Seoul. Südkoreas Hauptstadt erkundet man am besten mit der U-Bahn. Die stets überfüllte Linie 2 verbindet viele Sehenswürdigkeiten.

Die Menschen stehen schon Körper an Körper. Da quetscht sich von hinten noch ein letzter Fahrgast durch die sich schließende Tür. Abfahrt. Zur Rushhour morgens um sechs ist es höllisch eng in der U-Bahn-Linie 2. Kein Wunder, dass die Bewohner von Seoul diese U-Bahn-Linie als „grüne Hölle“ bezeichnen.

Doch nur wer mitfährt, erlebt das Leben im Gangnam-Style; diesen turbulenten Lifestyle der Südkoreaner, dem der Rapper Psy mit dem gleichnamigen Erfolgssong ein bei Youtube millionenfach abgerufenes Denkmal gesetzt hat.

Nach Tokyo ist der Großraum Seoul die zweitgrößte Metropolregion der Welt. Mehr als 22 Millionen Menschen wohnen hier. Da verwundert es nicht, dass 2,5 Milliarden Menschen jährlich die neun U-Bahn-Linien von Seoul nutzen.

Die Linie 2 ist die Ringlinie. Sie verbindet das Stadtzentrum rund um das Rathaus mit dem Universitätsviertel Hongdae und Gangnam, dem hippen zweiten Stadtzentrum südlich des Han-Flusses.

Wer mitfahren möchte, braucht keinen Fahrschein wie in Deutschland. Jeder Fahrgast benötigt die Seoul-Metrokarte: Diese Plastikscheckkarte ist der Öffner für die Eingangsschranken zur U-Bahn und zum Leben im „Gangnam-Style“: Guthaben aufladen. Auf den Leser halten. Reingehen. Zur nächsten Station fahren. Aussteigen. Auf den Leser halten. Raus ins Leben.

Ins „alte Leben“ von Seoul kommt, wer am Rathaus („City Hall“) aussteigt. Zwar wird das alte, 1926 erbaute Rathaus bereits von einem Neubau überragt. Doch gerade in diesem Teil der Stadt finden sich einige Relikte aus vergangenen Zeiten.

Unweit des Rathauses liegt der Deoksugung-Palast, einer der fünf Paläste aus der Joseon-Dynastie. Einst als Villa für einen Prinzen gedacht, wurde das Gebäude 1598 infolge eines Krieges zum Palast. Der Deoksugung-Palast ist der einzige Palast in Seoul, der von westlichen Gebäuden flankiert wird.

Schnell, exzessiv und genussvoll ist das Leben im Gangnam-Style

In fußläufiger Nähe findet sich der Namdaemun-Markt, einer der größten und ältesten Märkte Südkoreas. Gewürze, Lebensmittel, Kleidung – nirgendwo sonst kann Südkorea besser erschmeckt, errochen oder ertastet werden.

Wer schon mal da ist, sollte einen Abstecher zum Sungnyemun-Tor machen. Das Südtor ist das größte Stadttor Seouls. Auf einem kleinen Rasenstück sind sogar noch Reste der Stadtmauer zu erkennen.

Mit der Linie 2 geht’s weiter zur Haltestelle Hongik-University. Hier im Universitätsviertel arbeiten, entspannen oder feiern die jungen Südkoreaner. All das gerne exzessiv. Zu sehen ist das bei einem Besuch der zahlreichen Kaffeehäuser und Restaurants. In der Bar „Vinyl“ schmecken die Cocktails aus dem Plastikbeutel besonders gut.

Zurück in die Zukunft geht es mit der Linie 2 an der Gangnam Station. In schillernden Glaspalästen haben Koreas Technologieunternehmen ihre großen Ausstellungsräume: Im D’light Store zeigt Samsung zum Beispiel nicht nur die Smartphones von morgen, sondern lädt auch zum Testen der aktuellen Geräte ein.

Der Treffpunkt für alle Tag- und Nachtschwärmer ist allerdings Ausgang 11 der Gangnam Station. Von hier aus sind es nur ein paar Gehminuten in die vielen Clubs, Restaurants oder Karaoke-Bars von Gangnam. Touristen und Einheimische machen hier die Nacht zum Tag. Bevor für die viele der Tag wieder mit einer überfüllten Linie 2 beginnt.

Und die Kims? Die angespannte politische Lage spielt im öffentlichen Leben von Südkorea kaum eine Rolle. Zwar berichten die lokalen Sender, wenn im Norden mal wieder eine Rakete getestet wurde. Und jeder weiß, dass jede U-Bahn-Station im Kriegsfall zum Bunker werden kann. Aber die Bedrohung aus dem Norden gehört seit fast 70 Jahren zum Alltag. Und ist deswegen wieder schnell vergessen. Schnell, exzessiv und genussvoll – so ist es halt, das Leben im Gangnam-Style.