Braunschweig. Braunschweigs Trainer muss aber nicht um seinen Job bangen. Peter Vollmann wähnt die Eintracht trotz Platz 18 „auf dem richtigen Weg“.

Das Wetter am Montag spiegelte die sportliche Lage Eintracht Braunschweigs hart und unmissverständlich wider: grau, regnerisch, trist. Platz 18 in der 2. Fußball-Bundesliga fühlt sich genau so an. Nach dem 1:3 gegen den SC Paderborn konzentrierte sich viel Kritik auf Peter Vollmann. Die Rufe gegen Eintrachts Sport-Geschäftsführer waren im Stadion unüberhörbar. Am Montag herrschte in der Personalie aber Ruhe. Auch die Unzufriedenheit mit Jens Härtel nimmt zu. Die neue Saison mit dem neuen Trainer ist seit Montag genau 100 Tage alt – und Härtel weist eine verheerende Bilanz auf.

Eintracht Braunschweig - SC Paderborn: 1:3

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    Zehn Pflichtspiele haben die Blau-Gelben unter der Führung des 54-Jährigen absolviert, ein einziges haben sie gewonnen: am 20. August mit 1:0 gegen denBundesliga-Absteiger Schalke 04, bei dem es seit Wochen drunter und drüber geht. Dazu gab es zwei Remis und sieben Niederlagen. Das ergibt in Summe ein Erstrunden-Aus im DFB-Pokal, Rang 18 in der 2. Bundesliga und einen Punkteschnitt von 0,5. Verheerend.

    In Eintrachts langer Historie ist die Cheftrainerbilanz nur von Djuradj Vasic schlechter. Der Serbe verlor 2006 all seine fünf Spiele in Blau-Gelb. Wolfgang Loos holte 2004 wie Härtel 0,5 Punkte im Schnitt mit einem Remis aus zwei Partien. Aber es waren eben nur diese zwei Partien, nicht zehn.

    Härtel muss offenbar aktuell dennoch nicht um seinen Job fürchten. „Wir sind davon überzeugt, dass die Richtung stimmt“, sagt Vollmann. „Wir sind auf dem richtigen Weg und müssen diesen weitergehen.“ Spötter würden sagen, dass dieser Weg seit Wochen nur eine Richtung kennt und dessen Ende vorgezeichnet ist: nach unten. Aber die Situation sollte differenziert bewertet werden. Denn zwischen Leistung und Ergebnis stimmten zuletzt die Verhältnisse wahrhaftig nicht.

    Peter Vollmann: „Man sieht, dass stetig eine Verbesserung stattfindet“

    Beim 2:2 gegen den 1. FC Nürnberg waren die Braunschweiger ebenbürtig und hätten gewinnen können. Beim 0:1 in Rostock traten sie auf Augenhöhe auf und hätten nicht verlieren dürfen. Beim 1:3 gegen den SC Paderborn dominierten sie die zweite Hälfte, hatten die Partie aber schon in den ersten 30 Minuten verloren. Hätte, wäre, Fahrradkette. „Das ist alles im Konjunktiv“, sagt der konstanteste Braunschweiger Ron-Thorben Hoffmann. „Wir haben gegen Paderborn verloren. Das ist Fakt.“ Auch Vollmann sagt, „es hätten drei, vier Punkte mehr sein können, sind es aber nicht. Daher müssen wir anerkennen, dass wir Letzter sind“.

    Dennoch wähnt Vollmann die Eintracht auf dem richtigen Weg – ein Widerspruch? „Zu Beginn der Saison waren wir auch in den entscheidenden Statistiken den Gegnern unterlegen, die haben sich aber verbessert.“ Torschüsse, Zweikampfquoten, Eckbälle, Ballbesitzphasen, gelaufene Kilometer. Das seien quantifizierbare Daten, die sich in den vergangenen Wochen verbessert hätten, sagt der Sport-Geschäftsführer. „Man sieht, dass stetig eine Verbesserung stattfindet.“ Nur nicht in den Ergebnissen.

    Jens Härtel hofft auf den Ketchupflaschen-Effekt

    Auch Härtel spricht von „kleinen Schritten“, die seine Mannschaft Woche für Woche gehe. Zudem greift der Trainer in den Kühlschrank. „Ich hoffe auf den Ketchupflaschen-Effekt“, sagt er nach dem 1:3 gegen Paderborn. Frei übersetzt: Wenn man die Ketchupflasche umdreht, kommt erstmal lange nichts und dann auf einmal ganz viel.

    Nur: Die Konkurrenten im Abstiegskampf rauschen mit großen Schritten in Form von Punkten langsam, aber sicher davon und distanzieren die Blau-Gelben. „Wir brauchen ein Erfolgserlebnis“, sagt Vollmann, das würde die Leichtigkeit zurückbringen. „Und unseren Weg bestätigen.“ Er bekräftigt: „Wir sind absolut konkurrenzfähig, das hat die Mannschaft zuletzt bewiesen.“

    Peter Vollmann, Sportchef von Eintracht Braunschweig.
    Peter Vollmann, Sportchef von Eintracht Braunschweig. © regios24 | Sebastian Priebe

    Ein paar Aufgaben würde der Sport-Geschäftsführer seinem Trainer aber ins Hausaufgabenheft für die Länderspielpause schreiben. „Wir müssen uns kritisch mit unserer Aufstellung auseinandersetzen“, sagt Vollmann. Spielt jeder Akteur auf der für ihn bestmöglichen Position? Müssten die Joker, die für Belebung sorgen, nicht im nächsten Spiel von Beginn an ran? „Wir haben da noch Veränderungspotenzial“, sagt Vollmann über Härtels Verantwortungsbereich.

    Aber es geht dem Sportchef nicht nur um die Auf-, sondern auch um die Einstellung. „Wir müssen mehr Mut an den Tag legen“, fordert Vollmann. Das Team soll nicht erst dann befreit aufspielen, wenn der Drops schon gelutscht ist – wie gegen Paderborn. „Wir müssen mehr agieren, sofort Fußball spielen und nichts dem Gegner überlassen.“

    Bei der Eintracht konnte sich noch keine Achse herausbilden

    Und Härtel? Der 100-Tage-Jubilar hatte auch aufgrund von Verletzungen und Sperren große Schwierigkeiten, eine Eintracht-Achse herauszubilden. Hoffmann ist im Tor unangefochten, fehlerlos und mausert sich zum Sprachrohr des Teams. Davor kristallisiert sich Robert Ivanov als Abwehrchef hinaus, während Sebastian Griesbeck daneben zuletzt einige individuelle Fehler unterliefen. Der Routinier wäre wohl im Mittelfeld besser aufgehoben. Kapitän Jannis Nikolaou taucht im defensiven Mittelfeld anders als sein Nebenmann Robin Krauße zu häufig mit negativer Körpersprache ab, und vorne fehlt Anthony Ujah an allen Ecken und Enden.

    So kann auch der Trainer kein Puzzle fertigstellen, bei dem ihm wichtige Teile fehlen. Härtel wirkt auch nach 100 Tagen noch ein wenig auf der Suche nach dem richtigen Personal für seine Spielidee. Immerhin: Er kann für sich beanspruchen, in den vergangenen Wochen die Themen offensive Standards und Chancenentwicklung vorangebracht zu haben. Nur reichte es in den vier Partien zwischen der jüngsten und dieser Länderspielpause nur für einen einzigen Punkt. „Die nächsten zwei Wochen werden nicht einfach“, sagt Härtel. „Wir müssen uns schütteln – anders geht es nicht.“ Das ist bei Ketchupflaschen ja auch oft das Erfolgsrezept.