Osterode. Ob und wie sich die politischen Gremien über die künftige Aufgabenverteilung im Landkreis Göttingen und Altkreis Osterode einigen, ist derzeit unklar.

Für die Gemeinden ist es in aller Regel der größte Haushaltsposten: die Kinderbetreuung. Eigentlich eine Aufgabe des Kreises, haben die Göttinger Kommunen gemeinsam eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung getroffen, die Kinderbetreuung in die Hände der Gemeinden zu geben. Die kennen ihre Bedarfe am besten und können am besten auf Änderungen reagieren, so der Gedanke dabei. Teil der Vereinbarung ist, dass der Landkreis die Gemeinden finanziell bei dieser Aufgabe unterstützt – zuletzt mit vier Millionen Euro jährlich, der Vorschlag für die neue Vereinbarung ab 1. Januar 2023 sieht den doppelten Betrag vor. Außerdem wird der Landkreis seinen Haushaltsüberschuss von 13 Millionen Euro auf die Gemeinden verteilen.

In so einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung geht es nicht nur, aber hauptsächlich um Geld und weil die Förderung des Landkreises nie ausreicht, um alle Kinderbetreuungskosten der Gemeinden zu decken, wird in den entsprechenden Ausschüssen und im Kreistag viel darüber gestritten.

Diskussion im Kreisfinanzausschuss

Schon im Finanzausschuss des Kreises Ende September wurde deutlich, wie unterschiedlich der Verhandlungsstand interpretiert wird. Dietmar Linne von den Grünen etwa begrüßte, dass man „doch noch eine Lösung gefunden“ habe. Das irritierte vor allem FDP-Mann Lutz Rockendorf, der auch als stellvertretender Bürgermeister für Bad Sachsa noch Zweifel an der Vorlage anmeldete. Und Harm Adam von der CDU bezweifelte die Zukunftsfähigkeit des Verfahrens, in dem die Hauptverwaltungsbeamten der Gemeinden mit dem Kreis verhandeln – die meisten Bürgermeister könnten sich nicht mehr auf eine eigene Ratsmehrheit stützen, was eine transparentere Diskussion nötig machen würde.

Und auch in den Gemeinden selbst ist das Thema durchaus noch umstritten. So kam es nach Informationen unserer Zeitung kürzlich bei einer Sitzung zu dem Thema, an der neben der Kreisverwaltung die Hauptverwaltungsbeamten der Kommunen des Landkreises Göttingen teilnahmen, durchaus zu kontroversen Stimmen aus dem Südharz, insbesondere von den Vertretern aus Bad Lauterberg und Bad Sachsa. Es schien eher so, als könne man sich im Südharz mit der Vereinbarung in der bis dahin vorgelegten Form nicht anfreunden.

Bislang keine Beschlussvorlage in Bad Sachsa

In der Uffestadt wird die Vereinbarung am Montag, dem 10. Oktober, in einer öffentlichen Sitzung des Stadtrates erneut zur Diskussion stehen. In der Ratsvorlage, die online einsehbar ist, wird deutlich, dass die politischen Gremien der Stadt das Thema in verschiedenen Ausschüssen auch intern diskutiert haben, eine Entscheidung scheint am 10. Oktober aber noch nicht zu fallen. Zumindest sieht das Dokument keine Beschlussvorlage seitens der Stadtverwaltung vor. Das muss die Mitglieder des Stadtrates allerdings nicht davon abhalten, trotzdem einen Beschluss zu fassen.

Sollte man in der Sitzung keine Einigung finden, kann nach aktuellem Stand der Planung die Frist der Kreisverwaltung, nach der sich alle Kommunen bis zum 30. November erklärt haben müssen, nicht eingehalten werden. Die nächste Sitzung des Bad Sachsaer Stadtrates ist erst für den 22. Dezember geplant – einen Tag nach der Sitzung des Göttinger Kreistages, in der über die Fördersumme von 2,7 Millionen Euro für den Ausbau der Infrastruktur auf dem Ravensberg entschieden wird.

In der Gemeinde Walkenried wurde die Entscheidung über die Vereinbarung auch noch nicht gefällt. Beim Auftakt der Sitzung des Gemeinderates am 22. September wurde der Tagesordnungspunkt einstimmig vom Gremium abgesetzt. Dort kann das Votum aber noch fristgerecht erfolgen. Am 24. November ist die nächste Sitzung des Gemeinderates anberaumt.

Was bedeutet „überwältigende Mehrheit“?

Doch welchen Einfluss die Entscheidung einzelner Gemeinden überhaupt auf das vorliegende Konzept haben kann, ist derzeit noch unklar. Auch in den politischen Entscheidungsgremien – das zeigte die Sitzung des Kreistags am zurückliegenden Mittwoch. Eine „überwältigende Mehrheit“ der Kommunen müsse für ein Zustandekommen für die Vereinbarung stimmen, heißt es in der Vorlage. Welche Art von Mehrheit sich hinter diesem Begriff verbirgt, hatte schon vor der Sitzung für Verwirrung gesorgt.

Auch der Kreistag konnte so recht keine Definition klären, weil die Verwaltung den Begriff wohl bewusst offen gewählt hat: Es geht darum, möglichst viele Gemeinden für die Vereinbarung zu gewinnen. Für das Gesamtkonstrukt sind größere Gemeinden aber vielleicht wichtiger als kleinere, so dass übliche Mehrheitsberechnungen zu kurz greifen würden. Diese Deutung legen jedenfalls die Ausführungen von Thorsten Heinze (SPD) in der jüngsten Kreistagssitzung nahe. Andreas Körner von der CDU hatte sich an der ungenauen Formulierung gestört.

Gemeinden mit Problemen in der Finanzierung

Fest steht: Eine Lösung tut Not. Seit die Niedersächsische Landesregierung 2018 die Beitragsfreiheit für Kitas eingeführt hat, leiden einige Gemeinden unter den gewachsenen Betreuungsaufgaben. Das hatte eine Umfrage unserer Zeitung im vergangenen Juni ergeben. In Osterode rechnete rechnet die Verwaltung mit 330.000 Euro jährlichen Mehrkosten, wegen des höheren Personalbedarfs.

Die Stadt Bad Sachsa betreibt keine Kindertagesstätten in eigener Trägerschaft, die vier Kitas im Stadtgebiet werden von Trägern wie dem DRK betrieben. Deren Fehlbeträge, die nicht vom Zuschuss des Landes gedeckt werden können, muss die Stadt selber zahlen. „Dieser Betrag ist insbesondere aufgrund der Beitragsfreiheit gestiegen. Die vom Land zu leistenden Finanzhilfen an die Träger decken die entstehenden Kosten bei weitem nicht“, hieß es im Juni aus Bad Sachsa. Waren es im Jahr 2018 noch 713.915 Euro, die die Stadt zahlen musste, stieg der fällige Betrag nach dem ersten Jahr Beitragsfreiheit um über 160.000 auf 875.754 Euro. Drei weitere Jahre später rechnet die Stadtverwaltung erstmals mit einer siebenstelligen Summe und hat für das Haushaltsjahr 2022 1.050.000 Euro für die Kitafinanzierung eingeplant. Bad Lauterberg indes bekam auch Geld aus einem Härtefonds, weil die Zuschüsse nicht reichen.