Braunschweig. Pherai, Wintzheimer, Ujah und Nikolaou co-produzierten den 1:0-Heimsieg gegen Hannover vor einem Jahr. Überglücklich ist gerade keiner.

Es war eine Emotionsexplosion, die sich vor ziemlich genau einem Jahr, am 19. März, im Eintracht-Stadion ereignete. Der 4. Offizielle hatte gerade die Tafel hochgehalten und die dreiminütige Nachspielzeit angezeigt, da brachte Immanuel Pherai einen Eckball von links mit Schnitt zum Tor in den Strafraum. Am ersten Pfosten verlängerte Manuel Wintzheimer den Ball nach hinten, wo Anthony Ujah diesen zurück in die Mitte brachte. Dort vollendete Jannis Nikolaou zum 1:0-Sieg Eintracht Braunschweigs gegen Hannover 96. Und die Hütte hob ab. Der Derbysieg war perfekt. Doch ironischerweise hatte für keinen Protagonisten dieses Tor positive Folgen. Keiner ist in seiner aktuellen Rolle überglücklich. Weder in Braunschweig noch in Hamburg oder in Bielefeld.

Für Immanuel Pherai läuft‘s in Hamburg „nur“ ganz ordentlich

Pherai: Der Ecken-Schütze des Derbytags war einer der besten Braunschweiger in der Vorsaison. In 29 Pflichtspielen erzielte er zehn Tore selbst und bereitete sieben Treffer seiner Kollegen vor. Mit seiner Dynamik, Technik und Schusskraft hatte der offensive Mittelfeldspieler aus den Niederlanden enormen Anteil am Klassenerhalt. Ex-Ex-Trainer Michael Schiele setzte von Beginn an voll auf Pherai, der von Dortmunds Reserve nach Braunschweig gekommen war.

Immanuel Pherai legte eine beeindruckende Saison im Eintracht-Trikot hin.
Immanuel Pherai legte eine beeindruckende Saison im Eintracht-Trikot hin. © regios24 | Darius Simka/regios24

Nach einer sehr, sehr guten Spielzeit im Eintracht-Trikot war für Pherai aber schon wieder Schluss in Blau-Gelb. Er wechselte per Ausstiegsklausel zum Hamburger SV. Wäre der Offensive zu einem Bundesliga-Klub gewechselt, hätte Eintracht sogar einen Millionenbetrag kassiert. So aber waren es „nur“ 750.000 Euro.

In Hamburg läuft es für Pherai ganz ordentlich, aber noch nicht so überragend wie in Braunschweig. Nach einer Eingewöhnungsphase wurde er unter Tim Walter Stammspieler im zentralen Mittelfeld, drei Tore und vier Vorlagen gelangen ihm. Sein erstes HSV-Tor schaffte Pherai im November ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub aus Braunschweig. Aber der neue Trainer Steffen Baumgart nahm Pherai nun gegen Kaiserslautern aus der Startelf. Das war dem 22-Jährigen zuvor lange nicht passiert. Von all den jüngsten Derbyhelden bekleidet er aber noch die wohl wichtigste Rolle.

Manuel Wintzheimer ist nur noch Teilzeitkraft

Wintzheimer: Der Ball-Verlängerer verließ die Eintracht nach der Vorsaison wieder. Der Angreifer war vom 1. FC Nürnberg ausgeliehen gewesen, kehrte aber nicht ins Frankenland zurück, sondern schloss sich Arminia Bielefeld an. Beim Drittliga-Absteiger gehörte der 25-Jährige zwar in der Hinrunde zum Dunstkreis der Stammspieler, aber seit ein paar Wochen kommt er nur noch sporadisch zum Einsatz.

Manuel Wintzheimer jubelt im Eintracht-Trikot.
Manuel Wintzheimer jubelt im Eintracht-Trikot. © regios24 | Darius Simka/regios24

Wintzheimer wurde bei der Arminia zur Teilzeitkraft. Er erzielte bisher auch nur ein Ligator und bereitete zwei weitere Treffer vor. Seine letzte Torbeteiligung datiert aus dem Dezember. Sein Vertrag läuft am Saisonende aus. Dann kehrt er wieder einmal nach Nürnberg zurück. Nachhaltig auf sich aufmerksam machen, konnte Wintzheimer weder in Braunschweig noch in Bielefeld.

Anthony Ujah ist trotz Nebenrolle wichtig bei Eintracht

Ujah: Der Ball-in-die-Mitte-Köpfer gehörte in der Vorsaison zu den absoluten Leistungsträgern der Blau-Gelben. Bis zu seiner schweren Schulterverletzung im September, die eine Operation und einen monatelangen Ausfall nach sich zog, blieb der Publikumsliebling das auch. Aber seit seiner Rückkehr ist er kein Stammspieler mehr. Nur einmal, beim 0:1 gegen Rostock, spielte der 33-Jährige über die vollen 90 Minuten. Ein Tor gelang ihm noch nicht wieder, seit er dem Krankenlager entstiegen ist. Aber: eine Vorlage.

Anthony Ujah spielt gerade bei Eintracht keine Hauptrolle, ist aber dennoch wichtig.
Anthony Ujah spielt gerade bei Eintracht keine Hauptrolle, ist aber dennoch wichtig. © regios24 | Sebastian Priebe

Beim 5:0 gegen Elversberg legte Ujah den Ball in der Nachspielzeit Florian Krüger auf den Fuß, der das 4:0 erzielte. Und überhaupt: Ujahs Tore würden der Eintracht im Kampf ganz sicher guttun. Und in Braunschweig werden sie nicht müde zu betonen, dass der Routinier in der Restsaison noch wichtig werden wird. Ujah aber ist einer dieser Spieler, deren Wert sich nicht nur in den Statistiken abzeichnet.

Mit seiner Erfahrung aus 136 Bundesliga-Spielen wertet er jedes Training auf. Mit seinem Charakter ist er zudem ein wichtiger Faktor in der Kabine. Und in der muss im Abstiegskampf die Chemie stimmen.

Nikolaou: Der Ball-über-die-Linie-Bugsierer machte es im Derby großartig. Mit dem Rücken zum Tor hielt er den Fuß rein und lenkte den Ball in den Kasten. Und wer ein Derbytor erzielt, bleibt in Braunschweig ohnehin unvergessen. Diese Spielzeit begann für den 30-Jährigen dann eigentlich unter guten Vorzeichen.

Er wurde zum Kapitän ernannt, sollte noch mehr Verantwortung bekommen und das Team auch auf dem Spielfeld anführen. Doch dann stockte der Motor. Unter Ex-Coach Jens Härtel war Nikolaou noch gesetzt. In dieser Zeit gelang den Blau-Gelben aber nur ein einziger Sieg. Zudem verpasste der gebürtige Bonner drei Spiele gespert und eines krankheitsbedingt. Und der Mittelfeldspieler selbst kam nie an den eigenen Anspruch heran. „Ich bin selbstkritisch genug, um zu sehen, dass ich nicht die Leistung gebracht habe, wie ich sie bringen kann“, sagte Nikolaou im Januar im Gespräch mit unserer Zeitung.

Jannis Nikolaou (Mitte) jubelt nach dem 5:0 gegen Elversberg.
Jannis Nikolaou (Mitte) jubelt nach dem 5:0 gegen Elversberg. © regios24 | Sebastian Priebe

Unter Coach Daniel Scherning sanken die Einsatzzeiten des Kapitäns dann kontinuierlich. Weil die Mannschaft aber plötzlich zu punkten begann, schien der Weg zurück in die Startelf immer weiter zu werden. Sechsmal kam Nikolaou gar nicht zum Einsatz. Dreimal kam er erst in der Nachspielzeit. Erst beim 5:0-Sieg gegen Elversberg erst rückte er wieder in die Anfangsformation – allerdings nicht auf seiner Stammposition.

Nikolaou rückte für den gelbgesperrten Robert Ivanov ins Spiel – und machte eine gute Partie. In Düsseldorf fehlte er dann wieder. Wegen einer Gelbsperre. Im Derby gegen Hannover steht er wieder zur Verfügung. Und wer weiß: Vielleicht gibt‘s ja kurz vor Schluss wieder eine Ecke für die Eintracht...