Braunschweig. Braunschweig kann auch in Spiel 1 nach der Trennung von Jens Härtel nicht gewinnen. Beim 1:4 zeigte der Zweitligist aber, dass er noch am Leben ist.
Das alte Eintracht-Gefühl ist zumindest ansatzweise zurück, die Punkte fehlen aber weiterhin. Bei der 1:4 (0:2)-Niederlage des Fußball-Zweitligisten gab es eine Reaktion der Mannschaft. Und auch das Publikum wirkte bei Marc Pfitzners Debüt wie beseelt von dessen Berufung zum Interimstrainer und der Rückholaktion von Innenverteidiger „Eisen“-Ermin Bicakcic. Ihre Namen brüllten die 19.333 Zuschauer am Freitagabend im Eintracht-Stadion am inbrünstigsten. Nicht ganz so laut, aber auch unüberhörbar waren die erneut aufkommenden „Raus“-Rufe auf Kosten von Sport-Geschäftsführer Peter Vollmann. An der prekären Lage der Braunschweiger im erbarmungslosen Abstiegskampf änderte sich aber erst einmal gar nichts. Doch von vorn.
Nur ein Neuzugang in Eintracht Braunschweigs Startelf gegen Düsseldorf
Nur ein einziger Neuzugang schaffte es in Pfitzners Startelf: Florian Krüger, der wieder auf der linken Außenbahn aufgeboten wurde. Dass allerdings andere Sommertransfers wie Thorir Helgason, Robert Ivanov, Rayan Philippe, Kaan Caliskaner oder Keita Endo nicht einmal dem Aufgebot angehörten, war eine schallende Ohrfeige für diejenigen, die diesen Kader zusammengestellt hatten.
Stattdessen setzte der Interimstrainer auf Spieler, die von seinem geschassten Vorgänger Härtel zuletzt mit Geringschätzung gestraft worden waren: Jan-Hendrik Marx, Maurice Multhaup, Brian Behrendt und Hasan Kurucay starteten. Pfitzner setzte auf die Spieler, die den Eindruck erweckten, ihr letztes Hemd für den Klub zu geben. Und das taten sie wirklich von Beginn an.
In den ersten zehn Minuten ergab sich das klassische Bild einer Mannschaft nach einem Trainerwechsel. Die Braunschweiger drückten, dann legte sich das Spitzenteam Düsseldorf den Tabellenletzten zurecht und stach zweimal eiskalt zu. Christos Tziolis aus kurzer Distanz (12.) und Vincent Vermeij (15) nach einem schnellen Angriff (15.) sorgten mit ihren Toren auf der blau-gelben Nostalgie-Party für einen herben Stimmungsdämpfer.
Es waren die individuellen Fehler, die die Löwen, um den mal wieder schwachen Kapitän Jannis Nikolaou, ins Hintertreffen brachten. Auf der Gegenseite hatte die Eintracht zwar mehrere vielversprechende Annäherungsversuche, doch konkrete Abschlüsse, die eine Gefahr für Fortuna-Schlussmann Florian Kastenmeier darstellten, waren allenfalls in Spurenelementen zu finden.
Fotostrecke: Eintracht Braunschweig verliert gegen Düsseldorf
Pfitzner reagierte zur Pause, nahm Fabio Kaufmann und Luc Ihorst vom Feld. Johan Gómez kam, außerdem feierte Sidi Sané nach monatelangem Ausfall (Bänderverletzung) seine Pflichtspiel-Premiere für die Eintracht. Doch der Drive der ersten Hälfte war ein wenig verflogen, die technischen Patzer zurück. Es war nun doch wieder mehr Überlebenskampf, die individuelle Überlegenheit der Gäste sichtbar. Das Spiel der Braunschweiger war aber im Vergleich zu den Wochen zuvor und besonders zum 0:3-Offenbarungseid in Elversberg wieder direkter. Das Umschaltspiel, das unter Härtel nur noch eine verblasste Erinnerung zu sein schien, kam wieder zum Vorschein.
Sidi Sané gibt sein Pflichtspieldebüt für Eintracht Braunschweig
Freche Einzelaktionen wie etwa von Sané feierte die Gegengerade frenetisch. Dem endgültigen Knockout ging die Eintracht dann durch eine haarscharfe Abseitsstellung durch Tziolis aus dem Weg – und traf im direkten Gegenzug. Am Ende einer direkten Kombination durch Marx und Multhaup drückte Krüger den Ball zu seinem ersten Treffer nach seinem Wechsel über die Linie (59.). Doch die kurz aufflammende Hoffnung auf einen Punktgewinn beseitigte Fortuna-Verteidiger Jamil Siebert mit seinem 1:3 (64.). Ein mögliches 1:4 nahm der VAR erst zurück. Doch in der achten Minute der Nachspielzeit fiel es doch noch durch Ao Tanaka, einen der stärksten Spieler der Liga.
Am Ausgang der Partie änderte das nichts mehr. Bicakcic bekam noch 15 Minuten Einsatzzeit, strahlte Ruhe und Führunsstärke aus. Doch natürlich fehlt es ihm an Spielpraxis. Die muss er sich nun im laufenden Betrieb holen. Die Braunschweiger brauchen ihn. Nicht nur der Sturm war zuletzt ein laues Lüftchen, auch die Defensive ließ zu viele Gegentore zu, um auf diesem Niveau Punkte zu sammeln. Auch gegen Düsseldorf geriet vieles zu fehlerhaft.
Der Mannschaft muss man zugutehalten, dass sie kämpfte, sich endlich wehrte und mehr Mut und Leidenschaft zeigte als in fast jedem Spiel unter Härtel. Noch hat sie aber nicht den Beweis erbracht, dass es reicht, wenn eine Vereinsführung Entscheidungen trifft, die bloß die Fan-Seele streicheln. Pfitzner hat bewiesen, dass er das Eintracht-Herz wieder zum Schlagen bringen kann, nun muss er dafür sorgen, dass auch Kopf und Füße seiner Spieler mit weniger Aussetzern funktionieren. Im Derby gegen Hannover am Sonntag in einer Woche dürfen sich die Braunschweiger keine Patzer erlauben.