St. Andreasberg. Forschern der TU Clausthal ist das Erzmineral in rund 100 Jahre alten Gesteinsproben aus Andreasberg aufgefallen. Es trägt jetzt den Namen Roterbärit.

Die Kommission für neue Minerale der „International Mineralogical Association“ (IMA) in Japan hat einstimmig die Entdeckung des neuen Erzminerals Roterbärit anerkannt, die Dr. Alexandre Raphael Cabral in seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter der TU Clausthal gemacht hat. In der Grube Roter Bär bei St. Andreasberg im Harz hatte er ein bis dahin unbekanntes Mineral identifiziert, das nun als Roterbärit weltweit in die mineralogischen Verzeichnisse aufgenommen wird.

„Ein neues Mineral zu entdecken, ist für einen Mineralogen eine wunderbare Sache, denn es kommt nicht alle Tage vor. Bisher sind rund 5.500 Mineralarten bekannt, jährlich kommen weltweit etwa 50 neue dazu“, sagt Professor Bernd Lehmann, Fachgebiet Lagerstätten und Rohstoffe. Der Dekan der Fakultät für Energie- und Wirtschaftswissenschaften der TU Clausthal ist der Doktorvater von Alexandre Raphael Cabral, der inzwischen als Professor an der brasilianischen Federal University of Minas Gerais tätig ist. In der Arbeitsgruppe von Professor Lehmann wurden schon fünf andere neue Minerale entdeckt, die allerdings aus Promotionsarbeiten in Bolivien, Brasilien, Kongo und China hervorgegangen sind.

Entdeckung im Harz ist Besonderheit

Ein neues Mineral im Harz zu entdecken, der schon seit Jahrhunderten erforscht wird, sei etwas Besonderes. Das letzte Erzmineral im Harz wurde 1908 entdeckt (Samsonit), auch im St. Andreasberger Revier.

Aufnahme des Fundortes in St. Andreasberg, als die Grube noch in Betrieb war und wo das Material, das erst in der heutigen Zeit genauer untersucht wurde, entnommen worden war.
Aufnahme des Fundortes in St. Andreasberg, als die Grube noch in Betrieb war und wo das Material, das erst in der heutigen Zeit genauer untersucht wurde, entnommen worden war. © Technische Universität Clausthal

Aufgefallen war Cabral das neue und seltene Mineral Roterbärit mittels genauer erzmikroskopischer Beobachtung und Untersuchung mit der Elektronenstrahl-Mikrosonde. Es handelt sich um historisches Probenmaterial aus privaten Sammlungsbeständen, das von Dr. Wilfried Ließmann, ebenfalls Dozent an der TU Clausthal und Experte für den Harzer Bergbau, aufgefunden wurde. Die Proben gehen auf letzte bergmännische Erkundungsarbeiten in St. Andreasberg in den 1920er-Jahren zurück.

Aufwendiger Prozess

Um die notwendigen kristallographischen Eigenschaften zu bestimmen, musste das Mineral erst in einem aufwendigen dreijährigen Prozess im speziellen Synthese-Labor von Dr. Anna Vymazalova beim Tschechischen Geologischen Dienst in Prag künstlich erzeugt werden. „Denn Roterbärit tritt nur in Mikrometer-großen Einschlüssen in Clausthalit auf“, erläutert Professor Lehmann. Clausthalit mit Typlokalität Clausthal ist ein Bleiselenid, das schon seit fast 200 Jahren bekannt ist. Wie die Analyse ergab, handelt es sich bei Roterbärit um ein Palladium-Kupfer-Wismut-Selenid mit der chemischen Formel PdCuBiSe3.

Mikroskopische Aufnahme: Roterbärit (Rtb) als Einschluss in Clausthalit (Cth), mit gediegen Gold (Au), Bohdanowiczit (Boh), Mertieit-II (Mt-II) in Karbonat-Gangart (Cb).
Mikroskopische Aufnahme: Roterbärit (Rtb) als Einschluss in Clausthalit (Cth), mit gediegen Gold (Au), Bohdanowiczit (Boh), Mertieit-II (Mt-II) in Karbonat-Gangart (Cb). © Technische Universität Clausthal

Benannt wurde das Erzmineral nach seinem Fundort, der Grube Roter Bär im Silberbergbaurevier von St. Andreasberg. Heute wird die Grube zum Zweck der Montanforschung als Lehr- und Besucherbergwerk ehrenamtlich vom St. Andreasberger Verein für Geschichte betrieben. Die Originalfundstelle ist nicht mehr zugänglich, so dass mit weiterem Material nicht zu rechnen ist.

Die Fachöffentlichkeit wird über die Existenz von Roterbärit in den kommenden Monaten durch eine wissenschaftliche Veröffentlichung in einem mineralogischen Journal informiert.