Osterode. Der Landkreis Göttingen will künftig acht statt vier Millionen Euro für die Kinderbetreuung in den Gemeinden aufwenden. Aber reicht das aus?

Bis zum 30. November haben die Gemeinden im Landkreis Göttingen noch Zeit, sich für oder gegen die neue öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Kinderbetreuung in den Kommunen zu entscheiden. Der Landkreis will künftig acht statt vier Millionen Euro jährlich dafür an die teilnehmenden Gemeinden zahlen, von denen einige warnen, das sei dennoch zu wenig. Eigentlich ist die Kinderbetreuung Sache des Landkreises. Weil die Gemeinden aber ihre Bedarfe besser kennen, übernehmen sie mit finanzieller Unterstützung des Kreises selbst diese Aufgabe.

Einige Stadträte größerer Gemeinden haben bereits beschlossen, dem Vertragsvorschlag zuzustimmen – darunter etwa Herzberg und Osterode. Das bedeutet aber nicht, dass die Diskussion darum beendet wäre. So hieß es schon im Vorfeld der Abstimmung in Herzberg von der dortigen CDU-Fraktion: „Die besagte Vereinbarung war und ist sehr einseitig zu Gunsten des Landkreises ausgefallen und dürfte einer kritischen Beurteilung der Kommunalaufsicht nicht standhalten.“ Die Finanzierung der Kinderbetreuung sei nicht ausreichend.

Das Finanzierungsproblem der Kinderbetreuung

Auch Walkenried gehört zu den Gemeinden, die mehr Unterstützung vom Landkreis erwarten. Der Landkreis habe sich dazu bereit erklärt, acht statt sieben Millionen Euro Zuschuss an die Kommunen zu zahlen, rechnet Bürgermeister Lars Deiters vor. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch: Drei dieser sieben Millionen davon zahlte der Landkreis außerhalb der gültigen Vereinbarung, um die Gemeinden darüber hinaus zu unterstützen. Das wiederum sollte nicht verhehlen, dass die Finanzierung trotzdem nicht ausreicht. „Im Jahr 2021 hat Walkenried 850.000 Euro zugebuttert“, so Deiters.

Es dürfte allen Beteiligten klar sein: Die Kinderbetreuung im Kreisgebiet hat ein Finanzierungsproblem. Auch die anderen Gemeinden zahlen zu, in ihren Haushalten stellen die Kosten für die Kinderbetreuung regelmäßig den größten Posten dar. Die Frage ist aber, ob der Landkreis die richtige Instanz ist, um das Problem zu lösen. Zwar würde die Kreisverwaltung bei besonderen Schieflagen weiterhin unterstützend eingreifen – „wenn es zu Problemen kommt, dann werden wir sie auch gemeinsam lösen“, kündigt Landrat Marcel Riethig an.

Der Zuschuss des Landkreises bringt neue Probleme

Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass die Finanzmittel des Kreises fast ausschließlich aus der Umlage der Gemeinden kommen – und auch erschöpflich sind. Das ist auch das wesentliche Argument für Herzbergs Bürgermeister Christopher Wagner, die Aufgabe der Kinderbetreuung nicht wieder an den Landkreis abzugeben: „Wenn der Landkreis das wieder übernimmt, muss er die Kreisumlage zwingend erhöhen“, so Wagner. Also würden die Gemeinden auf dem Weg Verluste machen. Es sei also bloß Wunschdenken, dass eine Ablehnung der Vereinbarung den Gemeindehaushalt aufbessere.

Der Blick in die Haushaltsplanungen zeigt aber, wie ernst die Lage ist. In Herzberg stehen für 2023 Ausgaben für die Kinderbetreuung in Höhe von 3,6 Millionen Euro Einnahmen von nur 1,6 Millionen Euro gegenüber. Die Stadt Osterode muss im kommenden Jahr 1,83 Millionen Euro aus eigenen Mitteln aufbringen. Und für die mittelfristige Finanzplanung des Landkreises heißt es: Ab 2024 müssen Defizite ausgewiesen werden, „da die prognostizierte Entwicklung der allgemeinen Deckungsmittel die Kostensteigerungen in den anderen Bereichen nicht kompensieren kann.“

Wie soll es in den nächsten Jahren weitergehen?

Die Summe der Defizite in den Gemeindehaushalten dürfte in der Gesamtbetrachtung der fünfjährigen Laufzeit der geplanten Vereinbarung fast an die Dimension heranreichen, die zur Fusion der Altkreise Göttingen und Osterode geführt hatte. Damals zahlte das Land Niedersachsen 78 Millionen Euro für die Entschuldung der fusionierten Kommune. Wenn allein Osterode, Herzberg, Duderstadt und Bad Lauterberg schon etwa zwei Millionen Euro jährlich für die Kinderbetreuung verlieren, sind das in fünf Jahren 40 Millionen Euro, die fehlen. Und auch in anderen Gemeinden wie Bad Sachsa oder Walkenried sehen die Rechnungen ähnlich aus.

Wie soll diese Lücke geschlossen werden? Eigentlich bleibt als Lösung nur eine Erhöhung der Landesmittel für die Kinderbetreuung. Allerdings gibt das Land den Kommunen schon Zulagen für die Aufgabe. Osterode erhält jährlich etwas mehr als eine Million Euro und damit rund ein Viertel der Ausgaben für die Kitas vom Land, in den anderen Gemeinden sieht das Verhältnis ähnlich aus.

Viel Hoffnung auf mehr Geld macht das gerade erst neu besetzte Kultusministerium der Niedersächsischen Landesregierung nicht. Auf die Frage nach Plänen für eine weitergehende Unterstützung der Kommunen bei der Kinderbetreuung verweist ein Sprecher auf Ausbaupläne für Ausbildungsplätze und eine Reduktion der Verwaltungsaufgaben in den Einrichtungen selbst. Von mehr Finanzmitteln ist keine Rede.

Die Vereinbarung steht auf der Kippe

In Walkenried wurde noch nicht entschieden, ob man der Vereinbarung zustimmt. Noch sind ein paar Tage Zeit, die Frist endet mit dem November. Auch in Duderstadt steht die Entscheidung noch aus, die Verwaltung prüfe derzeit die möglichen finanziellen Auswirkungen, heißt es von der Stadt. Der Landkreis wiederum will die Vereinbarung nur abschließen, wenn sich eine „überwältigende Mehrheit“ der Gemeinden daran beteiligt. Landrat Riethig zeigte sich zuletzt zuversichtlich.

Egal, ob die Vereinbarung zustande kommt oder nicht – das wesentliche Problem wird sie nicht lösen. Es fehlt überall an Geld, auf einige Gemeinden im Kreis warten schon Haushaltssicherungskonzepte. Und von fehlendem Personal war noch gar nicht die Rede. Herzbergs Bürgermeister Christopher Wagner hält fest: „Wir investieren dabei in die Kinder und damit in die Zukunft, das allein sollte es uns wert sein.“

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Hinweis: Die Verwaltungen von Bad Sachsa und Walkenried lieferten bis Redaktionsschluss keine Zahlen.