Clausthal-Zellerfeld. In der Harzer Kirchenkreiskonferenz wurde rege über die Frage diskutiert, wie Kirche den Menschen in Krisenzeiten zur Seite stehen kann.

Welche Aufgaben hat die Kirche angesichts von Corona, Ukrainekrieg, Energiekrise und Inflation? Möglichen Antworten gingen die Mitglieder der Kirchenkreiskonferenz Harzer Land kürzlich zusammen mit Dr. Adelheid Ruck-Schröder, Regionalbischöfin des Sprengels Hildesheim-Göttingen, in Clausthal-Zellerfeld nach. Die Regionalbischöfin hat in der vergangenen Woche das Harzer Land besucht und sich ein Bild von Institutionen, Kooperationen, Tätigkeitsfeldern, Sorgen, Nöten, Herausforderungen und Chancen gemacht.

Zunächst erfolgte die Arbeit in Kleingruppen und es wurden Antworten, Thesen und Ideen zu vier beispielhaften Herausforderungen auf die Frage gesammelt. Was bedeutet es, an der Seite von Menschen zu stehen, die sich so viele Sorgen machen? Und wodurch können die Menschen aktuell Unterstützung, Trost, Zuversicht und trotz allem vielleicht sogar Freude erfahren?

„Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Dazu Pastor Johann-Hinrich Witzel, Pastor in Gieboldehausen und Wollershausen: „Ich sehe in erster Linie zwei Aufgaben in Bezug auf die Energie-Krise, die für Kirchengemeinden relevant sind: Die Verantwortung, dass die Kirchengemeinden nicht zahlungsunfähig werden und dazu neue Gottesdienstformen. Wir müssen Kirche neu denken – wenn nicht jetzt, wann dann? Dazu kommen vermehrte seelsorgerische und missionarische Aufgaben.“

Susanne Bachmann-Günther, Berufsschulpastorin an der BBS II Osterode, ergänzte: „Die drei Felder finde ich nachvollziehbar. Für sinnvoll erachte ich außerdem, vor Ort zu schauen, welche Ressourcen vorhanden sind. Bürgermeister, AWO und andere Organisationen an einen Tisch zu holen, Bedarfe abzustecken, zu kooperieren und zu schauen, wo Angebote ergänzt werden können.“ Dies geschehe zum Beispiel bereits in Gieboldehausen, machte Diakon David Scherger aufmerksam, wo Jugendliche mit der Tafel zusammenarbeiten und wöchentlich eine Suppenküche anbieten wollen.

Raum für Ängste und Sorgen

Pastor Klaus-Wilhelm Depker stellte ernüchternd fest, dass in den kommenden Wintermonaten wohl viele Menschen in eine Notsituation kommen könnten, die dies bisher eigentlich gar nicht gewohnt seien. „Wir müssen betriebswirtschaftliche und diakonische Aufgaben unterscheiden. Was wir tun oder nicht tun, kann außerdem symbolisch nach außen wirken. Die Beratungsarbeit muss meiner Meinung nach intensiviert werden, auch personell. Wo können wir einsparen, um das tun zu können?“, regte er an.

„Kann Kirche ein Raum für Ängste und Sorgen sein? Wo ist unsere spirituelle Hilfe? Was können wir anbieten – und in welcher Form?“, stellte der Osteroder Pastor Sascha Joseph Barth die Fragen in die Runde. Kirche befinde sich ebenfalls in der Krise und sei dabei, sich massiv zu verändern – daher müssten neue Wege her, die Menschen zu erreichen.

Spenden glücklicher Momente

Kirchenkreiskantor Jörg Ehrenfeuchter regte an, dass in schweren Zeiten das Spenden von glücklichen Momenten und musikalischen Angeboten von besonderer Bedeutung sei, um Hoffnung zu geben. „Es ist so ungemein wichtig, dass wir auch weiterhin Freude vermitteln, loben und preisen.“ Superintendentin Ulrike Schimmelpfeng stellte abschließend fest, dass es weitere Planungen zu diesem Themenfeld geben werde.

Regionalbischöfin Dr. Adelheid Ruck-Schröder zeigte sich begeistert von der ehrlichen Diskussion: „Ich bin beeindruckt, wie klar die anstehenden Probleme in die Mitte gelegt und konstruktiv überlegt wurden. Sie alle haben sich bereits vorab tief gehende Gedanken gemacht, das höre ich heraus, und suchen durchaus kontrovers nach Lösungen. Das halte ich für sehr wichtig. Ich bin mir sicher, dass sie zusammen mit ihren Gemeinden und im großen Plenum Lösungen und neue Wege finden. Ich möchte sie zu diesen weitergehenden Gesprächen und Schritten ermutigen.“