Braunschweig. Auf den letzten Metern der Transferperiode wechselte Anderson Lucoqui zu Eintracht Braunschweig. Hier spricht der Neuzugang erstmals.

Wie Anderson Lucoquis erste Tage bei Eintracht Braunschweig waren? „Turbulent“, sagt der Neuzugang des Fußball-Zweitligisten. „Aber es ist schön, endlich wieder Fußball zu spielen.“ Beim 2:0-Erfolg der Eintracht gegen den Karlsruher SC wurde der Linksverteidiger im Spielverlauf für Anton Donkor eingewechselt, sorgte mit seinem Schussversuch dafür, dass Ermin Bicakcic im Nachsetzen den Endstand herstellen konnte. Sogar er selbst hätte treffen können, wurde jedoch im letzten Moment entscheidend gestört. Doch der 26-Jährige freut sich, gebraucht zu werden. „Dass ich schnell wieder die Chance bekommen habe, bestätigt mich darin, dass sich meine harte Arbeit gelohnt hat. Es war ein schönes Gefühl, mit einem Heimsieg in Braunschweig zu starten“, verdeutlicht Lucoqui.

Eintracht Braunschweig gegen Karlsruher SC

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    Fast wäre es nicht dazu gekommen. Schon Ende Dezember hatte sich die Eintracht um Lucoqui bemüht. Finalisiert wurde der Wechsel aber erst am letzten Tag des Transferfensters Anfang Februar. Und zwar ganz spät. „Wenn es einen Rekord für den spätesten Transfer gäbe, dann würde ich vielleicht den Titel tragen. Es waren gefühlt vier Sekunden vor dem Ende, da wurde mir auch ziemlich schlecht, weil mir auch Szenarien durch den Kopf gegangen sind, in denen so ein Wechsel bei anderen Spielern nicht geklappt hat“, sagt der Neuzugang der Eintracht.

    Anderson Lucoqui kommt ohne Zahnbürste zu Eintracht Braunschweig

    Der war erst kurz vorher aus Berlin nach Braunschweig gefahren. „Ich hatte nicht einmal eine Zahnbürste dabei. Mir war nur klar, dass ich vor 18 Uhr ankommen muss“, sagt er. Am Ende ging ja alles gut. Lucoqui ist Spieler der Eintracht. Und das war ihm ein wichtiges Anliegen. „Ich wollte diesen Wechsel unbedingt. Und ich habe auch auf andere Sachen verzichtet, weil das sportliche für mich im Vordergrund stand“, sagt der Abwehrspieler.

    Mit den Sachen ist vor allem der finanzielle Aspekt gemeint. „Es war ein Zeichen von einer gewissen Zuneigung zum Verein, wenn man bedenkt, was auch ich versucht habe, um diesen Wechsel noch im Winter zu realisieren“, meint Lucoqui. „Es war mir relativ egal, worum es finanziell geht. Ich wollte einfach spielen und der Mannschaft helfen. Dass es finanziell anders ist als bei Hertha, ist kein großes Geheimnis, aber ich habe nicht groß auf die Zahlen geguckt. Wenn das sportliche läuft, kommt alles andere von alleine.“

    Schon beim Wechsel war durchgedrungen, dass der Spieler für die Eintracht auf Geld verzichtet haben soll. Nach für ihn schwierigen Monaten bei Ligakonkurrent Hertha BSC erschien die Perspektive auf Spielzeit offenbar verlockender als ein Blick auf den eigenen Kontostand. Nur einmal wurde er für die Berliner in der 2. Bundesliga eingesetzt. Erst im Sommer war Lucoqui zur Alten Dame gewechselt. Warum es dort nicht lief? Darauf gibt es nicht die eine Antwort. Aber der Deutsch-Angolaner sagt: „Im Fußball ist vieles nicht vorhersehbar. Spieler, die gehen sollten, sind nicht gegangen. Andere sind gekommen, obwohl für die Position niemand mehr vorgesehen war. Aber ich musste mit der Situation leben. Wenn es nicht passt, sollte man nicht zu sehr nach hinten schauen. Ich habe mein Bestes gegeben und wünsche der Hertha trotzdem alles Gute.“

    Eintracht Braunschweigs Neuzugang spricht über schwierige Hertha-Zeit

    Um im Rhythmus zu bleiben, spielte Lucoqui auch mehrfach freiwillig in der 2. Mannschaft der Hertha in der Regionalliga Nordost. „In den Zeitungen stand teilweise, dass ich degradiert wurde. Aber ich wollte die Spielpraxis und den Wettkampf, anstatt nur zu trainieren, auch wenn es „nur“ die Regionalliga war. Ich wusste aber, dass das kein Dauerzustand sein konnte und ich mich vorbereiten musste, auf das, was kommen könnte“, sagt der Spieler, der eine komplizierte Zeit in seiner Profikarriere erlebte. „Es war nicht so einfach, wenn man alles gibt und trotzdem weiß, dass man keine Chance bekommt. Da gab es auch Tage, an denen es für mich sehr schwierig war, zum Training zu gehen. Die Kunst ist aber, sich das nicht anmerken zu lassen“, verdeutlicht der sympathische 1,80-Meter-Mann.

    Es gibt sicher auch Fußballer, die an einer solchen Situation verzweifeln. Doch für Lucoqui gilt: „Alles Negative kann einen stärker machen. Ich versuche immer, das in positive Energie umzuwandeln. Ich wusste, dass ich wieder gebraucht werde, auch wenn es unter Umständen nicht in Berlin sein würde.“ Der Wechsel in die Hauptstadt sollte sich als Sackgasse erweisen. Schon in den Jahren zuvor war der Braunschweiger Neuzugang viel im Profifußball herumgekommen.

    Nach Stationen im Nachwuchs von Leverkusen, Köln und Düsseldorf wechselte er von den Profis der Fortuna zu Arminia Bielefeld, weiter nach Mainz und landete über die Leih-Station Hansa Rostock in Berlin. Doch er bereut keinen dieser Schritte und sagt: „Ich möchte immer wieder klettern, wie auf einer Leiter. Ich hätte in Bielefeld bleiben können, aber ich wollte die nächste Stufe erklimmen, auch wenn das Risiko besteht, dass ich auch mal fallen kann. Ich möchte mir nie vorwerfen, es nicht versucht zu haben.“

    Anderson Lucoqui ist bei Tiktok als Musiker aktiv – Eintracht Braunschweigs Spieler freut es

    Ohne die Rückschläge wäre er nicht da, wo er jetzt ist, glaubt er. Trotzdem kann er sich vorstellen, dass die Eintracht nicht nur eine kurze Station für ihn ist. In Braunschweig konkurriert Lucoqui auf der linken Abwehrseite nun mit Anton Donkor, der in dieser Saison kaum eine Minute verpasste, zuletzt aber etwas überspielt wirkte. Lucoqui kennt Donkor schon aus früheren Zeiten. „Anton und ich sind etwas unterschiedliche Spielertypen. Für den Trainer ist es doch positiv, zwei Spieler zu haben, die verschiedene Attribute mitbringen “, meint der gebürtige Zweibrückener.

    Abseits des Platzes ist die Musik ein großes Hobby für ihn. Er lernt, Klavier zu spielen, doch in seinem Studio kann er das Meiste auch am Computer herstellen. „Ich bin nicht der typische Fußball-Profi. Ich mache gern Musik, bin eng mit der Community. Ich finde das wichtig, Nähe zu den Fans zu haben und gute Vibes zu verbreiten“, sagt Lucoqui, der die Ergebnisse seiner Kunst im Sozialen Netzwerk TikTok teilt und dort mit anderen Nutzern interagiert.

    Für den Moment hat er sein Equipment aber noch in Berlin gelassen, obwohl die Resonanz der neuen Teamkollegen auf das musikalische Talent bereits positiv war. „Aber der Fokus liegt immer nur auf dem Sportlichen“, sagt er im Hinblick auf das Saisonziel Klassenerhalt, das durch den guten Lauf zuletzt wieder in greifbare Nähe rückte. Beim Erreichen will Lucoqui mithelfen, bleibt aber selbstkritisch: „Ich möchte so schnell wie möglich zeigen, was ich drauf habe. Ich bin für den Moment zufrieden, aber noch nicht zu zufrieden, weil ich nicht annähernd an dem Punkt bin, an dem ich sein möchte.“

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