Duderstadt. Bürgermeisterwahl im Eichsfeld: Erstmals gerät die CDU-Vorherrschaft in Gefahr – der FDP-Bewerber lag im ersten Wahlgang vorn.

Normalerweise sind Wahlen in Duderstadt keine besonders aufregende Angelegenheit. Seit sieben Jahrzehnten ist hier die CDU die dominierende politische Kraft. Die rund 20.500 Einwohner zählende Kommune liegt im katholisch geprägten Eichsfeld. In dieser Region stellt sich meist weniger die Frage, ob es wieder eine schwarze Mehrheit geben wird, sondern eher, wie hoch sie wohl diesmal ausfällt. So war es auch bei den jüngsten Kommunalwahlen im Jahr 2016, damals erhielt die CDU 56 Prozent.

Am Sonntag aber wird es ausnahmsweise spannend: Dann entscheiden die Duderstädter in einer Stichwahl, wer Nachfolger des langjährigen Bürgermeisters Wolfgang Nolte wird. Beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen gab es eine Überraschung. Nicht der Kandidat der Christdemokraten bekam die meisten Stimmen, sondern der FDP-Bewerber Thorsten Feike. Feike ist Regionaldirektor eines Geldinstituts und bereits seit vielen Jahren in der Duderstädter Kommunalpolitik aktiv. Der 46-jährige erhielt im ersten Wahlgang 34,8 Prozent der abgegebenen Stimmen und landete damit knapp vor dem CDU-Kandidaten Stefan Koch. Der 53-jährige Journalist, der als Korrespondent des zur Madsack Mediengruppe gehörenden Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) tätig ist, kam auf einen Stimmenanteil von 33,33 Prozent, für den SPD-Bewerber Matthias Schwenke stimmten 27,6 Prozent der Wähler. Da kein Kandidat eine absolute Mehrheit errungen hatte, treten die beiden Erstplatzierten Feike und Koch nun in der Stichwahl gegeneinander an.

Eine weitere Überraschung war das Abschneiden des vierten Bewerbers: Der Ortsverbandsvorsitzende der Partei „Die Partei“, Florian Lillpopp, trat mit einem Programm an, das neben satirischen Elementen auch ernsthafte Ideen beinhaltete, zum Beispiel einen Regionalatlas für kommunal erzeugte Lebensmittel. Sein Hauptanliegen war indes der „Kampf gegen die Duderstädter Erbdemokratie“. Damit traf er offenbar einen Nerv: Lillpopp erhielt knapp 4,3 Prozent der Stimmen. „Damit hätte ich nicht einmal in meinen kühnsten Träumen gerechnet“, erklärte er.

Tatsächlich gibt es in Duderstadt eine rekordverdächtige personelle Kontinuität. Der amtierende Bürgermeister Wolfgang Nolte steht seit 1988 an der Spitze der Stadtverwaltung. Der 72-Jährige hatte zu Jahresbeginn angekündigt, dass er nach mehr als 30 Jahren in diesem Herbst sein Amt niederlegen wolle. Der zweite Longplayer ist Lothar Koch, der Vater des aktuellen CDU-Bürgermeisterkandidaten. Der 79-Jährige mischt seit mehr als vier Jahrzehnten in der Kommunalpolitik mit, aktuell sitzt er im Stadtrat und im Kreistag. Von 1994 bis 2017 – fast ein Vierteljahrhundert – war er CDU-Abgeordneter im niedersächsischen Landtag. Stefan Koch ist dagegen ein Newcomer auf der politischen Bühne. Seine Nominierung war nicht unumstritten, er hatte sich bei der parteiinternen Wahl im April gegen zwei Mitbewerber durchgesetzt. Was motiviert einen Journalisten, sich nach diversen Stationen im In- und Ausland als Bürgermeister einer Kleinstadt zu bewerben? „Es ist weniger ein Wechsel in die Politik als eine Rückkehr in die Heimat“, sagt der 53-Jährige. „Es geht mir nicht um eine politische Karriere, sondern nur um dieses Amt.“ Er habe 30 Jahre lang den Politikbetrieb beobachtet, zuletzt als RND-Korrespondent in Berlin und Washington. „Jetzt ist ein guter Moment, um diese Kontakte zu nutzen und in meine Heimatstadt einzubringen.“ Er sei sehr heimatverbunden, Duderstadt sei immer sein Lebensmittelpunkt gewesen. Mitbewerber Thorsten Feike ist in Duderstadt fest verwurzelt und vielfältig engagiert. Der 46-Jährige sitzt im Stadtrat und ist unter anderem Vorstandsmitglied des Vereins „Treffpunkt Stadtmarketing“ und Hallensprecher des TV Jahn Duderstadt. Nachdem vor einigen Monaten die ersten Bürgermeister-Kandidaten feststanden, sei er ratlos gewesen, sagt Feike. „Ich wusste nicht, wen ich unterstützen soll.“ Irgendwann habe ihn seine Frau gefragt, warum er nicht selbst antrete. Seine liberalen Parteifreunde befürworteten diese Idee. Der FDP-Kandidat, der seine Wahlkampagne mit pfiffigen Slogans garniert hat („Gib DuDerStadt Deine Stimme“), steht ebenfalls in einer gewissen Familientradition: Sein Vater Wolfgang Feike führt den FDP-Ortsverband an, der ihn auf das Schild gehoben hat.

Feikes Chancen für die Stichwahl stehen nicht schlecht: Die Parteien der beiden ausgeschiedenen Bewerber haben dazu aufgerufen, im zweiten Wahlgang für den FDP-Kandidaten zu stimmen. Für die CDU kommt es deshalb darauf an, weitere Wähler zu mobilisieren. Im ersten Wahlgang lag die Beteiligung bei 53,1 Prozent.