Wernigerode. Für die neue Dampflokwerkstatt der Harzer Schmalspurbahnen in Wernigerode wurde Richtfest gefeiert.

In Anwesenheit von Gesellschaftern, Aufsichtsräten und beteiligten Baufirmen beging die Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) am 23. Juli das Richtfest für ihre neue Dampflokwerkstatt. Über das bislang größte Bauprojekt in der HSB-Geschichte sagt Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel: „Erst vor einem dreiviertel Jahr haben wir hier gemeinsam den Grundstein gelegt. Nun nimmt das Bauvorhaben weiter wie geplant Gestalt an. Die neue Werkstatt ist ein gutes Beispiel dafür, was gelingen kann, wenn alle an einem Strang ziehen“.

Auch Torsten Weil, Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, zeigte sich beeindruckt von der zukünftigen Werkstatt für die historischen Dampfrösser: „Die Harzer Schmalspurbahnen machen die Mystik und Magie dieses Naturparadieses zum länderübergreifenden Erlebnis. Doch sie befördern nicht nur Touristen. Für die Menschen in den angrenzenden Landkreisen in Thüringen und Sachsen-Anhalt sind sie ein Stück Identität und daher auch eine attraktive Alternative zum Individualverkehr.“ Vor allem das sogenannte ‘Nordhäuser Modell’, durch das seitmehr als 15 Jahren eine direkte Verbindung mit dem Straßenbahnnetz Nordhausens bestehe, mache die Harzer Schmalspurbahnen auch für Pendler attraktiv und stärke die Mobilität in der Region.

Land Thüringen unterstützt HSB

Weiter erklärt Weil: „Auch wenn die rekordverdächtigen Fahrgastzahlen der vergangenen Jahre durch die Corona-Krise deutlich gedämpft worden sind, bin ich sicher, dass die Harzer Schmalspurbahnen daraus gestärkt und mit Volldampf hervorgehen werden. Der Freistaat Thüringen wird die Harzer Schmalspurbahnen auch in Zukunft nicht nur ideell unterstützen. Der in Vorbereitung befindliche neue Verkehrsvertrag mit einem Zeithorizont bis 2030 zeugt von der Zuversicht, die wir in Thüringen unter anderem auch mit der neuen Dampflokwerkstatt verbinden.“

Der Neubau entsteht derzeit in unmittelbarer Nachbarschaft zum Wernigeröder Westerntor-Bahnhof und der alten Fahrzeugwerkstatt aus dem Jahr 1926. Da sich diese aus Platzgründen für die spätestens alle acht Jahre fälligen Dampflok-Untersuchungen nicht eignet und sich darüber hinaus eine immer zeit- und kostenintensivere Durchführung bei externen Anbietern abzeichnete, wurde die Idee zum Bau einer eigenen Dampflokwerkstatt geboren. 2015 stimmten die HSB-Aufsichtsgremien dem Vorhaben und dem favorisierten Standort in Wernigerode zu.

Noch im selben Jahr erwarb die HSB von der Stadt Wernigerode einen Teil des zentrumsnah gelegenen Ochsenteichgeländes. Gemeinsam gaben dann am 4. Oktober 2019 Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Webel und Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert, zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der HSB, den offiziellen Startschuss für die Baumaßnahmen. Im Frühjahr 2020 begann die mit dem Hochbau beauftragte Partnerbau Quedlinburg GmbH mit der Errichtung des neuen Werkstattgebäudes, dessen bauliche Dimensionen mittlerweile gut erkennbar sind. In das Großprojekt investiert die HSB insgesamt rund 14,5 Millionen Euro. Bei auch weiterhin planmäßigem Verlauf sollen die Baumaßnahmen im Frühjahr 2021 abgeschlossen sein. Ab 2022 können hier dann die ersten der zwischen 1897 und 1956 gebauten Dampflokomotiven in ihre jeweils mehr als 4.000 Einzelteile zerlegt und untersucht werden.

Bau geht mit Volldampf voran

Sachsen-Anhalts Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann lobte beim Richtfest in seinem langjährigen Wohnort „Passend zur HSB geht auch der Bau der neuen Werkstatt unter Volldampf voran. Ich freue mich besonders, dass Besucher künftig dabei zusehen können, wie die historischen Dampfloks in Wernigerode ihre verdiente Frischzellenkur bekommen. Die moderne Werkstatt verbindet Industriegeschichte mit touristischer Erlebniskultur und wird so zu einem attraktiven Anziehungspunkt für Fans historischer Bahntechnik und viele weitere Gäste.“

Die derzeit größte Baustelle in Wernigerode ist seit Beginn der Arbeiten auch immer wieder ein beliebter Anlaufpunkt für viele „Zaungäste“, die das Baugeschehen rund um den ca. 2.450 Quadratmeter großen und rund vierzehn Meter hohen Neubau beobachten.

Galerie für Besucher

Für Einheimische und Gäste der Harzregion wird die neue Dampflokwerkstatt nach ihrer Inbetriebnahme dann auch über einen separaten Eingang zugänglich sein. Dabei können die Besucher von einer erhöhten Galerie aus die Arbeiten an den historischen Lokomotiven beobachten.

Oberbürgermeister Gaffert freute sich sichtlich: „Wernigerode und der Harz sind untrennbar mit den Harzer Schmalspurbahnen verbunden. Die entstehende Dampflokwerkstatt wird die Harzer Schmalspurbahnen für Touristen aus aller Welt noch greifbarer machen und perspektivisch Kosten bei den Instandhaltungender Loks senken.“

Das Bauprojekt reiht sich nahtlos in eine Reihe weiterer Baumaßnahmen der Vorjahre ein. So errichtete die HSB 2005 in Wernigerode eine Fahrzeughalle, ein Jahr später folgte die Streckenverlängerung von Gernrode in die Welterbestadt Quedlinburg. Zuvor war bereits 2004 das „Nordhäuser Modell“ im thüringischen Südharz erfolgreich etabliert worden, das seitdem mit attraktiven Fahrzeiten und dem Mischbetrieb aus Eisenbahnzügen sowie modernen Zweisystem-Stadtbahnen für hohe Fahrgastzahlen sorgt.