Braunschweig. Hüseyin M. sitzt seit Ende August in U-Haft, weil er Erdogan beleidigt haben soll.

Dem Braunschweiger Hüseyin M., der seit Ende August in türkischer U-Haft sitzt, geht es den Umständen entsprechend gut. Das sagte sein Bruder Deniz M., der in Salzgitter wohnt, im Interview mit unserer Zeitung: „Am Mittwoch konnte er zum ersten Mal mit meiner Schwägerin telefonieren.“ Hüseyin M. sei voller Hoffnung, dass er das Gefängnis in Söke, einer Kleinstadt an der Ägäisküste, bald verlassen könne.

Das ganze Interview lesen Sie hier: Braunschweiger in Haft – „Mein Bruder hat Erdogan nie beleidigt“

Hüseyin M. ist seit 2012 deutscher Staatsbürger. Er ist einer von fünf Deutschen, die in der Türkei aus politischen Gründen eingesperrt wurden. Der Braunschweiger soll Präsident Recep Tayyip Erdogan auf seiner Facebookseite als „Diktator“ und als „Kindermörder“ bezeichnet haben. Die türkischen Behörden werfen ihm schwere Beleidigung gegen den Staatspräsidenten vor. Als Hüseyin M. im August mit seiner Frau im Ferienhaus der Schwiegereltern Urlaub machen wollte, verhaftete ihn laut seinem Bruder eine Antiterroreinheit. Hüseyin M. drohen vier Jahre Haft.

Sein Bruder Deniz M. bestreitet, dass er Erdogan jemals beleidigt habe. „Ich bin bei Facebook mit ihm befreundet. Ich sehe doch, was er postet.“ Die Familie denke liberal, sei der türkischen Regierung gegenüber kritisch eingestellt – „aber nie beleidigend.“

Deniz M. setzt große Hoffnungen auf den deutschen Staat, ist Anfang der Woche ganz bewusst an die Öffentlichkeit gegangen, wie er sagt. „Ich hatte Kontakte, konnte mit den Leuten reden.“ Seine Schwägerin und er haben Medien informiert, Landtags- und Bundestagsabgeordnete eingeschaltet, das Auswärtige Amt und das Deutsche Generalkonsulat in Izmir informiert. Bereits am 11. Oktober beginnt der Prozess am Landgericht in Ankara gegen Hüseyin M. „Ich hoffe sehr, dass Deutschland nun Druck auf die Türkei ausübt“, sagte Deniz M.

Er erhebt schwere Vorwürfe gegen den türkischen Staat: „Mein Bruder sitzt ohne richtige Anklage, ohne einen richtigen Beweis, dass er Erdogan beleidigt hat, im Gefängnis.“ Er hoffe auf ein faires Urteil und darauf, dass sein unschuldiger Bruder bald wieder nach Hause dürfe. „Er wird als politische Geisel gehalten.“

Das impliziert, dass Erdogan aus den deutschen Gefangenen Kapital schlagen will. Er forderte nach seinem Staatsbesuch in Deutschland die Auslieferung von 136 Menschen. Erdogan bezeichnete die Gesuchten als Terroristen. Man habe der deutschen Regierung eine entsprechende Namensliste übergeben, sagte Erdogan laut der Zeitung „Hürriyet“.