Braunschweig. Der Trainer schaffte den Wiederaufstieg in die 2. Liga und den Klassenerhalt, war nahbar und zielgerichtet – hatte aber gewiss auch seine Schwächen.

Als Michael Schiele im Sommer 2021 den Trainerposten bei Eintracht Braunschweig übernommen hat, war von einnehmender Präsenz nicht viel zu spüren. Er versprühte nicht diese „Hier-bin-ich-Mentalität“, die einige seiner Amtskollegen an den Tag legen. Stattdessen wirkte der heute 45-Jährige etwas scheu – zunächst zumindest. Das änderte sich nämlich. Bei der Pressekonferenz vor seinem ersten Spiel als Trainer von Eintracht Braunschweig ging er noch einmal auf alles Anwesenden zu, stellte sich vor, bot das Du an.

Fortan setzte sich seine nahbare Art durch. Auch in der Gunst der Fans kletterte der gebürtige Heidenheimer stetig. Am Trainingsplatz plauderte er mit den Anhängern. Bitten um Autogramme schlug er nicht aus.

Sportlich lief’s unter Michael Schiele bei Eintracht Braunschweig

Schiele war kommunikativ – im Umgang mit den Fans, aber auch innerhalb des Klubs. Die anfängliche Schüchternheit schien nur eine Beobachtungsphase, ein Übergang, ein Orientierungsmoment zu sein.

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Und auch sportlich lief’s unter dem Coach. In der 3. Liga angefangen, gelang der direkte Wiederaufstieg in die 2. Fußball-Bundesliga. Im mittelfristigen Plan der Braunschweiger war die Rückkehr ins Unterhaus eigentlich erst ein Jahr später vorgesehen.

Klassenerhalt geschafft – trotz widriger Umstände

Zur Aufstiegsparty kam Schiele seinerzeit zu spät. Er war eigentlich schon auf dem Weg nach Süddeutschland in die Heimat, kehrte dann auf halber Strecke um, nachdem die Eintracht vom Sofa aus aufgestiegen war. Und daran knüpft sich ein Punkt, der nicht unbedingt bei jedem gut ankam. Schiele war Pendler. An freien Tagen ging’s oft auf die Autobahn gen Süden zur Familie. Mit Braunschweig identifizierte er sich dennoch.

Auch der Klassenerhalt in Liga 2 gelang – diversen Verletzungen der Leistungsträger zum Trotz. Aber in der vergangenen Spielzeit wurde es auch schon mal holprig. Wenn es sportlich mal nicht lief – und das kam regelmäßig vor – wirkte der Trainer manchmal etwas dünnhäutig. Kritische Fragen ob der Lage brachten ihn dann schon mal etwas auf. Und auch mit den Spielern soll nicht immer alles in friedlichem Einklang gewesen sein. In prekären Phasen strahlte Schiele oft eine gewisse Anspannung, vielleicht sogar ein wenig Verunsicherung aus – was sich wiederum die Spieler aus der Ruhe brachte.

Michael Schieles Schwächen schwappten auf die Mannschaft über

Und wenn’s mal gut lief, wollte er die spielerische Entwicklung zu schnell vorantreiben – was der Kader nicht hergab. Für Trainer ist der Draht zur Mannschaft immens wichtig. Da hat jeder seine eigene Art. Manch einer stellt über strikte hierarchische Strukturen seine Ordnung her, auch durch Einschüchterung. So einer ist Schiele sicher nicht. Und das er die Kabine verloren hat – wie es so oft heißt –, trifft es sicher auch nicht. Eine gewisse Distanz aber soll es ein einigen Stellen gegeben haben. Manch ein Spieler wusste nicht mehr so recht, woran er war, wenn er nach langer Zeit des Bankdaseins plötzlich wieder in der Startelf stand – und dann wieder in der Versenkung verschwand.

Schiele hatte gewiss seine Schwächen. Aber er hatte auch klare Stärken. Und die haben den Blau-Gelben in den vergangenen zwei Jahren zu etwas Konstanz verholfen, haben die Identifikation wieder gestärkt. Nach langer Zeit des ständigen Neuaufbaus war er schließlich der erste Coach seit Torsten Lieberknecht, der länger als ein Jahr bei der Eintracht war. Die Betonung liegt seit Freitagabend auf „war“.

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