Berlin. Die FDP gerät immer wieder mit ihren Koalitionspartnern SPD und Grüne aneinander. In einem Interview wird der Parteichef nun gefragt, ob er das Bündnis platzen lässt.

FDP-Chef Christian Lindner ist Spekulationen über einen Ausstieg seiner Partei aus der Ampel-Koalition entgegengetreten.

„In Berlin ist die Nervosität immer groß. Ich empfehle, sich auf die Sache zu konzentrieren“, sagte der Bundesfinanzminister dem „Handelsblatt“ auf die Frage „Lassen Sie die Koalition platzen?“. Die Bundesregierung müsse sich auf einen Haushalt für das kommende Jahr und ein Konzept zur Überwindung der Wachstumsschwäche verständigen, fügte Lindner hinzu. „Wenn das gelungen ist, verschwinden die Spekulationen.“

Zwischen der FDP und ihren Koalitionspartnern, der SPD von Kanzler Olaf Scholz und vor allem den Grünen, knirscht es immer wieder. Aktuell gibt es etwa Streit über die geplante Kindergrundsicherung und Lindners Vorstellungen für Entlastungen bei der Einkommensteuer.

„Habe ein gutes Gedächtnis“

Lindner ging in dem Interview zudem auf Distanz zur oppositionellen Union, deren früheres Regierungshandeln er kritisierte. Viele der aktuell zu lösenden Probleme hingen mit der CDU-geführten Vorgängerregierung zusammen, sagte Lindner. „Wir mussten das Asylchaos und die Abhängigkeit von russischem Gas beenden. Ich denke an eine CSU, die sich lieber mit einer rechtswidrigen Maut statt mit Digitalisierung beschäftigt hat.“ Und fügte hinzu: „Weil ich ein gutes Gedächtnis habe, beteilige ich mich nicht an Koalitionsspielchen.“

Lindner bekräftigte seine Forderung nach Entlastungen bei der Einkommensteuer. Dabei geht es um den Ausgleich der sogenannten kalten Progression. Darunter versteht man die Auswirkung der Inflation auf die Einkommensteuer. „Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, alles andere wäre eine heimliche, feige Steuererhöhung“, sagte Lindner.

In der Regel werden zum Ausgleich der kalten Progression mehrere Stellschrauben im Steuertarif angepasst: der Grundfreibetrag, also das Einkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss, und auch die Grenze, ab der der Spitzensteuersatz von 42 Prozent fällig wird. Vertreter von SPD und Grünen hatten als Reaktion auf Lindner deutlich gemacht, dass sie vor allem kleine und mittlere Einkommen entlasten wollen.

Reichensteuer sollen unverändert bleiben

Lindner machte im „Handelsblatt“ deutlich, dass er bereit ist, den Grenzwert für die sogenannte Reichensteuer unverändert zu lassen - wie schon bei der jüngsten Inflationsanpassung der Steuertarife. „Ja, ich halte mich exakt an die Vereinbarung von 2022. Das erhoffe ich mir auch von den Koalitionspartnern“, sagte der Minister auf eine entsprechende Frage. Den Eckwert für die Reichensteuer hatte die Bundesregierung damals bewusst nicht angetastet, weil sie in dieser Einkommensklasse keine zusätzliche Entlastung für nötig hielt.

Die Reichensteuer greift ab einem zu versteuernden Einkommen von 277 826 Euro oder der doppelten Summe bei Ehepaaren. Alles, was über der Grenze liegt, wird dann mit 45 Prozent besteuert.