reichte es für sie, Franziska Preuß, Arnd Peiffer und Benedikt Doll nur zu Rang vier.

"Wenn man es geschafft hat, Weltmeisterin zu werden, will man das natürlich mit bester Performance möglichst noch mal schaffen. Aber wieder Gold zu erwarten, das ist falscher Druck", sagte die Vierte des Gesamtweltcups und hält es wie einst Dahlmeier: Sie wolle zum Höhepunkt ihre beste Saisonleistung abliefern und um die Medaillen mitkämpfen. Ein konkretes Medaillenziel formulierte sie jedoch nicht.

Um topfit auf den 1600 Meter hoch gelegenen und schweren WM-Strecken zu sein, hatte sich Herrmann mit ihrem Freund und Langläufer Thomas Wick nur vier freie Tage in ihrer Wahlheimat Ruhpolding gegönnt. Nach Pokljuka war sie zum Höhentraining auf die Seiser Alm in den Südtiroler Dolomiten, ehe es zur finalen Vorbereitung mit dem DSV-Team nach Ridnaun ging.

"Für mich ist es wichtig, dass ich gut angepasst bin, weil ich es sonst muskulär schnell merke", sagte Herrmann. Die Antholzer Strecken liegen ihr, da kann sie ihre Stärken noch besser ausspielen. "Aber man muss zur WM trotzdem noch mal eine Schnippe drauflegen können, um die Medaillen mitkämpfen zu können", erklärte Herrmann.

Neben ihrem eigenen Erfolg hofft die 31-Jährige aber auch auf Erfolgserlebnisse ihrer Teamkolleginnen. "Wir sind als Team Deutschland hier. Wir versuchen, uns zusammen und gegenseitig zu unterstützen. Die eine kommt an dem Tag besser durch, die andere an dem anderen", sagte Herrmann und ergänzte auch mit Blick auf die von ihre nicht gewollte Rolle als Frontfrau: "Zusammen sind wir einfach stark und da müssen wir uns auch geballt aufstellen."