Göttingen. Ein 71-jähriger Mann aus Herzberg am Harz ist wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 740.000 Euro angeklagt. Doch ist unklar, wie es weitergeht.

Zweimal schon hat das Landgericht Göttingen einen Prozess gegen den einstigen Geschäftsführer eines inzwischen aufgelösten Handelsunternehmens in Herzberg wegen Steuerhinterziehung angesetzt. Beide Male war der Prozess geplatzt: Beim ersten Termin war der 71 Jahre alte Angeklagte aus gesundheitlichen Gründen nicht erschienen, beim zweiten Termin blieb er der Verhandlung fern, ohne hierfür Gründe zu nennen. Am Donnerstag gab es nun den dritten Prozessanlauf.

Der Vorsitzende Richter stellte zu Beginn der Verhandlung fest, dass alle Verfahrensbeteiligten erschienen waren – nur der Angeklagte nicht. Dies war nicht überraschend: Der 71-Jährige, der inzwischen in der Schweiz lebt, hatte bereits einige Tage zuvor gegenüber seinem Verteidiger angekündigt, dass er nicht nach Göttingen kommen werde.

Darum geht es

Die mutmaßlichen Steuerhinterziehungsdelikte, für die sich der Angeklagte vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Göttingen verantworten soll, liegen bereits viele Jahre zurück. Der 71-Jährige war damals Geschäftsführer eines Unternehmens in Herzberg, das sich im Bereich Handel, Bau und Entwicklung von Maschinen betätigt haben soll.

Die zuständige Staatsanwaltschaft in Braunschweig wirft dem einstigen Firmenchef vor, beim Handel mit Druckplatten sogenannte Kick-Back-Zahlungen unberechtigt als Betriebsausgaben in Abzug gebracht zu haben. Außerdem habe er von Lieferanten erteilte Gutschriften für Bestellmengen nicht versteuert. Dadurch sei ein Steuerschaden von rund 740.000 Euro entstanden.

Was nun?

Das Landgericht steht nun vor der Frage, wie es darauf reagieren soll, dass sich der Angeklagte offenbar dem Verfahren in Göttingen nicht stellen will. Das Problem dabei: Ein Antrag auf Auslieferung dürfte wenig Erfolgsaussichten haben, da die Schweiz bei einfachen Steuerdelikten wie Steuerhinterziehung nicht ausliefert. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft regte an, einen so genannten Vorführungsbefehl zu erlassen. In dem Fall könnte der Angeklagte bei einem Grenzübertritt für die Hauptverhandlung „dingfest gemacht“ werden.

Auf jeden Fall müsse man auf das Nichterscheinen des Angeklagten reagieren, auch zur Verteidigung der Rechtsordnung könne man dies nicht einfach so stehen lassen. Der Vorsitzende Richter erklärte, dass die Kammer sich eine Entscheidung über etwaige Zwangsmaßnahmen vorbehalte. Die Hauptverhandlung wurde zunächst ausgesetzt, ein neuer Termin soll von Amts wegen anberaumt werden.