Harsewinkel. Als Spieler war und ist Marc Pfitzner bei Eintracht Braunschweig eine Legende für die Fans. Als Trainer will er sich immer verbessern.

Marc Pfitzner ist bei Eintracht Braunschweig eine Vereinslegende und mittlerweile zu einer wichtigen Schnittstelle zwischen den Profis und dem Nachwuchsleistungszentrum geworden. Im Interview mit Lars Rücker und Tobias Feuerhahn spricht der ehemalige Fußballer über seine Rolle, das Trainerdasein und seine Ziele auf verschiedenen Ebenen.

Marc Pfitzner, Sie haben bei Eintracht Braunschweig eine neue Aufgabe übernommen, sind nun U23- statt U19-Trainer und weiterhin als Co-Trainer bei den Profis dabei. Wie gefällt Ihnen diese Doppelrolle?

Es stand ja schon etwas länger fest, deswegen konnte ich mich darauf vorbereiten. Es ist mein erster Schritt als Chef-Trainer im Herrenbereich. Für mich ist das etwas Neues. Als Spieler war ich damals ja auch Teil der 2. Mannschaft. Jetzt habe ich es mit Erwachsenen zu tun, bei der U19 waren es zum Teil noch Minderjährige. Und ich glaube, dass bei den Herren zum Teil auch ein anderer Zug drin sein wird. Es sind einige erfahrene Spieler dabei, die man auch anders anpacken kann.

Inwiefern?

Jetzt geht es in die Phase, in der sich die erste Elf herauskristallisiert. Es wird schon etwas anderes, wenn man einem gestandenen Spieler sagen muss, dass er nicht spielt. Schon als U19-Trainer habe ich unter Michael Schiele zum Trainerteam gehört. Und das ist schon zeitaufwendig. Für seine eigene Mannschaft muss man viel organisieren, dazu kommen dann gerade in der Vorbereitung oft zwei Einheiten täglich, bevor ich ins NLZ düse. Ich wurde dabei aber schon im letzten Jahr von meinem Co-Trainer Ridha Kitar sehr gut unterstützt, der ein absolutes Organisationstalent und eine richtige Arbeitsmaschine ist. Aber das Trainerteam ist überhaupt gut zusammengestellt, mit Jasmin Fejzic als Torwart-Trainer, unserem Athletiktrainer und Patrick Leonardi sowie Arndt Kutschke, die sich um weitere wichtige Belange rund um die Mannschaft kümmern.

Pfitzner hat seine Eintracht-Geschichte 100.000-mal erzählt

Mehrere Jahre lang gab es bei Eintracht Braunschweig keine U23. Sie haben selber den Sprung über die 2. Herren zu den Profis geschafft. Wie finden Sie es, dass diese Lücke nun wieder geschlossen wird?

Ich finde das extrem gut. Der direkte Schritt aus der U19 zu den Profis, egal in welcher Liga sie spielt und in welcher Liga die Herrenmannschaft spielt, ist in der Regel zu groß. Das sieht man selbst bei den Top-Nachwuchsleistungszentren. Ich fand es auch damals schade, dass wir die U23 aus Kostengründen abmelden mussten, weil ich bei mir selbst gesehen habe, wie wichtig es ist, dass man sich noch 3-4 Jahre im Männerfußball entwickeln kann. Nach der U19 ist noch keiner der Jungs ein kompletter Spieler.

Mit 22 hat Sie Benno Möhlmann erst in die Profimannschaft hochgezogen.

Ich habe die Geschichte, glaube ich, schon 100.000-mal erzählt (lacht). Ich habe in Timmerlah Kreisliga gespielt, dann ging es über die Landesliga immer weiter nach oben. Und deswegen brenne ich für diesen Weg. Viele Jungs im Nachwuchsleistungszentrum haben den Traum, Profifußballer zu werden, aber so einfach ist es nicht – auch wenn die Wahrnehmung der Spieler manchmal anders ist. Ein Mehmet Ibrahimi kam im vergangenen Jahr aus einem Top-NLZ zu uns in den Profi-Kader und hat auch gemerkt, wie groß der Sprung ist. Die U23 gibt uns die Chance dazu, dass niemand voreilig sein muss. Und ich berichte dann auch von meiner Geschichte, dass es ein bisschen dauern kann. Wir haben auch eine soziale Verantwortung und müssen die Talente darauf vorbereiten, dass sie sich auch anders aufstellen, vielleicht eine Ausbildung machen. Ich bin der Überzeugung, dass für die Spieler nach der U19 noch nicht entschieden ist, ob sie Profi werden oder nicht. Deswegen braucht man Herrenjahre. Und es gibt viele Vereine, die das erkannt haben, und jetzt eine kleine Rolle rückwärts zur U23 machen.

Was haben Sie von den Trainern gelernt, mit denen Sie zusammengearbeitet haben?

Ich habe schon zu meiner aktiven Zeit gemerkt, dass die Trainersache etwas für mich sein könnte. Mit meinem Wechsel nach Bremen hat das Fahrt aufgenommen. Ich habe die Lizenzen gemacht. Bei Alexander Nouri oder Florian Kohfeldt bin ich schon nicht mehr einfach so ins Training gegangen, sondern habe auch schon geschaut, was dahintersteckt. In Braunschweig hatte ich dann auch noch den einen oder anderen Trainer. Nachdem ich zurückgekommen bin, waren es mehr als in den ganzen Jahren zuvor. Trotzdem ist es jetzt noch einmal etwas anderes. Trainer und Spieler sein, kann man nicht vergleichen. Wenn du da stehst und alle Augen gucken dich an und du musst sagen, wo es langgeht, das ist ein großer Unterschied.

Das hat Marc Pfitzner bei Eintracht Braunschweig vor

Und wie sehen Sie ihre Rolle als Co-Trainer der Profis?

Schon bei Michael Schiele und auch in der kurzen Zeit bei Jens Härtel war und ist für mich angesagt, erstmal alles aufzusaugen. Mit der Zeit habe ich mehr und mehr Verantwortung bekommen. Jens Härtel wollte mich dann auch erst einmal kennenlernen. Er hat mich gefragt, wofür ich stehe, wie ich Fußball spielen lassen will, wo meine Stärken und Schwächen sind.

„Ich bin der Überzeugung, dass für die Spieler nach der U19 noch nicht entschieden ist, ob sie Profi werden oder nicht. Deswegen braucht man Herrenjahre.“
Marc Pfitzner über die Nachwuchsspieler

Wie lautet denn Ihre Idee von Fußball?

Als Spieler habe ich mich schon damit auseinandergesetzt. Und meine erfolgreichste Zeit war unter Torsten Lieberknecht. Damals gab es einen Spruch, der mich geprägt hat. Und der lautet: Keiner ist größer als das Team. Dieses Leidenschaftliche, das mich ausgezeichnet hat, versuche ich mir beizubehalten. Ein Team ist besser als viele Einzelkönner, bei denen die Chemie aber nicht passt. Unter Torsten standen wir alle zusammen kompakt und hatten dann diese Umschaltmomente. Das war auch das, was ich als Spieler konnte. Aber es gibt ja noch mehr Spielphasen, die wir durchspielen und verinnerlichen. Aber dafür ist diese Geschlossenheit wichtig.

Viele Ihrer ehemaligen Mitspieler sind mittlerweile bei Eintracht Braunschweig in anderen Funktionen tätig. Ist das cool, alle beisammenzuhaben?

Das ist gut, und ich glaube, dass wir damit Erfolg haben können. Wir haben viel zusammen erlebt. In manchen Dingen versteht man sich vielleicht sogar blind. Aber unsere Expertise aus der Zeit als Spieler auf dem Platz reicht nicht. Auch ich habe es mir anfangs leichter vorgestellt, Trainer zu sein. Aber man muss sich echt anstrengen, weiterbilden und eine Menge lernen. Deswegen ist der Schritt über das Nachwuchsleistungszentrum genau richtig. Und wir müssen auch aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr in einer Wohlfühloase befinden. Deswegen schadet es auch nicht, ein paar Jungs dabei zu haben, die von außen kommen. Aber es ist auch nicht so, dass wir uns nur sagen, wie klasse wir sind. Es geht konstruktiv zu und es wird auch diskutiert.

Marc Pfitzners Traum vom Fußball-Lehrer-Lizenz

Sie wollen Sich weiterbilden. Ist es auch Ihr Ziel, den Fußball-Lehrer-Lehrgang zu absolvieren?

Definitiv. Aufgrund meiner Zeit als Profi in den ersten drei Ligen hatte ich schon die B-Lizenz. In Bremen habe ich in der U23 gespielt und war gleichzeitig Co-Trainer der U17, konnte hinter die Kulissen schauen bei einem großen Verein. Dort habe ich meine Elite-Jugendlizenz gemacht. Und im Jahr danach direkt die A-Lizenz. Vor zwei Jahren habe ich mich schon für den Fußball-Lehrer beworben, aber da war ich noch sehr neu. Jetzt wurde das Bewerbungsverfahren geändert. Bundesweit gibt es 16 Plätze, es ist nicht einfach, da reinzukommen. Aber ich werde es versuchen und hoffentlich irgendwann mal Fußball-Lehrer sein.

Sie haben selbst über ihren Weg zum Profi gesprochen, der Umwege bereithielt. Wie sehr würden Sie sich darüber freuen, einen Ihrer Spieler mal bei den Profis der Eintracht zu sehen?

Darum bin ich hier. Das ist auch ganz klar der Auftrag unseres Nachwuchsleistungszentrums und danach lechzen viele Fans, dass es mal wieder jemand nach oben schafft, der vielleicht sogar aus der Region kommt. Aber wir dürfen auch keine falschen Erwartungen wecken. Noch kann kein U19-Spieler dauerhaft in der 2. Liga helfen. Aber vielleicht kann der eine oder andere schon Mal einen Impuls setzen. Die Entwicklung dieser Spieler geht gerade erst los im Herrenbereich.